Die Daemonenseherin
Die Edinburgh Evening News vor drei Jahren
Grauenvolles Blutbad auf dem Leith Walk –
Bandenkrieg oder Verschwörung der Seher?
Leith – Vor dem Trinity House kam es gestern zu einem blutigen Zwischenfall mit 17 Toten – darunter 5 Polizisten. Augenzeugen berichten von zerfetzten Leibern, was Theorien nährt, wonach es eine Explosion gegeben haben könnte. Es konnten jedoch weder ein Knall noch Brandspuren am Tatort nachgewiesen werden oder Fensterscheiben sichergestellt, die unter einer eventuellen Druckwelle zu Bruch gegangen wären. Die Gerichtsmedizin war zu keiner Stellungnahme bereit und verwies an den Pressesprecher der Polizei.
Die offizielle Lesart der Polizei lautet: »In der Nacht vom 14. April war der Leith Walk Schauplatz eines brutalen Bandenkrieges. Bei dem Versuch, die Gewalt einzudämmen, kamen fünf verdienstvolle Kollegen zu Tode. Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten ihren Familien.«
Inoffiziellen Angaben zufolge soll es sich bei den übrigen Opfern jedoch nicht um Mitglieder einer Gang, sondern um Angehörige der Gemeinschaft der Seher gehandelt haben. Dies wirft ein neues Licht auf die Ereignisse, denn weitere Augenzeugen berichten, dass die Oberbekleidung der Seher aufgerissen war und den Blick auf den Rücken freigab, der aussah, als habe jemand versucht, ihnen das Rückgrat herauszureißen. Ein ungewöhnlich grausamer Tod, der an ein Opferritual erinnert und Spekulationen darüber aufwirft, ob es innerhalb der Gemeinschaft möglicherweise nicht doch einen geschlossenen Zirkel gibt, der nicht länger das Wohl unserer menschlichen Gesellschaft im Sinn hat.
Da bisher jedoch weder eine Beteiligung der Seher offiziell bestätigt wurde noch andere begründete Hinweise existieren, die darauf schließen lassen, dass innerhalb der Gemeinschaft gegensätzliche Strömungen am Werk sind, bleibt die weitere Entwicklung zunächst abzuwarten. Bis dahin gelten die Seher nach wie vor als akzeptierte Mitglieder unserer Gesellschaft, deren Dienste in der Verbrechensaufklärung von unschätzbarem Wert sind.
Die genauen Todesumstände der Opfer vom Leith Walk sowie der Auslöser für dieses erschreckende Massaker bleiben vorerst ungeklärt.
1
L ogan Drake stand im Schutz eines Felsens und beobachtete das Cottage durch das Zielfernrohr seines HK417. Seine Männer waren in den Hängen verborgen, die das einsame Haus umgaben, kauerten hinter bemoosten Felsen, im Schutz leuchtend gelber Ginstersträucher, oder hatten sich in die langen Schatten der Kiefern zurückgezogen und warteten darauf, loszuschlagen.
»Team in Position«, ertönte Steve Jones’ Stimme über das Intercom. »Wir haben sämtliche Zugänge im Visier. Verdammt, Logan, warum können wir den Laden nicht einfach stürmen?«
»Das weißt du so gut wie ich.« Logan konnte Jones’ Unruhe verstehen, doch bei diesem Einsatz würde es keine Gefangenen geben. Er hatte nicht vor, seine Männer in ein verwinkeltes Haus zu schicken, dessen Grundriss keiner von ihnen kannte. Nicht, wenn sie ebenso gut warten konnten, bis herauskam, was sich darin verkrochen hatte.
Dass sie überhaupt hier waren, verdankten sie einem Zufall. Logan hatte beschlossen, das milde Frühlingswetter zu nutzen, und war mit einem Teil seines Teams auf dem Weg zu einem Outdoor-Training in die Highlands gewesen. Sechs der elf Männer, die ihm unterstanden, hatte er nach Glasgow abkommandiert, nachdem die dortige Polizei die Hilfe der Behörde angefordert hatte, deshalb waren sie heute nur mit einem der gepanzerten Panther Jeeps unterwegs, statt wie gewohnt in einer kleinen Kolonne.
Logan hatte auf dem Beifahrersitz gesessen und war ein paar Berichte durchgegangen. Dem Geflachse seiner Jungs, die nichts Besseres zu tun hatten, als sich gegenseitig aufzuziehen, hatte er nur mit halbem Ohr zugehört.
»Nun seht euch die Scheißkarre an!«, rief Tyler Reese von der Rücksitzbank zu.
Logan sah auf. Vor ihnen fuhr ein verbeulter Toyota. Nicht ungewöhnlich genug, um seine Aufmerksamkeit lange von den Berichten abzulenken. Der Fahrer würde zur Seite fahren, um den Panther vorbeizulassen. Das taten sie alle. Der Anblick des gepanzerten Fahrzeugs, neben dem selbst ein amerikanischer Hummer klein wirkte, war einfach zu beeindruckend.
»Was macht der Idiot da?«
Einmal mehr ließen ihn Reese’ Worte aufsehen. Obwohl der Abstand immer geringer wurde, machte der Fahrer des Toyotas keine Anstalten, den Weg freizugeben.
Stattdessen trat er aufs Gaspedal.
»Heilige
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