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073 - Der Schlaechter

073 - Der Schlaechter

Titel: 073 - Der Schlaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Agapit
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dort zu sein, brachte mein neues Herz immer wieder auf unerklärliche Weise zum rasenden Pochen.
    Noch etwas war merkwürdig: Als ich diese Reaktion des Herzens zum erstenmal spürte, habe ich Dr. Kappa sofort davon berichtet. Jetzt, da ich ein Roboter geworden bin, verheimlichte ich ihm jedesmal diese Regungen, so, als ob ich mich ihrer schämte. Oder aber, wie mir später klar wurde, war es, als ob mein Herz, das heißt, das Herz des Verbrechers, das jetzt in meiner Brust schlägt, mir verboten hätte, darüber zu sprechen. Denn immer, wenn ich mich anschickte, davon zu reden, zog sich das Herz zusammen. Aber nicht vor Schmerzen, wie mir schien, sondern aus Wut, und es war mir fast so, als ob es mir direkt befahl, zu schweigen.
    Ich ahne mehr, als daß ich es weiß, daß dieses fremde Herz einen eigenen Willen hat. Während des Schloßaufenthaltes waren der Wille Kappas und der dieses Herzens gleich stark und glichen sich aus. Das wurde jedoch anders, als ich nach Paris kam. Als mein Herz spürte, daß es keinen Konkurrenten mehr hatte, sprach es laut und bestimmt zu mir und immer eindringlicher, bis es mich zwang, Handlungen zu begehen, die ich verweigert hätte, wenn der Chirurg aus mir nicht einen Roboter gemacht hätte.
    Dies ist die Geschichte eines außergewöhnlichen Herzens, das mein wahrer Herr und Meister wurde.
    Als Dr. Kappa sich entschloß, mich nach Paris zu entlassen, waren etwa drei Wochen seit meinem Selbstmordversuch und der Einlieferung in die Privatklinik des Chirurgen vergangen.
     

     
    Als ich in Paris aus dem Zug stieg, dachte ich, mein Herz würde zerspringen, so heftig schlug es. Dann beruhigte es sich wieder, erregte sich aber von neuem, wie mir schien vor Begeisterung, als ich, wie Kappa mir befohlen hatte, ein kleines Hotelzimmer in einer Seitenstraße des Montmartre mietete.
    Ich begann mich in mein neues Leben und meinen neuen Beruf einzuleben. Ich hatte nicht viel zu tun. Fast jeden Tag rief zu einer bestimmten Zeit jemand an und nannte mir einen Treffpunkt, jedesmal einen anderen. Später am Tag brachte mir ein Untergebener Kappas ein kleines Päckchen, das ich bei der mir telefonisch angegebenen Adresse abliefern mußte. Der Überbringer war nie derselbe, und ich bekam immer nur kleine Mengen zur Verteilung. Das war eine Vorsichtsmaßnahme Kappas. Außerdem hatte ich, falls ich geschnappt würde, den Befehl, zu behaupten, ich hätte das Päckchen von einem Unbekannten erhalten, der mich gebeten hatte, ihm einen Gefallen zu tun.
    Ich lieferte die Ware hauptsächlich an Cafe – und Barbesitzer ab. Man führte mich in ein verschwiegenes Hinterzimmer, und irgend jemand tauschte meine Lieferung gegen eine bestimmte Geldsumme aus. Dieses Geld gab ich dann dem nächsten Bediensteten Kappas, der mir eine neue Lieferung brachte.
    Ich lebte genau nach Vorschrift: zurückhaltend, diskret, ohne Alkohol. Meine einzige Zerstreuung waren gelegentliche Kinobesuche oder einsame Spaziergänge.
    Doch sobald ich mich vom Montmartre entfernte, machte sich mein Herz bemerkbar. Der Verbrecher, dem es einstmals gehörte, hatte zwar in der letzten Zeit in Marseille gewohnt, wie Kappa mir erzählte, doch muß er auch irgendwann einmal in Paris gelebt haben und höchstwahrscheinlich am Montmartre.
     

Eines Tages führte mich mein Beruf in ein Cafe, das Chez Laluche hieß. Auf einmal tobte mein Herz so wild, daß ich beinahe das Bewußtsein verloren hätte. Ich konnte mich gerade noch an ein Tischchen setzen und warten, bis sich mein Herz wieder beruhigte.
    Aber ganz gelang es ihm nicht. Ich fühlte sein nervöses, unruhiges Flattern in meiner Brust. Als ich das Lokal verlassen wollte, protestierte es so heftig und gab mir solche heftige Stöße, daß mir klar wurde, daß es hierbleiben wollte.
    Ich hatte Befehl erhalten, mich nicht länger als nötig an den Plätzen aufzuhalten, wo ich meine Ware ablieferte. An diesem Tag jedoch war mein Herz stärker als Dr. Kappa und ich zusammen.
    Ich blieb also und bestellte mir an der Theke eine Limonade. Mein Herz schlug sanft und unaufdringlich.
    Da trat auf einmal eine Frau in das Cafe und stellte sich neben mich an die Theke. In dem Moment, wo mein Blick auf die Angekommene fiel, machte mein Herz einen wütenden Satz.
    Die Frau war etwa dreißig Jahre alt, hatte ein ganz hübsches Gesicht, war aber klein und dick. Ich habe immer große, schlanke Frauen bevorzugt. Mein Herz hatte also keinen Grund, so zu rasen. Aber es war ja gar nicht mein eigenes Herz, das

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