0784 - Der Seelenangler
erdhaftem Geruch unterschied, fühlte die zarte Haut. Seine Lippen näherten sich ihren. Die blauen Augen strahlten ihn an…
...und dann veränderte sich alles. Der schreckliche Schädel einer Furie fauchte ihn an. Eine grässliche Gestalt umfing ihn mit ungeheurer Kraft. Entsetzliche Kälte und Hitze zugleich drangen in Alain ein.
Er spürte so schreckliche Schmerzen, wie er sie sich nie hatte vorstellen können. Reißzähne gruben sich tief in seine Schulter. Alain strampelte, schrie - doch er hatte nicht mehr Chancen gegen die Horrorgestalt als ein Hase, den ein Adler gepackt hatte und in die Lüfte trug.
…oder ein Fisch an der Angel.
Alain schrie, jäh ernüchtert.
»Bitte, mein Gott, hab’ Erbarmen. Töte mich nicht.«
Das Ungeheuer schmatzte. Blut troff ihm aus den Mundwinkeln, Alains Blut. Der Schmerz war so grässlich, dass er ihm das Bewusstsein hätte rauben müssen, was jedoch nicht geschah. Eine mächtige, fremde Magie verhinderte es.
Der Fisch zappelte an der Angel. Noch war er im Wasser - in seinem Element, seiner Dimension, über die seine Erfahrungswerte nicht hinausreichten. Und er wusste nicht, was mit ihm geschah, weil ihm das die Natur nicht einprogrammiert hatte.
Alain sah verwirrende Formen, die ihm den Verstand rauben wollten. Es zerriss ihn schier innerlich. Trotzdem lebte er noch, als sein Körper, sein Geist und seine Seele ins Jenseits gerissen wurden.
Er fand sich, völlig gelähmt, in einer Jenseitsdimension wieder, in einer grotesken Höhle, deren Formen einer völlig anderen Geometrie als der irdischen entstammten. Die Furie - was immer es war - mit fratzenhaftem Gesicht und grauer Haut, ohne weibliche Attribute jetzt, die reizvoll gewesen wären, beugte sich über ihn.
In der Klauenhand hielt sie einen Gegenstand, der wie aus Laserlicht und Metall gewirkt war. Auf bizarre Weise das Ausweidemesser eines Anglers.
Du bist zwar ein wenig mickrig, vernahm Alain eine Gedankenbotschaft, trotzdem nehme ich dich, nachdem ich dich gefangen habe. Jedoch -andererseits…
Das bizarre Messer, das seltsam gewundene Klingen hatte, die umeinander rotierten, entfernte sich. Die Klauenhand packte Alain, riss ihn mit ungeheurer Kraft vom Tisch. Wieder sah er für einen Moment das Licht.
Dann spürte er nur noch, wie er mit ungeheurer Wucht auf festen Untergrund prallte. Der Aufprall löschte alles aus.
Der Angler hatte den zu mickrig erscheinenden Fisch ins Wasser zurückgeworfen. Doch nicht so, dass er weiterleben konnte.
***
Zamorra bemerkte einen heranhuschenden Schatten. Gedankenschnell wich er zur Seite. Gerade noch rechtzeitig, sonst wäre er erschlagen worden. Mit ungeheurer Wucht, wie aus dem Nichts ausgespuckt, raste etwas heran, pfiff für einen Moment durch die Luft und landete mit einem dumpfen, scheußlichen Knall.
Erdbrocken flogen zur Seite. Ein paar Rebstöcke zerbarsten krachend. Dann war es vorbei. Die vier Männer und die Frau schauten verblüfft auf den verstümmelten, deformierten Körper, der mit gewaltiger Wucht gelandet war und sich ein Stück in den Boden gebohrt hatte.
Blut sickerte durch die zerrissene Kleidung, die ihm teils vom Körper gerissen worden war. Ein Schuh fehlte.
Armand Lacousse fing zu zittern an. Er war leichenblass unter der gebräunten, wettergegerbten Haut.
»Das ist mein Sohn«, sagte er. »Vielmehr seine Leiche.«
Robert, sein anderer Sohn, musste ihn stützen.
»Woher ist er gekommen?«, fragte Malteser-Joe. »Und wieso ist er plötzlich aufgetaucht?«
»Aus einer anderen Dimension«, erwiderte Zamorra, der innerlich angespannt war. »Oder aus dem Jenseits.«
Die Zeitschau seines Amuletts war jäh unterbrochen worden, als die Leiche aus dem Nichts erschien. Er hängte es sich wieder um den Hals.
Dann untersuchte er den Toten, was starker Nerven bedurfte. Selbst Nicole Duval, die von ihren Abenteuern mit Zamorra einiges gewöhnt war, wandte sich ab. Malteser-Joe half Zamorra.
»Der arme Teufel hat keinen heilen Knochen mehr im Leib. Wer hat das getan?«
»Das«, erwiderte Zamorra, »wüsste ich auch gern.«
Die Wärme seines Amuletts zeigte ihm schwache dämonische Spuren -oder Überreste - an dem Toten an. Er konnte die Ausstrahlung nicht identifizieren, was in einigen Fällen möglich war. Zamorra zwang sich zu kühler Ruhe und logischem, schnellem Denken.
Es war lebenswichtig für ihn, stählerne Nerven zu haben, sonst hätten die Dämonen und Außerirdischen ihn schon längst erledigt. Obwohl die nervliche Anspannung und
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