0754 - Als Carmen sich die Köpfe holte
du.«
»Sicher.«
»Mich hält hier unten trotzdem nichts.« Suko schüttelte sich. »Denk mal nach. Wir wissen nicht, wie viele Blutsauger sich hier in den Kavernen aufgehalten haben. Wenn sie aber frei sind, wird jeder von ihnen nach einem Opfer suchen. Einer ist schon zuviel. Ich möchte gar nicht daran denken, wie stark sich das Grauen dann potenzieren kann.«
Da hatte er recht. Den Gedanken verdrängte ich auch, doch der Klumpen blieb in meinem Magen zurück. Schweigend machten wir uns an den Rückweg. Es gab nicht viel zu sagen. Ein jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, und die waren trist genug.
Wir erreichten die alte Treppe und leuchteten die unterschiedlich hohen Stufen ab, ließen die Strahlen aber auch wandern, so daß sie das graue Netz aus Spinnweben trafen, in dem sich die Fledermäuse festgehakt hatten.
Irgendwie fühlten sie sich gestört. Kaum hatte sie das Licht erreicht, da wurden sie aggressiv. Ich erinnerte mich an die Fledermäuse, die ich vor kurzem in Thüringen erlebt hatte, als ich zusammen mit Harry Stahl ebenfalls auf Vampirjagd gewesen war. Diese hier schienen mir ähnlich aggressiv zu sein.
Das gesamte Spinnennetz geriet in zuckende, wirbelnde Bewegungen. Die Köper der Fledermäuse verwandelten sich in eine rauschende, flatternde Wolke, die sich blitzartig ausbreitete und auch unsere Richtung leider nicht verschonte.
Ich hörte mich selbst fluchen, bevor ich mich links gegen die Wand drückte und meinen Kopf einzog, denn ich wollte nicht, daß sie sich wie altes Laub an meinem Gesicht oder dem Körper festklammerten.
Sie umtosten uns.
Sie versuchten zu beißen, wir schlugen nach ihnen. Ich zerquetschte einige, spießte auch selbst mit dem Dolch auf und spürte auch, daß es einige Zähne schafften, hier und da in meine Haut zu hacken. Dann war der Spuk vorbei.
Als Wolke wischten sie davon, allerdings in die Richtung, die wir auch einschlagen wollten.
Ich hörte Suko schimpfen und wußte, daß er okay war. »Wieso haben die was gegen uns?« fragte er.
»Das liegt wohl an dir.«
»Ach ja?«
Ich leuchtete meine linke Hand ab, denn dort hatte ich Bisse gespürt. Ich sah auch die Folgen. Kleine Wunden waren hinterlassen worden, bedeckt von Blutperlen. Das ließ sich verschmerzen. Meine rechte Handfläche, auf der noch Fledermausdreck klebte, wischte ich an der Wand ab und reinigte mit dem Taschentuch nach.
Suko war schon vorgegangen. Er hatte die Lampe so gehalten, daß der Strahl über die Treppe hinwegglitt, auf der eine weitere Gefahr nicht zu sehen war.
Wohl fühlte ich mich nicht. Ich war einfach der Meinung, zuviel Zeit vertan zu haben, obwohl es uns gelungen war, wenigstens einen der Blutsauger zu vernichten.
Aber, so fragten wir uns natürlich, wie viele es von ihnen geschafft hatten, ins Freie und damit auch in die Dunkelheit des Abends zu gelangen. War es ein Dutzend oder noch mehr?
»Ich sehe den Ausstieg, John!« Sukos Stimme unterbrach meine Gedanken. Die Luke stand offen, dahinter zeichnete sich ein helleres Rechteck ab, obwohl es längst schon dunkel sein mußte. Doch der volle Mond brachte genügend Licht, um auch einem menschlichen Auge eine relativ gute Sicht zu gestatten.
Suko stand als erster im Freien. Ich kletterte ihm nach und sah, wie er sich zur Seite bewegte. Dann blieb er stehen, drehte sich um. Seine Haltung kam mir nicht eben günstig vor, und er gab mir auch bald eine Erklärung ab.
»Carmen ist weg.«
Ich richtete mich auf und klopfte mir den Schmutz von der Kleidung. »Sie ist nicht hier, meinst du?«
»Ja.«
Ich hob die Schultern. Suko war beunruhigter als ich. In der Dunkelheit schimmerte sein Gesicht wie ein bleicher Teig, und ich sah auch die Sorgenfalten auf seiner Stirn.
»Möglicherweise wartet sie woanders auf uns.« Meine Worte klangen mehr als lahm, das merkte ich auch.
»Okay, suchen wir sie.«
Die Trümmer der alten Maurenfestung waren mittlerweile zu gespenstischen Schatten geworden.
Sie hatten ihre Formen verändert, wirkten manchmal massiv, dann wieder flach und gestreckt, als wollten sie in alle Lücken hineintasten.
Der Wind war kühler geworden und hatte aufgefrischt. Manchmal schleifte er über die Trümmer hinweg, dann hörte es sich an, als wollte er ein altes Klagelied singen.
Wer mich kennt, der weiß, daß ich viel auf mein Gefühl gebe. Das hatte sich auch hier nicht geändert, und ich wurde einfach den Verdacht nicht los, daß etwas geschehen war.
Zwischen mir und Suko befand sich ein Zwischenraum von
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