0774 - Baphomets böse Brut
bereits, doch nur sehr langsam löste ich die Handballen von den Ohren.
Ich hörte wieder.
Sogar normal…
Nur vernahm ich diesmal nichts. Die Stille war bleiern, sie lag auf mir wie eine Decke, die kein Geräusch durchließ.
Noch immer beide Ellbogen auf den Beton gestützt, ließ ich meine Hände langsam am Kopf herab in Richtung Kinn gleiten. Nur nicht zuviel bewegen, nur nicht auffallen, aber wenn ich kämpfen mußte, stand ich in der Defensive, da ich von den verfluchten Schreien noch immer sehr benommen war.
Ich zerrte die Lippen zur Seite, und als ich sie mit der Zunge anfeuchtete, glitt die Spitze über einige harte Krümel, die leider keine Zuckerkristalle waren, sondern winzige Glasscherben aus den zerstörten Scheiben der Fahrzeuge.
Ich spie aus. Speichel floß noch hinterher. Alles durfte ich tun, nur nicht dieses Glas verschlucken.
Auch Amos Levi und Suko hatte es erwischt. Ich fragte mich, was mit ihnen geschehen war. Es war ihnen natürlich ähnlich ergangen wie mir.
Beide hatten sich gegen die Schreie gestemmt, aber hatten sie es auch geschafft? Bei Suko rechnete ich damit, nicht jedoch bei Levi. Er war angeschlagen und verfügte nicht über die körperliche und seelische Kraft wie wir.
Es war nichts zu hören.
Kein Schritt unterbrach die bedrückende Stille, auch nicht das Kratzen von Metall auf Stein oder Beton, und das wiederum sah ich als einen Vorteil an.
Ich wartete noch eine Weile ab, was mir nicht schwerfiel, denn so konnte ich die Pause für eine Erholung nutzen. Mein Herz schlug schneller als gewöhnlich. Noch immer gelang es mir nicht, normal Luft zu holen. Der Schock saß tief und der Kopf schmerzte.
Obwohl niemand mehr schrie, wußte ich, daß es damit nicht beendet war. Die beiden Schattenwesen hatten bestimmte Vorbereitungen getroffen, sie würden zurückkehren und endgültig zuschlagen. Ich lag noch immer halb auf dem Bauch und halb auf der Seite. Sehr langsam schob ich meine Hand am Körper entlang auf das Kreuz zu. Durch seine Berührung wollte ich feststellen, ob sich in meiner unmittelbaren Nähe die Magie noch konzentrierte. In der Tat hatte es sich leicht erwärmt, aber das Vibrieren war nicht mehr vorhanden.
Sehr vorsichtig wälzte ich mich herum. Leider nicht lautlos, denn durch mein Körpergewicht wurden die zahlreichen Glaskrümel zerdrückt und zu einem feinen Staub gemahlen.
Ich wußte natürlich aus der Erinnerung, wo Suko und auch Amos Levi lagen. Wie es ihnen ergangen war, interessierte mich besonders. Ich hoffte nicht, daß sie…
Nein, ich dachte nicht weiter.
Mein Blick fiel auf Sukos Gestalt. Er lag am Boden, die Beine angezogen, und er sah so aus, als würde er so bald nicht aus seiner gekrümmten Haltung hochkommen.
Auch wenn ich meine Gegner aufmerksam machte, ich rief ihn trotzdem an und zischelte seinen Namen.
Er bewegte sich nicht.
Ein erneuter Versuch brachte nichts, nur bei mir die Erkenntnis, daß er bewußtlos war.
Auch der New Yorker Antiquitätenhändler mußte mich gehört haben, nur zeigte auch er keine Reaktion.
War ich denn als einziger nicht bewußtlos geworden?
Ich richtete mich auf, stellte mich nicht hin, sondern blieb sitzen. Die Bewegung war wohl zu heftig gewesen, denn wieder tobten Schmerzen durch meinen Kopf, so stark, daß die in der Nähe stehenden Fahrzeuge vor meinen Augen verschwammen.
Es ging mir schlecht.
Ich fühlte mich fertig, ausgelaugt wie nach einem harten Kampf im Ring. Wenn sie jetzt kamen, dann…
Und sie kamen.
Zumindest einer von ihnen.
Das Geräusch kannte ich mittlerweile. Wenn die Spitze der Lanze über den Beton gezogen wurde, entstand es. Diesmal mischte sich noch das Knirschen von Glaskrümeln mit hinein, wenn die Reste von schweren Tritten zu Staub zerdrückt wurden.
Im ersten Moment war mir nicht klar, aus welcher Richtung ich die Laute hörte. Noch immer litt ich unter den Nachwirkungen des infernalischen Lärms, deshalb schaute ich vor und zurück.
Vorn lagen Suko und Levi.
Hinter mir war der Gang leer.
Da kam er.
Es war der Henker, und er ging dort wie eine Person, die sich ihrer Sache völlig sicher ist. Zum erstenmal sah ich seine gesamte Gestalt und diese noch aus einer relativen Nähe. Ich konnte ihn gut erkennen, was nicht eben zu meiner Freude beitrug.
Er war groß, beinahe schon riesig - oder kam er mir nur so vor, weil ich hockte? Und er war in Schwarz gekleidet. Der Mantel umgab ihn als düsterer Schatten, der sich nach oben hin verengte, wobei dann aus ihm hervor das
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