0774 - Baphomets böse Brut
wird man nie wieder von uns hören.«
»Verschwindet ihr?«
»Ja, in unser Reich. In die Aura der Hölle, am Rand der ewig dunklen Welten. Den Sessel werden wir mitnehmen und ihn Baphomet überreichen, denn es ist sein Thron.«
»Ich habe ihn nicht.«
»Wir wissen es!« grollte er, »doch du kannst uns zu ihm führen. Du wirst es tun. Du bist der Mann mit dem Kreuz. Es gab schon einmal einen, gegen den haben wir verloren. Das passiert uns nicht mehr wieder. Diesmal stellen wir es schlauer an.«
»Aber ich kann euch nicht führen!« rief ich. »Der Sessel ist nicht hier. Ich habe ihn woanders gelassen.«
»Wir kommen überall hin.«
»Nein, nicht zu ihm.«
»Wo ist er?«
»In Frankreich. Alet-les-Bains… kennst du es?« fragte ich mit lauernder Stimme.
»Sehr gut sogar.«
»Da wird er auch bleiben«, sagte ich.
Das schrille Kichern jagte mir einen Schauer über den Rücken. Plötzlich war der Henkersknecht uninteressant geworden. Ich drehte den Kopf und schaute dorthin, wo die Hexe stand.
Nein, sie stand nicht mehr.
Sie hockte auf der Gestalt von Amos Levi. Zusammengeduckt wie ein kleiner Teufel, der so oft auf mittelalterlichen Holzstichen zu sehen ist. Sie hatte den Rücken dabei zu einem Buckel gekrümmt.
Ich bekam Angst und fror fast ein. Keine Angst um mich, sondern um Levi, denn die Hände der Schattenhexe waren gekrümmt, die Finger gespreizt, und deren Spitzen zeigten nach unten, direkt auf den Körper des regungslosen Amerikaners.
Wenn sie nach unten rasten, würden sie wie Messer in seine Brust gleiten und tiefe Wunden hinterlassen.
Sie tat es.
Die Hände zuckten herab. Dabei schrie sie wieder, und dann trafen die Finger das Gesicht.
Ich schrie dagegen. Anderes konnte ich nicht tun, obwohl ich noch nach der Beretta griff. Halb hatte ich sie gezogen, als die Hände wieder in mein Sichtfeld gerieten.
Jetzt waren die Finger rot!
Das Blut hatte sie gezeichnet. Von den Spitzen tropfte es in die Tiefe und klatschte auf den Beton.
Ich sah rot.
Und ich sah Sterne!
Daß sich mir der Henker genähert hatte, war mir verborgen geblieben. Er jedenfalls hatte brutal zugeschlagen. In meinem Kopf funkte es auf. Ich wollte alles, nur nicht bewußtlos werden, deshalb kämpfte ich verzweifelt gegen die bleierne Schwere und Müdigkeit an.
Ich schaffte es nicht.
Mein Arm konnte das Gewicht der Waffe nicht mehr halten. Zusammen mit ihr prallte er auf den Boden, und gleichzeitig stieg ein Schatten über mich hinweg.
Es war der Henker.
Er näherte sich seinem Ziel.
Es war Suko!
***
Was ich in diesen Sekunden dachte, kriegte ich nicht mehr auf die Reihe. Jedenfalls war es schrecklich genug, denn ein Beil war in diesem Fall dazu geschaffen, um jemand zu köpfen.
Ich wollte und ich durfte nicht bewußtlos werden, und ich wurde es auch nicht. Wahrscheinlich hatte der Henker den Schlag so dosiert, daß ich zwar groggy und fertig war, aber das Grauen in seinem gesamten Ausmaß noch mitbekam.
Er stand neben Suko, hielt den Kopf gesenkt und gedreht, schaute nicht ihn an, sondern mich. Der Blick seiner kalten Augen war völlig leblos. Der Mantel verschmolz mit der Düsternis, aus weiter Ferne hörte ich Stimmen, jemand rappelte auch an dem Gitter, jetzt erst fiel mir auf, daß einige Lampen wieder brannten, die allerdings weniger Licht abgaben als die Beleuchtung zuvor.
Ich sah nur sein Gesicht, das als bleiche Maske aus dem Umhang hervorwuchs. »Wo ist der Sessel?«
Seine Worte erreichten mich zwar, nur hörte ich sie wie durch einen Filter. Auch meine Antwort klang so. »In Frankreich… habe ich weggeschafft, wollte ihn nicht.«
Der Henker hob sein Beil.
Die Schattenhexe kicherte. Wahrscheinlich wollte sie die Hinrichtung durch dieses Geräusch begleiten. Sie drehte uns den Kopf zu, gemeinsam mit ihren noch immer blutbeschmierten Fingern. Aus ihrem Maul schnellte eine dunkle, klobige Zunge hervor. Mit der Spitze leckte sie das Blut von den Fingern.
Mich schauderte.
»Ich werde ihn köpfen!« versprach der Henker. »Ich habe schon vielen die Köpfe abgeschlagen. Ehemalige Brüder von mir sind unter dem Beil gestorben. Er wird der nächste sein.«
Verdammt, was sollte ich tun? Der Sessel befand sich nun mal im Besitz des Abbé Bloch. Ich schluckte den Speichel, ich sah keinen Ausweg. Alles drängte sich zusammen, die Spannung stieg ins Unermeßliche, und Suko lag neben der Gestalt, ohne sich zu rühren, die Beine angewinkelt und völlig eingeklemmt.
An meine Waffe kam ich nicht heran. Dafür sandte
Weitere Kostenlose Bücher