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08 - Der zeitlose Raum

08 - Der zeitlose Raum

Titel: 08 - Der zeitlose Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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Pascha von mir ’rumfliegen zu lassen?«
    »Na schön«, seufzte Tom. Er schaute kurz nach hinten, wo Maria Luisa und Jandro schlummerten, selig und reglos. Nur der Reif am Arm des Jungen war in lautloser Bewegung. »Also, los ging die ganze Geschichte eigentlich auf Hiva Oa …«
    ***
    University of Kent, Canterbury, England
    Nach seiner Ankunft in Folkstone hatten die Loge Tom Ericsons Spur verloren. Danach war er von keiner Überwachungskamera mehr erfasst worden. Und er hatte auch keinen Internet-Anschluss und keine elektronische Zahlkarte mehr benutzt.
    Sie waren ihm mitsamt ihrem mobilen Stützpunkt per Autozug gefolgt, hatten sich in Dover neu finanziert und dann ein leistungsstarkes und geeignetes Rechenzentrum gesucht. In Canterbury waren sie fündig geworden. Und während seine Mannen außerhalb der altehrwürdigen Universitätsmauern auf ihn warteten, badete der Mann in Weiß im weltweiten Datenstrom.
    Dieser Zustand mochte für ihn dem am nächsten kommen, den ein Mensch als Wohlgefühl empfunden hätte.
    Er jedoch kannte keine Gefühle. Sie waren für ihn nur Worte. Er wusste, dass Pauahtun und seine Brüder von Ungeduld erfüllt waren – nur wusste er nicht, wie sich dieses Gefühl äußerte.
    Er wusste auch, dass vor allem Pauahtun darauf »brannte«, Ericson wieder zu finden. Aber wieder wusste er nicht, wie sich dieses »Brennen« anfühlte.
    Er wusste aber auch, dass für Pauahtun der persönliche Hass auf Ericson den Zweck ihrer Suche zu überwiegen begann. Und wäre der Mann in Weiß ein Mensch gewesen, hätte er infolge dieser Entwicklung wohl eine Emotion namens »Sorge« verspürt und Pauahtun vielleicht als sein »Sorgenkind« bezeichnet.
    Irrelevant! , befand der Mann in Weiß selbst solche Impulse, die für einen Menschen Gedanken gewesen wären. Er schaltete sie aus und verzweigte sich noch weiter im Datennetz, war ganz Geist in jener Maschine, die Input aus aller Welt verarbeitete, speicherte, weiterleitete und jedem zur Verfügung stellte, der darauf zuzugreifen verstand.
    Wie Sand und Wasser rieselten sie durch die unzähligen dünnen Finger, die der Mann in Weiß danach ausstreckte und durch die er alles filterte, was zwischen ihnen hindurchrann.
    Die Menschen sagten, es seien nichts als Nullen und Einsen.
    Wenn man Teil dieser endlosen Flüsse war, dann war es anders. Er hätte es blumig beschreiben können, weil er alle Worte aller Sprachen der Welt kannte. Trotzdem wäre er diesem Prozess nicht gerecht geworden – weil kein Mensch je auch nur ein annähernd passendes Wort dafür geprägt hatte. Wie auch, ohne die zugehörige Erfahrung gemacht zu haben?
    Dann schnappten seine Finger, die keine Finger im Sinne des Wortes waren, plötzlich zu und bekamen die Information zu fassen, für die der Mann in Weiß sie sensibilisiert hatte.
    0011010111000011101Abigail­Ericson001110100101001110110 … Und: 0011100110110001Stonehenge 111000110011101100011Amesbury 010100111011 …
    Er fing diese Informationen auf, kaum dass sie an einem Ort namens Glasgow Airport ins Netz eingespeist worden waren. Und zog in Nanosekunden seine Schlüsse daraus. Eine weitere Minute später hatte er die Information gefunden, dass Tom und Abigail Ericson vor Jahren als Ehepaar registriert und dann wieder geschieden worden waren. Das Auftauchen der Frau, nachdem sie – auch das recherchierte er in Sekunden – zuvor in Yucatán gewesen war, konnte kein Zufall sein. Alles deutete darauf hin, dass Mr. und Mrs. Ericson wieder zusammengefunden hatten.
    Der Mann in Weiß gab sein Dasein als »Geist in der Maschine« kurz auf, um die Loge auf den Weg zu schicken. Dann kehrte er ins Rechenzentrum der Universität zurück. Dabei konnten ihn wie zuvor weder verschlossene Türen noch Mauern aufhalten. Wieder eins mit dem Datenstrom, formulierte er diverse falsche Meldungen und schickte sie an verschiedene Adressaten, um sie irrezuführen und abzulenken – damit seine Leute freie Bahn hatten und das hoffentlich letzte Schlachtfeld im Kampf um den Himmelsstein bereitet war …
    Was war das?, flackerte da ein gedankenhafter Impuls in ihm auf.
    Hoffentlich?
    War Hoffnung nicht auch eine Emotion?
    Aber der Impuls erlosch, als hätte eine fremde Hand einen Schalter umgelegt. Und in seinem holografischen Gehirn entstand ein Gedanke, der ihn von fern erreichte.
    Ein Fehler in deiner Matrix. Es wird Zeit, dich wieder zu rekonfigurieren. Komm zu mir.
    Der Mann in Weiß hörte und gehorchte.
    ***
    Über Südengland spannte sich

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