073 - Der Schlaechter
war ich stehengeblieben? Ach ja, ich hatte einen ergebenen, eifrigen Assistenten, der vor kurzem gestorben ist. Und Sie, Dr. Heintz, sollen ihn nun ersetzen.“
„Diese Gehirnoperationen“, Dr. Heintz nahm das Thema noch einmal auf. „Haben Sie doch mit Genehmigung der betroffenen Personen …“
„Wo denken Sie hin?“ unterbrach ihn sein Entführer. „Wer läßt sich schon freiwillig zu einem Automaten machen. Aber wenn wir das Kapitel der illegalen Dinge anschneiden würden, die in diesem Hause gemacht werden, wären wir morgen noch nicht fertig damit. Bitte unterbrechen Sie mich nicht. Ich sagte bereits, Sie sollen meinen verstorbenen Gehilfen ersetzen.“
„Warum ausgerechnet ich?“
„Sie sind doch Herzspezialist, oder nicht? Nun also. Mein Hobby ist im Augenblick die Herzverpflanzung. Ihr guter Ruf ist bis zu mir vorgedrungen. Und wenn ich jemanden entführe, dann muß es einer sein, der von weither kommt, damit die französische Polizei ihre Nase nicht in die Angelegenheit stecken kann.“
„Wollen Sie damit sagen, daß Sie außer mir schon andere Leute entführt haben?“
„Es sind bereits Hunderte von Entführten aus allen Teilen der Welt.“
„Und was fangen Sie damit an?“
„Ich brauche sie für meine Experimente. Glauben Sie denn, daß meine Patienten von selbst kommen?“
„Ich höre immer von Experimenten …“
„Oh, Sie langweilen mich langsam mit Ihrer Fragerei. Sie werden alles schon noch früh genug erfahren. Ich führe die Unterhaltung hier, nicht Sie. Ich frage Sie: Möchten Sie mein Mitarbeiter werden?“
„Nein.“
Dieses „Nein“ von Dr. Heintz kam glasklar und wohlüberlegt.
„Ihre Gründe?“ fragte der andere.
„Muß ich sie Ihnen wirklich nennen?“
„Ich verstehe sie sehr wohl. Gut, dann müssen wir eben Gewalt anwenden.“
Der Arzt gab ein Zeichen. Wortlos verließ der eine der Schwarzen das Zimmer, der andere stürzte sich auf Dr. Heintz, riß ihn vom Bett hoch und drehte ihm die Arme auf den Rücken. Heintz wollte sich wehren, aber er konnte gegen die Riesenkräfte nichts ausrichten.
Der andere Neger kam mit einer Eisenkugel von der Größe eines Fußballs zurück, eine kurze Kette baumelte herab. Geschickt brachte er die Kette mit einem Schloß am Bein des verblüfften Arztes an.
Haßerfüllt meinte der Chirurg: „Eine Flucht ist unmöglich. Mit dieser Kugel am Bein kämen Sie nicht weit. Überdies sind die Türen und Fenster verriegelt. Die beiden Schwarzen werden Sie ständig bewachen. Dazu kommt noch, daß dieser Teil des Schlosses sehr abgelegen ist, niemand wird Ihre Schreie hören. Ich habe noch andere Mittelchen, die Ihre Starrköpfigkeit brechen. Wenn es sein muß, mache ich auch aus Ihnen einen Roboter. Also versuchen Sie nicht, mich zu reizen. Auf Wiedersehen!“
Er ging. Die beiden Neger blieben am Eingang des Zimmers stehen und blickten mit wachsamen Augen auf den Gefangenen.
Ein Junge in Pagenuniform trat ein und brachte ein Tablett mit Speisen.
„Ihr Frühstück, mein Herr“, sagte er mit sanftem Lächeln.
Er setzte das Tablett ab, verneigte sich und verließ den Raum.
Beim Essen fragte sich Dr. Heintz, wie es möglich war, daß Menschen wie dieser Chirurg ihr Können und Wissen als Kriminelle und Antisoziale verwerteten. Daß Genie und Irrsinn oft gekoppelt sind, war ihm vom Studium her bekannt.
Er spürte einen leichten Schwindel angesichts des Abenteuers, in das er geraten war und das nun gefährlich zu werden drohte. Daß so etwas im zwanzigsten Jahrhundert passierte, war unbegreiflich. Dr. Heintz wurde fast von Panik ergriffen. Aber er zwang sich zur Ruhe. Nur mit Kaltblütigkeit konnte er das alles überstehen und bekämpfen.
Als Dr. Heintz seine Mahlzeit beendet hatte, drehte er sich zu seinem Kerkermeister um und bat: „Bitte sagen Sie Ihrem Herrn, daß ich mich ihm unterwerfen will und daß er mich von der Kette befreien soll.“ Wortlos, als ob er stumm wäre,
Deutete der eine Schwarze auf einen Telefonapparat, der neben dem Bett an der Wand hing. Dr. Heintz nahm den Hörer ab.
Nach geraumer Zeit meldete sich eine Stimme: „Hallo!“
„Hallo!“ rief Dr. Heintz. „Sind Sie es, Doktor … ich weiß gar nicht, wie Sie überhaupt heißen.“
„Nennen Sie mich Kappa“, sagte der Doktor am anderen Ende der Leitung.
„Kappa?“
„So heißt der Buchstabe K im griechischen Alphabet. Dieser Buchstabe hat den Vorteil, daß er weder in meinem richtigen Vornamen, noch in meinem richtigen Nachnamen zu finden
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