0759 - Eiswüste Alaska
möglich, den Rechner neu zu programmieren. Der Radakom als Ganzes war danach zwar als Sende- und Empfangsgerät im Sinn der terrestrischen Funkverkehrsrichtlinien unbrauchbar, aber daraus machte sich Walik wenig. Es schien ohnehin keinen Funkverkehr mehr zu geben.
Er machte sich an die Arbeit. Durch Ausbrennen löschte er das bisherige Programm des Rechners. Dann schrieb er sein eigenes Programm, das den Rechner veranlaßte, Rufkodes nach einem Permutationsschema herzustellen und dem Sender zuzuleiten.
Der Rechner war äußerst schnell. Walik schätzte, daß er für die Erzeugung je eines Rufkodes nicht mehr als eine Mikrosekunde brauchte. Der Sender war langsamer. Mit acht bis zehn Millisekunden Wartezeit mußte man rechnen, bis feststand, ob der gerufene Empfänger ansprechbar war oder nicht.
Immerhin würde das Gerät nach diesem Schema etwa einhundert potentielle Radakom-Teilnehmer pro Sekunde abklappern. Das Programm war so gearbeitet, daß die automatische Rufkodegenerierung aufhörte, sobald eine Verbindung zu einem Empfänger hergestellt war.
Walik Kauk fuhr einen kleinen Programmtest und überzeugte sich, daß seine Kodegenerierungsroutine einwandfrei funktionierte.
Dann setzte er das Gerät in Betrieb und wartete. Der Radakom hatte eine Reichweite von etwas über eintausend Kilometern.
Innerhalb seines Wirkungsradius lag also die gesamte dichtbevölkerte Südküste Alaskas mit ihren Millionen von Anschlüssen.
Wenn da überhaupt noch jemand am Leben war, würde er bald eine Verbindung bekommen ...
Irgendwann, während der Mikrorechner Rufkodes am Fließband produzierte und der Sender mit einem Empfänger nach dem ändern Verbindung aufzunehmen begann, mußte Walik Kauk eingenickt sein. Er lag auf seiner Koje, die Hände unter dem Kopf verschränkt. Er war gesättigt, wohlige Wärme umgab ihn, und das Nachdenken über die vielen erstaunlichen Ereignisse hatte ihn angestrengt.
Es war also nicht weiter verwunderlich, daß der Schlaf ihn schließlich übermannte.
Plötzlich aber fuhr er steil in die Höhe. Aus dem Empfänger drang ein höllisches Quietschen und Kreischen. Walik sprang von seinem Lager auf, hechtete zum Empfänger hinüber und hieb auf den Schalter, der die automatische Lautstärkeregulierung bediente.
Das infernalische Geräusch erstarb im selben Augenblick und verwandelte sich in ein an- und abschwellendes Summen auf wenigstens drei verschiedenen Tonfrequenzen.
Dann sah Walik, daß der Bildempfänger sich eingeschaltet hatte. Verblüfft musterte er die fremdartige Szene.
Auf den ersten Blick wußte er nicht, ob er in eine Maschinenhalle oder in den Ausstellungsraum eines Museums für moderne Skulptur blickte. Das Bildfeld zeigte einen Raum von beachtlichen Ausmaßen. Das Merkwürdige an ihm war, daß die Wände nicht senkrecht auf dem Boden standen und ebenso wie der Boden bauchig nach außen gewölbt waren.
An diesen Wänden und auf dem Boden befanden sich die Gegenstände, die Walik Kauk für abstrakte Skulpturen gehalten hatte: anmutige, elegante, manchmal allerdings auch groteske Gebilde aus einem schimmernden, silbrigen Material. Ein Gegenstand fesselte Waliks Aufmerksamkeit ganz besonders.
Dort, wo er aus dem Boden wuchs, hatte er zunächst die Struktur und die gerillte Oberfläche eines Termitenbaus. Je weiter er jedoch in die Höhe strebte, desto mehr begann er sich zu verästeln, wobei die Äste nicht zur Seite, sondern wie bei einer Pappel nach oben strebten. Trotz aller Unregelmäßigkeit hatte das fremde Gebilde doch so viel Symmetrie, daß Walik zu dem Schluß kam, es sei nicht auf natürliche Weise entstanden.
Was es darstellte, das allerdings entzog sich seinem Begriffsvermögen.
Sein Blick wanderte weiter. An einer der gewölbten Wände entdeckte er ein eigenartiges Symbol. Es bestand aus einem von einem Kreis umschlossenen Kreuz. Die Balken des Kreuzes berührten den kreisförmigen Rand. Das Kreuz war von klarem, leuchtendem Blau, der Kreisrand dagegen strahlte in tiefem, sattem Gelb.
Walik erschauerte. Er erblickte etwas unsagbar Fremdes.
Das verwirrende Bild wurde untermalt von dem dreitönigen, langsam vibrierenden Summen wie von einer unirdischen Musik.
Walik wußte, daß das, was er vor seinen Augen auf der Bildfläche sah, nicht Menschenwerk war und nicht von der Erde stammte.
Er spürte die Fremdartigkeit der seltsamen Gebilde. Ihre Unheimlichkeit ließ ihn frösteln.
Ohne zu wissen, was er tat, griff er zum Mikrofon.
„Hallo ... Wer ist
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