1718 - Die Messerkatze
Es war das Spiel zwischen Mensch und Tier, das jeder gewinnen wollte. Bisher stand es unentschieden, aber Julie Price war keine Person, die so schnell aufgab, sondern das, was sie sich vorgenommen hatte, bis zum Ende durchzog.
Sie wollte die Katze und sie war sicher, dass sie auch bald an sie herankam. Nur Geduld musste sie haben, dann lief alles wie geschmiert.
Sie lächelte das Tier an. Nur ihre Augen lächelten nicht. Die blieben kalt, und man konnte bei ihnen von einem hintergründigen Blick sprechen.
Sie nickte dem Tier zu. »Nun mach es mir doch nicht so schwer, kleine Pussy. Komm zu mir. Ich habe keine Lust, länger darauf zu warten. Wenn du nicht kommst, werde ich dich holen, und das wird bestimmt nicht schön für dich werden …«
Das Tier rührte sich nicht. Sein Fell wies eine rötliche Farbe auf und glich der Farbe des Haars, das wild auf dem Kopf der Frau wuchs. Der Schwanz war buschig geworden und zitterte leicht hin und her. Das Zeichen dafür, dass die Katze aufgeregt war, ebenso wie die Lockende, die das jedoch nicht zeigte.
»Willst du wirklich, dass ich dich hole?« Julie legte den Kopf schief. »Das wäre nicht gut für dich, das muss ich dir sagen. Wenn meine Geduldsgrenze überschritten ist, kann das für dich sehr böse enden. Dabei will ich dich nicht ausbluten lassen. Ich brauche nur etwas von deinem Lebenssaft. Ich liebe Katzen, denn ich bin fast so wie du. Das kannst du mir glauben.«
Das Tier bewegte sich nicht. Es sah schon künstlich aus, wie es da stand und darauf wartete, dass etwas geschah.
Julie Price schüttelte den Kopf. Sie war es jetzt leid. Auf keinen Fall wollte sie aufgeben, zu viel hatte sie eingesetzt, als dass sie ihr Zielobjekt laufen lassen würde.
Sie stand auf.
Es geschah mit einer ruckartigen Bewegung, und dabei hörte sie das Fauchen der Katze, der diese schnelle Bewegung wohl nicht gefiel. Aber das Tier blieb auf dem Hocker stehen und schaute zu, wie Julie sich in Bewegung setzte und auf sie zu schlich. Es war keine große Distanz, die sie zurückzulegen hatte, aber sie musste schon näher an ihr Opfer heran, um es fassen zu können.
Die Katze fauchte.
Julie machte es nichts aus. Sie zeigte wieder ihr kaltes Lächeln. Dabei schüttelte sie den Kopf und die nächsten Worte drangen als Flüstern aus ihrem Mund.
»Keine Chance, Kleine. Ich brauche dich. Ich werde dich packen, ich muss dich haben.« Die Worte schienen von dem Tier verstanden worden zu sein. Aber nicht in dem Sinne, wie es sich die Sprecherin gewünscht hätte. Offenbar hatte die Katze die Worte als Warnung verstanden, denn plötzlich war es vorbei mit ihrer Starre.
Aus dem Stand jagte das Tier in die Höhe. Es drehte sich dabei noch zur Seite, weil es den greifenden Händen entwischen wollte.
Das wäre ihr beinahe gelungen, aber Julie Price war ebenfalls nicht ohne. Auch sie reagierte katzenhaft gewandt und packte zu, bevor das Tier ihr entwischen konnte.
Ein schrilles Schreien durchbrach die Stille. Die Katze zappelte im Griff der Frau. Sie schlug mit den Pfoten um sich, sie wollte mit ihren Krallen die Haut aufreißen, um sich aus dem harten Griff zu befreien.
Mit diesem Widerstand hatte Julie Price gerechnet und deshalb Handschuhe übergestreift. Sie hielten zwar nicht alle Schläge ab, aber die meisten schon.
»So nicht!«, flüsterte die Frau, während sie den Katzenkörper von sich gestreckt hielt. Sie wusste genau, was sie tat, und näherte sich der Wand.
Sie holte aus und drosch zu.
Nicht nur einmal. Mehrere Male schlug sie die Katze mit dem Kopf gegen diesen Widerstand, flüsterte dabei Worte, die nur sie verstand, lachte auf und war zufrieden, als der Körper zwischen ihren Händen erschlaffte.
Geschafft!
Für einen Moment ruhte sie sich aus und schaute dabei auf den starren Katzenkörper nieder, der schlaff in ihrem Griff hing.
»Das hast du dir selbst zuzuschreiben, mein kleiner Liebling«, sagte sie leise. »Du hättest dich nicht wehren sollen, aber jetzt ist es vorbei.«
Sie drehte sich um und ging auf den Hocker zu, auf dem zuvor das Tier gestanden hatte, und setzte sich. Behutsam legte sie das leblose Tier auf ihren Schoß, streichelte es und nickte nach einer Weile.
»Du bist wirklich zäh. Andere wären schon längst tot. Du aber lebst noch. Umso besser.«
Mehr musste sie nicht sagen, denn jetzt kam der wichtige Teil ihrer Aktion. Sie ließ den leblosen Körper neben dem Hocker zurück und ging zu einer Anrichte, auf der eine Schale aus hellem Porzellan
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