0816 - Die Schattenfrau
wenigen Gäste. Man musste ihnen den gleichen Komfort bieten, als wäre das Hotel ausgebucht, denn oft genug kam es den Urlaubern in den Sinn, auch des Nachts ein Bad zu nehmen. Die warme Luft lud geradezu dazu ein.
Ich blieb am Rand des kreisrunden Beckens stehen. Den Kopf hatte ich gesenkt, vor meinen Augen tanzten die Wellen, dadurch geriet der Lampenschein ebenfalls in Bewegung. Es sah aus, als wollte er vor mir davonlaufen.
Ich atmete tief durch.
Im Gegensatz zum Tag hatte sich die Luft schon abgekühlt. Die Hitze war vor allen Dingen in den Mittagsstunden kaum auszuhalten. Nun wehte eine kühlere Brise, und tief in der Wüste war es sicherlich so richtig kalt.
Ich war allein. Keine Schritte, keine Stimmen. Tierlaute erreichten mich wohl. Hin und wieder hörte ich auch ein leises Rascheln, wenn ein Tier durch das wenige Buschwerk huschte, um sich einen anderen Platz auszusuchen.
Auf der anderen Seite des Pools hatte man eine Liegewiese geschaffen. Die Urlauber konnten sich dort in den Schatten der Orangenbäume und Dattelpalmen niederlegen und die herrliche Ruhe genießen.
Ich war nicht als Urlauber gekommen, und mir gefiel die Stille auch nicht.
Sie war mir einfach zu tief und gleichzeitig auch etwas zu beängstigend und lauernd. Es konnte durchaus sein, dass irgendeine Gefahr in der Nähe lauerte, denn ich hatte schon mehr als einmal erlebt, dass eine derartige Stille brutal unterbrochen wurde. Auf der anderen Seite konnte der Tod auch lautlos kommen, dafür war der Mann vom Personal das beste Beispiel.
Ich hatte mir vorgenommen, den Pool zu umwandern und mich genau umzuschauen. Sollte sich nichts ereignen, wollte ich die Ecken und Winkel der Anlage durchstöbern. Ich wollte einfach nicht glauben, dass diese Zeo keine Spuren hinterlassen hatte.
Es kam alles anders.
Urplötzlich hörte ich das Plätschern. Mir kam es vor, als hätte jemand etwas ins Wasser geworfen. Einen Stein oder ein Stück Holz vielleicht.
Ich drehte mich um.
Und sah die Frau!
***
Sie schwamm im Pool und musste hinter meinem Rücken ins Wasser gestiegen sein. Ich wusste sofort, dass es nur Zeo sein konnte. Sie war nackt und lag auf dem Rücken. Nur ihr Gesicht ragte aus dem Wasser. Ihr Haar hatte sich um den Kopf herum wie ein weiches Vlies ausgebreitet, aber ich konnte nicht erkennen, welche Farbe es hatte. Mal schimmerte es dunkel, dann wieder hell. Das mochte an den Lichtreflexen liegen.
Sie lächelte mir zu.
Um besser sehen zu können, trat ich dicht an den Poolrand heran. Dort blieb ich stehen, legte die Hände auf meine Knie und lächelte zurück. Sie bewegte nur sehr leicht die Arme und Hände.
Mal blinzelte sie mit den Augen, mal blies sie Wassertropfen von der Lippe.
»Hallo…«
Sie hatte mich angesprochen, nicht umgekehrt. Demnach schien sie schon vor einigen Tausend Jahren emanzipiert gewesen zu sein.
Ich nickte zurück. »Gefällt es Ihnen hier im Pool?« Eine dumme Frage, etwas Besseres fiel mir jedoch nicht ein, zudem wollte ich mich nicht zu erkennen geben.
»Ja, es ist herrlich.«
»Das dachte ich mir.«
»Wollen Sie nicht zu mir kommen? Zu zweit ist das Baden lustiger.«
Ich verdrehte innerlich die Augen. Bei diesem Smalltalk kam ich mir vor wieein Darsteller in irgendeiner der zahlreichen Ami-Serien, die über die Mattscheiben flimmerten. »Nein, aber danke für das Angebot.«
»Warum kommen Sie nicht?«
»Ich fühle mich hier ganz wohl.«
Sie lachte. Ich sah ihre Zähne. Vampirhauer konnte ich bei ihr nicht entdecken. »Sie haben doch nur Angst.«
»Das nicht.«
»Dann kommen Sie.«
Ich wunderte mich darüber, dass sie mich in meiner Sprache angeredet hatte und auch dabei geblieben war. Vor fünftausend oder mehr Jahren konnte sie die bestimmt nicht erlernt. Da steckte schon mehr dahinter.
Der Klang ihrer Stimme war eine einzige Verlockung. Diese Person wusste genau, mit welchem Timbre sie sprechen musste, um Männer nervös zu machen. Aber auch durch ihre Bewegungen, denn sie drehte sich plötzlich auf den Bauch und präsentierte mir ihren beinahe perfekt gestylten Rücken. Mit träge wirkenden Kraulbewegungen schwamm sie von mir fort. Ihr Körper wirkte durchtrainiert.
Bevor sie den runden Beckenrand erreicht hatte, tauchte sie unter, drehte im Wasser eine Rolle, hatte wieder ihre ursprüngliche Richtung eingenommen und schwamm auf mich zu. Sehr langsam und mit den kreisenden Armbewegungen einer Brustschwimmerin.
Ich hatte gehofft, dass sie am Rand stoppen würde, doch den Gefallen tat
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