0784 - Der Seelenangler
im Universum. Jetzt jedoch war die nächste Phase des ränkevollen Plans, den Abyss nach dem Misslingen der Aktion direkt im Château Montagne geschmiedet hatte, in Kraft getreten.
So war es sogar noch reizvoller. Abyss reizte die Jagd auf Zamorra besonders, so wie ein Angler mit viel Geduld einem kapitalen Hecht nachstellte, verschiedene Köder ausprobierte und ihn zu überlisten trachtete. Dafür wendete er Zeit und Mühe auf, um ihn letztendlich dann seinem Element zu entreißen und stolz zu präsentieren.
Den Kopf des Hechts konnte der Angler präparieren und auf einer Platte mit den Fangdaten und Maßen anbringen lassen.
Zamorra, dachte der Angler, ich kriege dich.
Doch seine nächste Aktion galt einem anderen Opfer. Er schaffte es, was ihn entzückte, die Abyss-Angel in die Schwefelklüfte zu schicken. Die Hölle war jetzt sein Teich, der Bereich, in dem er den Köder auswarf.
Bis hinter die Flammenwand, wo LUZIFER sich aufhielt, konnte er das natürlich nicht wagen. Doch er sandte seinen Angelhaken, mit dem ihn ein moleküldünner Energiestrahl verband, durch die sich immer wandelnden Schwefelklüfte.
Er konnte sogar durch den Haken die Umgebung wahrnehmen, wenn auch ein wenig verschwommen und mit der verzerrten Ansicht eines Fischauges. Niedere Opfer verschmähte er, er wollte sich nicht wieder der Mühe unterziehen und sie als zu mickrig zurückwerfen, wie es bei Alain Lacousse geschehen war.
Denn was sollte ein wirklicher Angler mit einer miesen kleinen Sprotte, die weder essbar noch vorzeigbar war? Abyss nahm die Lebensenergie seiner Opfer in sich auf, wenn er das wollte. Er fraß ihre Seelen.
So war es mit der Nonne Lioba geschehen, deren Seele er nicht als besonders bekömmlich angesehen hatte. Ein Happen, speziell zubereitet. So war die Nonne auf eine spezielle, unheimliche Art doch noch zu einer Märtyrerin geworden.
Abyss sandte den Angelhaken in Stygias Thronsaal. Jemand saß auf dem Knochenthron. Abyss erkannte eine geflügelte Gestalt, und er formte den Köder - die größte Verlockung, von der er annahm, dass dieses dämonische Wesen danach schnappen, darauf anbeißen würde.
Unendliche Macht und Größe. Eine Position, die noch über der von Lucifuge Rofocale oder gar LUZIFER lag. Des absoluten, obersten Herrschers der Hölle. Der Köder entstand, sandte lockende energetische Wellen aus, und…
***
In den Schwefelklüften
Stygia fegte in ihren Thronsaal. Sie zeigte sich als barbrüstige rothaarige Schönheit, geflügelt, mit langen Krallen. Ihre roten Haare hatte sie an dem Tag zu einer Medusenfrisur hergerichtet, in der sogar echte Schlangen züngelten und die mitunter Blitze schoss, ein Modetick, an dem sie sich mitunter freute.
Die dämonische Hexe, die zur Fürstin der Finsternis avanciert war, trug einen aus Metallfäden gewirkten Tangaslip und viel Schmuck, dazu Schnürsandaletten. Ein Hofstaat von Hexen und untergeordneten Dämonen begleitete sie, ein paar Werwölfe und Vampire waren dabei.
Als Fürstin der Finsternis musste sie schließlich repräsentieren und konnte selten allein umhergehen wie eine X-Beliebige. Manchmal war das sehr störend, aber es gehörte nun einmal dazu.
Stygia wollte ihren Platz auf dem Knochenthron einnehmen, der jetzt erhöht auf einem blutroten Sockel stand. Fledermäuse flatterten in dem grottenartigen Riesensaal, als den Stygia ihn sich von Höllenarchitekten hatte für eine Weile einrichten lassen. Im Hintergrund klafften Abgründe und Spalten, aus denen Glut- und Feuerschein leuchteten und das Geschrei der verdammten Seelen erklang, die dort im Feuersee schmorten.
Schwefeldunst zog herüber. Es gab gewundene Säulen und Kapitelle, Nischen und Höhlen. Eine Einrichtung, also Mobiliar, konnte jeweils durch Magie aus dem Nichts auftauchen.
Für Stygia war ihr Thronsaal, der sich in grünlichem Licht präsentierte, recht heimelig. Er erinnerte sie an die Vulkanhöhle, in der sie vor Urzeiten mal in Thessalien gehaust hatte, zur Zeit noch der Alten Griechen und später der Römer.
Lang war es her, seitdem hatte sie es sehr weit gebracht.
Empört stellte Stygia fest, dass ihr Platz auf dem Knochenthron besetzt war. Marchosias hockte dort, ein ranghöher Marquis der Hölle, ein Poseur, doch gefährlich, sehr von sich selbst eingenommen.
Stygia landete einige Meter vor dem Dämon, der sich in der Gestalt eines geflügelten Wolfs oder Löwen zu präsentieren pflegte. In der letzten Zeit bevorzugte er die des Löwen, weil sie majestätischer
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