08 - Der zeitlose Raum
machen. Der Mann in Weiß hatte dafür gesorgt, dass die Anlage offiziell als geschlossen galt, er hatte mit gefakten Befehlen eine Sperrung der Straße hierher veranlasst, und mit falschen Notrufen auf Seiten sämtlicher Polizei- und Rettungskräfte für Chaos gesorgt.
Pauahtun trieb seine Leute in den schwarzen Van, der ihnen als mobile Operationsbasis diente. Sie durften nicht versagen; nicht erneut. So wenig Respekt er vor jedweder Staatsmacht hatte, umso mehr fürchtete er den Mann in Weiß. Wenn er ihn noch einmal enttäuschte, wenn ihm Ericson und der Himmelsstein noch einmal durch die Lappen gingen … Nun, Pauahtun wollte sich nicht ausmalen, was der Weiße mit ihm tun könnte. Schließlich war er in keinerlei Hinsicht mit menschlichen Maßstäben zu messen.
Sie fuhren über die Hügel los, der Rauchspur am Himmel hinterher, die stetig tiefer sank. »Er versucht zu landen!«, rief Kulkulcan, zum Himmel zeigend.
Tatsächlich fuhr die Cessna das Fahrwerk unter den Schwimmern aus und setzte zur Landung an. Aber konnte das bei diesem unebenen Grund überhaupt gelingen? Andererseits … Pauahtun knurrte wie sein Totemtier. Er hatte Ericson schon ähnliche und andere Dinge tun sehen.
Und wieder wurde er von dem Archäologen überrascht. Als die Cessna, schon dicht über dem Boden, eine weitere Kehre flog – wieder auf Stonehenge zu.
Natürlich – der Parkplatz!, schoss es Pauahtun durch den Kopf. Eine mit Schotter bedeckte, jetzt beinahe leere Fläche und die weit und breit beste Landebahn. Hätte er es vorausgesehen, hätten sie gleich dort warten können.
»Wenden, verdammt!«, herrschte er Huracan an, der den Van so rücksichtslos herumzog, dass sie alle durchgerüttelt wurden. Pauahtun zerquetschte einen mittelamerikanischen Fluch zwischen den Zähnen. Ericson durfte nicht zu viel Vorsprung gewinnen! Es standen noch weitere Autos auf der Parkfläche. Nicht auszudenken, wenn es den Verfolgten gelang, eines davon kurzzuschließen …
***
»Ja, gut … versuch die ganze Länge zu nutzen … runter jetzt!«, gab Tom Anweisungen, die Abby als erfahrene Pilotin nicht brauchte. Aber so waren wohl alle Männer auf dem Beifahrersitz …
In leichter Schräglage kam die Cessna auf, sprang noch einmal hoch, schlingerte leicht, verfehlte ein ungünstig stehendes Auto nur knapp und rumpelte die Böschung am Ende des Parkplatzes empor, bevor sie mit einem letzten Scheppern stehen blieb. Vor ihnen erhoben sich in einigen hundert Metern Entfernung die megalithischen Steinblöcke von Stonehenge. Tom fragte sich unwillkürlich, wer für den Schaden aufgekommen wäre, wenn dort hineingekracht wären.
»Sind alle okay?«, rief er in die Runde.
Er wertete das Stöhnen und Murren neben und hinter ihm großzügig als kollektives »Ja«.
»Dann nichts wie raus hier«, trieb er seine Begleiter an, kletterte als Erster aus der schief stehenden Cessna und half den anderen beim Aussteigen.
Er sah sich um. Von der anderen Seite des Parkplatzes her näherte sich der schwarze Van. Noch war er zu weit entfernt, um sie unter Feuer nehmen zu können – aber die Zeit würde nicht ausreichen, um einen der parkenden Wagen zu kapern. Bis auf die Kassenhäuschen erstreckte sich ringsum nur hügeliges Grasland, das keinerlei Deckung bot.
»Dorthin!«, beschloss Tom und wies auf die beiden markanten Steinkreise, die, wie er jetzt erst erkennen konnte, eingezäunt waren. Diesen Zaun hatte es, so weit er sich erinnerte, bei seinem letzten Besuch hier noch nicht gegeben. Aber das war lange her, irgendwann Anfang der Neunziger.
»Bist du verrückt?«, fuhr Abby ihn an. »Da sitzen wir doch wie auf dem Präsentierteller!«
»Denk nach!«, antwortete Tom. »Der Armreif ist ein Schlüssel, der wohin führt?«
Maria Luisa musste nicht lange überlegen: »Zum sichersten Ort der Welt!«, zitierte sie aus der Kladde.
Abby schnappte nach Luft. »Und das glaubst du?«
»Ich hoffe es. Ansonsten haben wir schlechte Karten.«
»Und wie willst du da reinkommen? Ich glaube nicht, dass wir über den Zaun klettern können«, warf nun Maria Luisa ein, und ihre Befürchtung war vor allem, dass Alejandro nicht über den Zaun kommen würde.
»Der kluge Mann baut vor.« Tom griff in seine Tasche, die er aus dem Bunker unter Oake Dún mitgenommen und in die er allerlei Nützliches gepackt hatte – darunter auch eine Kneifzange.
»Und wenn wir da sind?«, unkte nun Abby weiter.
»Dann sehen wir, wie weit die Überlieferungen stimmen.« Tom
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