0759 - Eiswüste Alaska
entsetzt.
„Verschwunden, weg, spurlos aufgelöst ...", qualifizierte Tingmer seine Aussage.
Er mußte dazu noch einiges mehr erklären, bevor Walik Kauk ihn verstand. Er schilderte seinen Marsch nach Tin City, den Besuch in Hum-ley's Bar.
„Das besagt nicht, daß es überall so aussieht", meinte Walik.
„Die Leute können anderswohin gegangen sein."
„Wollen's hoffen", seufzte Tingmer. „Was haben Sie vor?"
„Ich muß nach Nome... sobald der Sturm aufhört. Habe dort mein Unternehmen."
Tingmer lachte, und Walik mochte den Klang seines Lachens nicht.
„Wird nicht viel wert sein!" spottete der Ingenieur.
„Abwarten und sehen!" antwortete Walik ärgerlich. „Wer als erster die Flinte ins Korn wirft, findet sie nachher als letzter wieder."
Tingmer schien das Thema nicht zu interessieren.
„Wir sollten in Kontakt bleiben", schlug er vor. „Ich habe mir Ihren Rufkode notiert. Wie sind Sie überhaupt an mich geraten?"
Walik erklärte ihm, wie er den Radakom umprogrammiert hatte.
„Schlau", nickte der Ingenieur anerkennend. „Ein begabter Manager ... sehr, sehr selten!"
Walik Kauk hatte nicht die Absicht, sich provozieren zu lassen, und überging die Bemerkung ohne jegliche Reaktion.
„Sie bleiben in Tin City?"
„Wahrscheinlich nicht. Sobald der Sturm sich legt, mache ich mich auf den Weg nach Ikpek."
„Ikpek...?"
„Ein paar Kilometer nordöstlich von hier. Die Trans-Bering-Brücke beginnt dort, erinnern Sie sich?"
Walik erinnerte sich. Das energetische Gebilde, das die Bering-Straße an ihrer engsten Stelle überbrückte, war seinerzeit als Glanzleistung der Ingenieurwissenschaften gefeiert worden.
„Allerdings glaube ich nicht, daß sie noch existiert", fügte Tingmer seinen Äußerungen hinzu.
„Und warum nicht?"
„Mann, haben Sie noch nicht gemerkt, was für ein Wetter wir haben? Solch einen Sturm hat es seit Hunderten von Jahren nicht mehr gegeben! Die Klimakontrolle ist futsch! NATHAN war für noch vieles mehr verantwortlich. Wenn die Klimakontrolle nicht mehr funktioniert, ist auch die Brücke im Eimer!"
„Was wollen Sie dann in Ikpek?" fragte Walik verblüfft.
Baldwin Tingmer grinste.
„In einer Lage wie der unseren ... Wohin würden Sie sich wenden, um sich Klarheit zu verschaffen?"
Walik Kauk war verwirrt. Über sein Unternehmen und sein Büro hinaus hatte er noch nicht gedacht.
„Nach Terrania City, nehme ich an", antwortete er schließlich.
„Eben!" bekräftigte der Ingenieur. „Und so wie Sie und ich werden auch alle andern denken, die dieses verdammte Unglück überlebt haben."
Walik verstand nicht.
„Nun gut... Dann setzen Sie sich in irgendein Fahrzeug und fahren nach der Hauptstadt!" hielt er Tingmer entgegen.
„Sie vergessen NATHAN" mahnte ihn der Ingenieur. „Das gesamte Verkehrsnetz ist funkgesteuert. Die Funksteuerung ist wahrscheinlich ausgefallen. Versuchen Sie, irgendwo ein Fahrzeug zu finden und es in Gang zu bringen.
Ich wette, es funktioniert nicht!"
Walik Kauk spürte, wie sich ihm die Haare sträubten.
„Das ... das kann doch nicht sein!" stotterte er.
„Deswegen bewegen sich die Leute wieder so, wie es vor hunderttausend Jahren bereits unsere Vorfahren verstanden", fuhr Tingmer fast triumphierend fort, „nämlich zu Fuß. In ein paar Wochen wird die Bering-Straße zugefroren sein, und dann kommt man bequem hinüber nach Asien."
„Die Bering ... zugefroren!" staunte Walik Kauk.
„Na klar ... wenn die Klimakontrolle ausgefallen ist!"
Walik stöhnte.
„Geben Sie mir ein paar Minuten Zeit zum Nachdenken!" bat er.
„Für mich kommt das alles ein bißchen zu schnell..."
„Denken Sie nach!" spottete Baldwin Tingmer. „Wir sitzen ganz schön in der Patsche. Je rascher Sie sich mit dem Gedanken anfreunden, desto besser für Sie. Und rufen Sie mich wieder an!"
„Mache ich", nickte Walik apathisch und schaltete den Radakom aus.
2.
Bluff Pollard schob sich mühsam das Gleitband hinauf.
Am Anfang war es leicht gewesen, aber dann begann der Schnee, der sich immer höher türmte, je weiter Bluff vordrang. Er fühlte sich plötzlich müde. Er spürte ein übermächtiges Verlangen, sich einfach hinzulegen und zu schlafen.
Der Gedanke löste einen Alarm in seinem Bewußtsein aus.
Sich in den Schnee legen und einschlafen ist der beste Weg zu erfrieren, hatte man ihn gelehrt.
Er fürchtete sich plötzlich. Er war durchgefroren bis auf die Knochen. Die Füße spürte er kaum mehr, und die Nase schmerzte unter den Stichen
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