078 - Das Drachennest
den Plan nicht findet, Herr?“ fragte Franca.
„Dann suche ich die Insel", knurrte ich. „Sie muß sich in der Nähe Siziliens befinden. Balsamo hat sie gefunden, ich werde sie auch finden."
„Und was ist mit Euerm Wunsch, seßhaft zu werden und Euern Experimenten nachzugehen, Herr?" Ich schlug die Faust auf den Tisch, daß die Gläser tanzten und mir die anderen Gäste furchtsame Blicke zuwarfen.
„Du und ich, wir beide sind nicht dafür geschaffen, seßhaft zu sein. Dazu ist unser Blut zu unruhig. Uns lockt das Abenteuer. Sag, daß es stimmt, Franca!"
Franca grinste.
„Ich hatte mir schon Sorgen um Euch gemacht, Herr", sagte er. „Jetzt gefallt Ihr mir schon besser." Ich warf eine Münze auf den Tisch und stand schwankend auf. Franca mußte mich stützen. Ich klammerte mich an der Mähne des Hengstes fest und ritt zum Leuchtturm.
Wir waren noch etwa fünfhundert Meter vom Leuchtturm entfernt, als plötzlich die Luft zu flimmern begann. Die Erde bebte. Mein Pferd bäumte sich auf, und ich flog in den Sand. Fluchend stand ich auf. Das Pferd lief in Richtung Dorf, so als würde es mit hundert Peitschen geschlagen werden. Franca war von seinem Gaul auch abgeworfen worden.
„Was hat das zu bedeuten?" fragte er mich.
Die Erde bebte. Für einige Sekunden wurde die Nacht zum Tag. Ein grelles, weißes Licht erschien über dem Leuchtturm. Die Luft flimmerte stärker, und ich warf mich zu Boden. Der Leuchtturm krachte wie ein Kartenhaus zusammen. Die Erde zitterte.
Ich schloß die Augen. Das weiße Licht wurde immer greller. Dann hörte ich einen Donnerschlag und glaubte, meine Trommelfelle seien geplatzt. Einige Minuten lang konnte ich nichts hören. Das grelle Licht wurde schwächer. Ich hob den Kopf. Das Beben der Erde hatte aufgehört.
Ich stand auf und blickte zum Leuchtturm hinüber.
Da sah ich die nebelhafte Gestalt, die über den Trümmern schwebte. Eine Schwefelwolke segelte auf mich zu. Die schemenhafte Gestalt wurde immer größer, dann löste sie sich langsam auf. Zögernd näherten wir uns der Unglücksstelle. Vor den Trümmern blieben wir stehen. Der Boden war wie aus Glas. Die Trümmer waren mit einer glänzenden Schicht überzogen.
„Asmodi", sagte ich leise. „Mario hatte mit seiner Befürchtung recht. Der Herr der Finsternis hat ihn gefunden."
Wir warteten, bis es hell wurde. Ich suchte den Boden ab. In einem Umkreis von mehr als fünfhundert Metern war der Boden mit einer Glasschicht bedeckt, die ich nicht durchbrechen konnte. Meterhohe Trümmer lagen über meinem Laboratorium. Die gewaltige Explosion hatte das Labor wahrscheinlich völlig verwüstet. Mario Balsamo war tot. Irgendwo in den Trümmern befand sich der Plan der Teufelsinsel, doch es war hoffnungslos, danach zu graben.
„Ich werde die Insel finden", flüsterte ich. „Und ich werde deinen Tod rächen, Mario."
Ich blieb einige Minuten stehen, drehte mich dann um und ging langsam zum Dorf. Franca folgte mir.
„Zum Teufel mit der Alchemie", flüsterte ich. „Der Kampf gegen die Dämonen ist viel wichtiger."
„Fanden Sie die Insel, Dorian.“ fragte Trevor Sullivan, als der Dämonenkiller seine Erzählung beendet hatte.
„Nein, ich fand sie nicht. Ich suchte wochenlang nach ihr und kreuzte rund um Sizilien - erfolglos. Doch ich bin ziemlich sicher, daß es sich bei der Insel, auf der Mario Balsamo gewesen war, um die gleiche handelt, auf der Asmodi II. sein Hauptquartier hatte. Ich habe euch von meinem Abenteuer auf der Insel der wandelnden Toten berichtet. Damals bekam ich von Olivaro einen Plan. Ich fand die Insel und erlebte einige fürchterliche Dinge. Gelegentlich frage ich mich, was wohl nach Asmodis Tod aus dieser Insel geworden ist."
„Alles recht schön und gut", brummte Trevor. „Aber woher kommen diese verdammten Echsen?" „Eine gute Frage, auf die ich keine Antwort weiß", stellte Dorian grinsend fest.
Er schenkte sich einen Bourbon ein, steckte sich eine Zigarette an und blickte auf Coco.
Trevor seufzte. „Wenn Sie Coco diesen Blick zuwerfen, dann weiß ich, was die Stunde geschlagen hat. Sie wollen nach Porto Ercole."
„Erraten, Trevor. Die ligurische Küste ist zwar im Februar wenig einladend, aber mich interessieren diese seltsamen echsenartigen Geschöpfe."
„Wahrscheinlich sind sie der Phantasie des verschwundenen Fischers entsprungen", meinte Trevor. „Schon möglich", schaltete sich Coco ein. „Aber die Echsen sind nicht so wichtig, Trevor. Sie müßten Dorian eigentlich genug
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