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0759 - Eiswüste Alaska

Titel: 0759 - Eiswüste Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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abgeschüttelt. Er hatte gemessen und aufgezeichnet, wie es in seinem Vertrag stand, und sich im übrigen seelisch auf den Augenblick vorbereitet, in dem die Erde in den Schlund eintrat.
    Zur Sicherheit hatte er kurz vorher noch ein paar Handvoll PILLEN zu sich genommen. Über zwanzig auf jeden Fall, schätzte er.
    Eine eben so große Menge behielt er auf Vorrat, denn wenn die Transition sein Leben nicht auslöschte, würde er das Medikament wieder brauchen.
    Im entscheidenden Augenblick mußte er wohl bewußtlos gewesen sein. Er erinnerte sich noch an das wilde, zuckende Flammen des Himmels ... und dann war es plötzlich dunkel geworden. Baldwin Tingmer stellte mit Hilfe des technischen Geräts, das sich in seiner Hütte befand, ohne Mühe fest, daß zwischen dem leuchtenden, flammenden Himmel und der Finsternis irgendwie viereinhalb Monate verstrichen waren, über die er sich keine Rechenschaft abzulegen vermochte. Er ließ sich das nicht anfechten, sondern begann, sich umzusehen.
    Als erstes stellte er fest, daß das Wetter in Unordnung geraten war. Draußen tobte ein entsetzlicher Sturm, wie Menschen ihn seit mehr als einem Jahrtausend nicht mehr erlebt hatten.
    Baldwin Tingmer schloß daraus, daß die Wetterkontrolle aus denn Häuschen geraten sein mußte. In seiner Hütte war es noch warm, und es gab Licht.
    Das Notstromaggregat war angesprungen. Denn daß Licht und Wärme nicht mehr aus dem öffentlichen Netz bezogen wurden, bemerkte Tingmer, als er sein Bildgerät einschalten wollte und die Bildfläche sich weigerte zu reagieren.
    Die Dunkelheit draußen machte die Sache natürlich noch schlimmer. Der Winter war hereingebrochen, und dicht unter dem Polarkreis bedeutete das, daß die Sonne nicht mehr über dem Horizont auftauchte.
    Die Sonne, dachte Baldwin Tingmer müde. Medaillon heißt sie, nicht Sonne...
    Aber das war ein fruchtloser Gedanke, denn Baldwin Tingmer hatte die richtige Sonne, Sol, nie zu Gesicht bekommen. Seitdem er die PILLE nahm, war seine Neugier und vielleicht noch etwas mehr - seine Sehnsucht? - erwacht, und er fragte sich, wie dieser Planet unter dem Glanz seiner naturgegebenen Sonne ausgesehen haben mochte.
    Er schloß sein Funkgerät an die Notversorgung an und versuchte, mit der Umwelt Kontakt aufzunehmen. Es meldete sich jedoch niemand. Tingmer schloß daraus, daß die Transition durch den Schlund noch tiefer gehende Änderungen hervorgerufen haben mußte als den Ausfall der Klimakontrolle.
    Also machte er sich fertig zum Abmarsch.
    Tin City und Umgebung waren auch zur Zeit des kontrollierten Wetters keine warme Gegend gewesen.
    Baldwin Tingmer besaß Kleidung, mit der er der Kälte zu trotzen vermochte. Er legte seine heizbare Montur an und verließ die Hütte. In einem kleinen Seitengebäude hatte er einen Gleiter untergestellt, aber schon beim Öffnen der Hüttentür kam ihm zu Bewußtsein, daß es ihm schwerfallen würde, die Garage zu erreichen.
    Der Schnee lag bis über Baldwin Tingmers Scheitel, und das wollte einiges besagen, denn Baldwin fehlten nur zehn Zentimeter an zwei Metern. Er schaufelte den Umkreis der Hüttentür frei und beschloß, vorerst auf den Gleiter zu verzichten.
    Statt dessen schnallte er sich ein paar Schneeschuhe an - in vergangenen Wintern hatte er sich ein Vergnügen daraus gemacht, auf den schneebedeckten Hängen der Baird Montains den Langlauf zu üben -, kämpfte sich zur Höhe der Schneedecke hinauf und stemmte sich gegen den Sturm, der von Westen her blies.
    Er verdankte es allein seiner beachtlichen Kraft und Widerstandsfähigkeit, daß der Blizzard ihn nicht einfach mit Schnee zudeckte und erstickte. Verbissen kämpfte er gegen die treibenden Schneemassen an und sah schließlich aus dem weißen Teppich, der die Welt bedeckte, merkwürdig geformte Buckel und Hügel auftauchen: die Häuser von Tin City.
    Er orientierte sich - was ihm nicht leichtfiel, obwohl er diese kleine Stadt so gut kannte wie keine andere auf der Welt.
    Er fand Humley's Bar und grub sich in den Schnee hinab, um zum Eingang zu gelangen. Die Tür ließ sich leicht öffnen, aber drinnen war es kalt und finster, Baldwin Tingmer hatte eine Lampe mitgebracht. Er leuchtete ringsum und überzeugte sich, daß die Bar und die angrenzenden Räume völlig leer waren. Der Staub lag fingerdick auf Böden, Tresen, Tischen und Stühlen.
    Hier war seit einigen Monaten niemand mehr gewesen.
    Dabei wußte Baldwin Tingmer ganz genau, daß eine Menge Leute sich geschworen hatten, „den Augenblick

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