074 - Echse des Grauens
zusammenbrach.
Da taumelte Mr. Hancock aus der Wohnung. Totenbleich,
aber stocknüchtern.
»Polizei, schnell, rufen Sie die Mordkommission!« Er
schüttelte sich und eilte zu der Bewußtlosen.
●
Das Grauen stand auch in den Augen von
Chiefsuperintendent Jonathan Moore, als er wenig später mit seinem Team in der
Bakerstreet eintraf.
Was er hier zu sehen bekam, war mit nichts zuvor in
seinem Leben vergleichbar. »Das gibt es doch nicht!« Er fuhr sich durch sein
schütteres Haar, unter dem schon eine Glatze leuchtete.
Aufnahmen wurden gemacht, der Polizeiarzt nahm eine
Untersuchung vor. Alle standen vor einem Rätsel. Sie durchstöberten die
Wohnung, aber es gab keinen Hinweis, daß Agatha Stancers Tod durch fremde Hand
eingetreten war.
Die Angelegenheit wurde immer mysteriöser.
Mit logischem Denken kam Jonathan Moore nicht weiter.
»Vielleicht ist das gar nicht Agatha Stancer«, sagte
er, nachdem drei Stunden vergangen waren, ohne daß sie besondere Fortschritte
gemacht hatten.
»Wie kommen Sie darauf, Chief?« fragte sein Assistent
Smith.
»Wenn es Dinge gibt, die nicht möglich sind, dann muß
man auch von dem Gedanken ausgehen können, daß alles möglich ist, Smith.
Vielleicht hat sich einer hier einen makabren Scherz erlaubt. Im britischen Museum
in London wurden kürzlich aus einer Sonderausstellung zwei Mumien von
Pharaonentöchtern gestohlen. Stellen Sie fest, Smith, ob dies hier vielleicht
eine dieser Mumien ist und sie gegen Agatha Stancer ausgetauscht wurde! Es will
mir nicht in den Kopf, weshalb ein Mensch ohne Grund in seinem Bett verschmort
und einschrumpft, während das Bettzeug nicht mal angesengt ist! Nein, ich
glaube nicht daran, daß es sich bei der Mumienleiche dort um Agatha Stancer
handelt. Routinearbeit, Smith, klemmen Sie sich dahinter! Wo, wann und mit wem
wurde Agatha Stancer zum letzten Mal gesehen. Was für einen Bekanntenkreis
hatte sie, was für Sorgen. Kann es sein, daß sie vielleicht selbst dieses unheimliche
Spielchen inszeniert hat, um irgendwelchen Schwierigkeiten, die wir noch nicht
kennen, aus dem Weg zu gehen? Hatte sie einen Grund, von der Bildfläche zu
verschwinden?«
Jonathan Moore beleuchtete die Dinge von allen Seiten.
Alles, was verdächtig oder untersuchenswert schien,
wurde sichergestellt. Im Office und im Labor sollte es näher untersucht werden.
Die Hauptfrage gipfelte darin, wer die ausgetrocknete
Leiche wirklich war. Handelte es sich um Agatha Stancer, dann brach Moores
Gedankenkette, die er eben zusammengestellt hatte, völlig auseinander. Dann
mußte er einen ganz anderen Weg gehen, dann war er aber auch mit seinem Latein
am Ende.
Und diese Erfahrung machte er drei Stunden später, als
der erste Bericht über die Untersuchung der Leiche vorlag.
Es handelte sich um Agatha Stancer!
Merkmale am Knochenbau, die anhand von
Röntgenaufnahmen einwandfrei nachgewiesen wurden, Aufnahmen des Gebisses, mit
denen Vergleiche angestellt wurden, erhärteten den Beweis.
Es gab nicht den geringsten Zweifel: Es war Agatha
Stancer!
Aber wie sie gestorben war, wußte kein Mensch. Da
versagten alle Hypothesen.
Über die Krankenschwester liefen alle Informationen
ein, die Jonathan Moore von der Mordkommission in Liverpool gewünscht hatte,
und mit denen er doch nichts anfangen konnte.
Selbst die Begegnung mit dem unter rätselhaften
Krankheitssymptomen verstorbenen Seemann und die Gespräche mit ihm, die Agatha
Stancer teilweise ihrer Kollegin Harriet Snile erzählt hatte, wurden ihm
mitgeteilt.
Gab es einen Zusammenhang zwischen Oliver Gadock und
ihr?
Vielleicht erbrachten die folgenden Untersuchungen
mehr. Eine Vielzahl von Gegenständen war sichergestellt worden. Unter Bildern,
Briefen, Tagebucheintragungen und Resten aus dem Papierkorb befand sich auch
ein über dreißig Jahre alter Taschenkalender, den Jonathan Moore noch in seine
Hände bekommen sollte.
Das Geschehen aber war und blieb äußerst mysteriös.
In einem Routinebericht ging Material zur Auswertung
an die PSA. Die beiden Hauptcomputer Big Wilma und The clever Sofie schlugen
Alarm. Es gab Ansatzpunkte, die erforderten, nicht auf herkömmliche Weise und
mit konventioneller Methodik vorzugehen.
X-RAY-1, der geheimnisvoller Leiter der PSA, wollte
von vornherein jegliches Risiko ausschalten.
Larry Brent, bestes Pferd im Stall der schlagkräftigen
Organisation, die sich der Bekämpfung des ungewöhnlichen Verbrechens
verschrieben hatte, wurde auf den Weg geschickt.
●
Eine
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