081 - Lady Frankenstein
Nachmittag hatte die Herrin der Hazienda einigen Angestellten
freigegeben und sie aufgefordert, diese Zeit zu Besuchen in der Stadt oder bei
Bekannten in den nahegelegenen Pueblos zu nutzen.
Wenn sie
etwas Großes vorhatte, dann war es ihr am liebsten, allein im Haus zu sein.
Sorgen bereitete der Spanierin im Moment nur die
Tatsache, daß Maria-Rosa noch nicht zurückgekehrt war. Hatte sie einen Unfall
gehabt? Aber dann hätten Brent und Kunaritschew etwas bemerkt, als sie durch
die Dunkelheit ritten.
Maria-Rosa,
war wie vom Erdboden verschwunden. Die Reaktionen und die Handlungsweise ihrer
Adoptivtochter gaben der attraktiven Frau zu denken. Es war an der Zeit, mit
dem Mädchen ein ernstes Wort zu reden. Die Eskapaden, die sie sich in letzter
Zeit leistete, sprengten die Grenze, die Carmen Mojales gesetzt hatte.
Hatte sie
etwas bemerkt? War sie hinter das Geheimnis der Hazienda gekommen? Dann
allerdings war es höchste Zeit, etwas zu unternehmen. Der Gedanke an eine
solche Möglichkeit bedrückte Carmen Mojales . Doch sie
hatte jetzt andere Dinge im Kopf und durfte sich nicht ablenken lassen. Nach
langer Zeit riskierte sie wieder ein großes Experiment. Vor drei Monaten hatte
sie das letzte abgeschlossen. Und wie es schien, war dies mißlungen.
Während Iwan
Kunaritschew von ihr für die bevorstehende Operation vorbereitet wurde, mußte
sie an das denken, was Larry Brent ihr von dem unheimlichen Tiermörder erzählt
hatte.
Sie war überzeugt
davon, daß nur Marco hinter der Sache steckte.
Aus
Leichenteilen Verstorbener hatte sie in langen Monaten mit Hilfe medizinischer,
magischer und okkulter Werke ein Wesen zusammengeflickt, dessen Denken über ein
gewisses Maß nicht hinausgehen sollte.
In diesen
Kammern hier unten hatte Marco das Licht der Welt erblickt. Er war geschaffen
Worden, um der Menschheit ein Gegengewicht zu bieten, daß weniger
anspruchsvoll, weniger wirtschaftlich denkend, aber stark und widerstandsfähig
war wie einst die Urahnen, aus denen der heutige Mensch sich entwickelt hatte.
Der Homo sapiens von beute war zu einer Bedrohung für seine eigene Welt
geworden. Nie war die Hinterlassenschaft Victor von Frankensteins wichtiger
gewesen als heute. Erst mehr als ein Jahrhundert später kam das zum Tragen, was
Frankenstein schon zu seinen Lebzeiten wirklich gewollt hatte: einen perfekten
Menschen ins Leben zu stellen. Doch die Zeiten hatten sich gewandelt. Heute mu ß te dieser Mensch anders beschaffen
sein als damals zu Frankensteins Zeiten. Er mußte ein Zwischending sein von
Mensch und Tier. Nicht hochmütig, nicht nach Höherem strebend, keine ö konomischen Interessen haben. Er
mu ß te nur der » Selbsterhaltungstrieb kennen, Hunger
und Durst stillen wollen. Das war die Rettung f ü r die Erde.
Marco war so
geschaffen worden, daß er sich nur von dem, was um ihn lebte - Pflanzen oder
Tiere - zu ernähren hatte. Doch etwas funktionierte nicht hundertprozentig in
seinem Gehirn, und Carmen Mojales mußte zugeben, daß
sie seit dem Weggehen Marcos die Kontrolle über ihn verloren hatte.
Die Vorfälle,
die ihr Brent geschildert hatte, gaben ihr zu denken. Marco war doch mehr als
ein Wesen zwischen Mensch und Tier! Er hatte sich zu einem Monster entwickelt!
Die Frau
schnitt Kunaritschews Hemdsärmel mit einem scharfen Skalpell einfach ab. Die
muskulösen Arme des Russen lagen schwerfällig und reglos auf dem Rand des
Operationstisches.
In Carmen Mojales ’ Augen blitzte es auf.
Sie nahm
einen Schlauch aus einer Halterung, stach Kunaritschews Vene im linken Arm an
und setzte die Kanüle ein.
Dieser Mann
stand unter der Einwirkung einer hochwirksamen Droge, die erst abgebaut werden
mußte. Das Blut mußte einer Wäsche unterzogen werden, wie es bei
Schwernierenkranken der Fall war. Dann würde der Rest der Operation nur noch
ein Kinderspiel sein für Lady Frankenstein.
Miguel Estanbo würde enttäuscht sein. Dieser Körper war nicht für
ihn bestimmt. Die unheimliche Ärztin hatte es sich anders überlegt.
Marco
brauchte einen Gegenspieler, einen, der stärker war und dem Ebenbild des neuen
Menschen mehr entsprach als er.
Iwan
Kunaritschew brachte die Idealen körperlichen Voraussetzungen mit, um das
Monster auszurotten. Der Russe war als Supermensch Nummer Zwei von ihr
auserwählt worden.
●
Während
X-RAY-7 sich noch in tiefer Bewußtlosigkeit befand, wurde von Ramos und Carmen Mojales der betäubte Larry Brent aus dem Zimmer geholt und
ebenfalls ins geheime Labor
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