0817 - Luzifers Tränenbecher
kommen!«
»Wie gnädig.«
»Kommen Sie schon!« In der Stimme schwang eine gewisse Ungeduld mit.
Darüber ärgerte sich der Kommissar, gleichzeitig fragte er sich, wo die Frau genau stand, denn er hatte von ihr noch immer nichts gesehen.
Er bewegte sich mit steifen Schritten. Nur wenig später sah er eine offenstehende Tür, die in ein Büro führte. Der Kommissar musste sich auf dem Weg dorthin an zwei von der Decke herabhängenden Teppichen vorbeidrücken.
Eine Lampe stand auf einem schmalen Schreibtisch, hinter dem die Frau ihren Platz gefunden hatte. Eine Person, die im Licht saß und deshalb von Harry gut gesehen werden konnte.
Er war überrascht, und seine Gedanken rasten.
Sie wirkte wie ein Engel.
Ein glattes Gesicht, eine sehr glatte Haut. Dunkle Augen, ebenso dunkel wie das Haar. Es fiel glatt zu beiden Seiten des Kopfes bis auf die Schultern, die vom Stoff einer ebenfalls schwarzen Seidenbluse bedeckt waren. Sie war vorn ziemlich weit aufgeknöpft und zeigte viel von der dort ebenfalls glatten Haut.
Diese Person wirkte auf den Kommissar wie ein Mannequin oder wie eine der Lichtgestalten aus der Werbung, von der ein Mann nur träumen konnte.
Er blieb vor dem Schreibtisch stehen, nickte der Unbekannten zu und musste sich überwinden, die erste Frage zu stellen. »Wer sind Sie?« flüsterte er.
»Nennen Sie mich Isabell Munro.«
»Ist das alles?«
»Reicht es Ihnen nicht?«
»Nein, es reicht mir nicht«, erwiderte Harry Stahl. Er griff nach einem in der Nähe stehenden Stuhl, zog ihn an der Lehne zu sich heran und ließ sich darauf nieder. »Ich habe diesen Anbau betreten, weil ich davon ausgehe, dass er mit gestohlenen Gegenständen gefüllt ist.«
»Das mag sein.«
»Ich entdeckte zwei Männer, die ermordet wurden. Anschließend hörte ich Ihre Stimme, und jetzt sitze ich hier und frage mich, ob ich in die Augen einer Mörderin blicke, Frau Munro.«
Die Lippen zeigten ein dünnes Lächeln. »Warum fragen Sie das? Interessiert es Sie so sehr?«
»In der Tat.«
»Was ist der Grund?«
»Ich bin zufällig Polizist. Mein Name ist Harry Stahl, Kommissar Stahl, um genau zu sein.«
»Ach.« Mehr sagte sie zunächst nicht. Sie zeigte auch keine Überraschung, nur die Augenbrauen schoben sich etwas näher zusammen. »Darf ich den Grund erfahren, weshalb Sie dieses Lager betreten haben?«
In Harry stieg die Wut hoch. »Sind Sie so naiv oder tun Sie nur so, Frau Munro?«
»Warum?«
»Verdammt noch mal, all diese Gegenstände hinter mir sind gestohlen. Wir waren dieser verdammten Diebesmafia auf der Spur, und ich bin fest davon überzeugt, dass die beiden Toten zur Bande gehören.«
Isabell Munro hob die Schultern.
»Das kann ich weder bestreiten, noch kann ich Ihnen zustimmen.«
Harry ballte seine Hände zu Fäusten. Er kam sich an der Nase herumgeführt vor. »Soll ich Ihnen das tatsächlich glauben?«
»Warum nicht?«
»Warum nicht?« schrie er. »Warum nicht? Sie sitzen hier und tun so, als wäre nichts geschehen. Wollen Sie denn im Ernst behaupten, Sie wissen von den Leichen nichts?«
»Wenn es so wäre…«
»Würde ich Ihnen kein Wort glauben.«
Isabell Munro atmete tief ein und ließ dabei ein schweres Seufzen hören. »Es tut mir Leid für Sie, Kommissar, dass Sie im unrechten Augenblick gekommen sind. Diese Leichen sind wirklich nicht interessant. Die Männer hätten noch leben können, hätten sie sich an die Regeln gehalten. Nur haben sie das nicht.«
»An welche Regeln?«
»Sie haben sich um Dinge gekümmert, die sie nichts angehen. Sehen Sie, mich interessieren die Antiquitäten nicht. Diese Typen haben allerdings einen Fehler gemacht und sind dabei einer anderen Macht ins Gehege gekommen.«
»Die Sie höchstwahrscheinlich repräsentieren.«
»Auch das stimmt.«
»Welche ist das?«
Isabell Munro schüttelte den Kopf. »Sie würden es nicht verstehen, Kommissar, glauben Sie mir.«
»Halten Sie mich für so dumm?«
»Nein, auf keinen Fall.«
Die meint es ernst, dachte Harry, denn er entdeckte in ihren Augen keinen Spott. Die ist wahnsinnig oder eiskalt. Eventuell auch beides, das kann man nicht wissen. Überhaupt kam ihm diese Begegnung recht verrückt vor. Er saß im Hinterraum eines mit Diebesgut gefüllten Anbaus, unterhielt sich mit einer fremden Person, die höchstwahrscheinlich eine gefährliche Mörderin war, und nicht weit entfernt warteten die Männer der Sonderkommission auf ihren Einsatz.
Zudem passte dieser Raum nicht zum Lager. Bis auf den Schreibtisch,
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