0817 - Statthalter des Bösen
erstaunlich, daß Ihr winziges Gehirn manchmal Schlüsse produziert, die eigentlich echte Denkprozesse voraussetzen. Wir werden bald wissen, ob Ihr Schluß den Tatsachen entspricht oder nicht. Starten Sie endlich und schleichen Sie sich in diese verflixte Stadt, Captain Hainu!"
Wortlos schaltete ich mein Flugaggregat ein, hob ab und nahm, Kurs auf die Ansammlung von Lichtern, zwischen denen die Energiestraßen gleich grell leuchtenden wirren Fadengebilden standen.
Aber ich fand diesmal den Anblick nicht faszinierend, denn der sinnlose Tod zweier Raumfahrer lastete schwer auf mir, obwohl ich persönlich nicht dafür verantwortlich war.
Wie viele Gräber mochte die SOL noch auf fremden Planeten zurücklassen, bevor die wahnsinnige Jagd auf Kleine Majestäten endlich abgeblasen wurde ...?
3.
Als ich den Stadtrand erreichte, hatte ich mich halbwegs beruhigt.
Ich landete, schaltete mein Flugaggregat aus und sah mich aufmerksam um. Die auf Pfeilern, Stützen und Gittergerüsten ruhenden Bauwerke waren nur schwach erleuchtet. Ihr Licht ging auch nicht von Fensteröffnungen aus, die es offenbar nicht gab, sondern von schwebenden Leuchtkörpern unterschiedlicher Färbung und von den energetischen Bandstraßen, die zum Stadtrand hin allerdings spärlicher wurden.
Die Außenhüllen der über der Stadt schwebenden Gebäudeblasen leuchteten stärker, aber auch sie besaßen keine Fensteröffnungen. Auf den Bandstraßen herrschte trotz der vorgerückten Stunde noch reger Verkehr. Zahllose Varben waren unterwegs. Aus dieser Entfernung wirkte die Stadt wie ein beleuchteter Ameisenhaufen. Ich entdeckte allerdings nur wenige Gleiter.
Die nächtliche Aktivität der Varben irritierte mich etwas. Es war sicher, daß die Bewohner dieser Stadt die Explosion ebenso gehört und teilweise auch gesehen hatten wie Rorvic und ich. Auf jedem von Menschen besiedelten Planeten hätte dieser Zwischenfall Alarm ausgelöst. Die Bewohner wären in die Schutzräume gegangen und hätten die Aktivitäten den Streitkräften, der Miliz oder anderen Sicherheitsorganen überlassen.
Natürlich kannte ich den normalen, Ablauf des Lebens in varbischen Städten nicht. Deshalb konnte ich nicht mit Sicherheit behaupten, daß das Gewimmel auf den Bandstraßen daher rührte, daß die Bewohner den Zwischenfall ignorierten. Aber eigenartig kam es mir dennoch vor.
Ich seufzte.
Da stand ich nun auf einem fremden Planeten, allein und verlassen, und wußte nicht, wie ich es anfangen sollte, die Verhältnisse auszukundschaften und festzustellen ob sich die drei Solaner, die auf Wassytoir verschwunden waren, hier irgendwo aufhielten.
Unwillkürlich griff ich nach dem Brustverschluß meines Kampfanzugs, riß ihn auf und nahm die daumendicke, zirka sieben Zentimeter durchmessende Scheibe aus schwach rötlich leuchtendem Material in die Hand, die dort an einer halbdurchsichtigen hellgrünen Kette hing.
Es handelte sich um das Amulett, das der Junglehrer Sagullia Et auf dem Planeten Pröhndome gefunden hatte und das die Eigenschaft besaß, bei direktem Kontakt tödlich auf jeden Molekülverformer zu wirken.
Bei dem Gedanken an die Molekülverformer fragte ich mich, ob ich diesen seltsamen und überaus rätselhaften Lebewesen jemals wieder begegnen würde. Sie mußten weit verbreitet sein, denn Pröhndome und das Medaillon-System lagen in verschiedenen Galaxien, die durch unbekannte kosmische Weiten getrennt waren.
Allerdings waren seit dem Abflug der SOL auf dem Medaillon-System keine Molekülverformer wieder aufgetaucht, obwohl die SOL seitdem mehrere Sonnensysteme und Planeten besucht hatte. Dennoch war es mir gelungen, Sagullia zu überreden, mir sein Amulett noch für einige Zeit zu überlassen. Ich beabsichtigte, bei Gelegenheit einige Experimente damit durchzuführen, denn ich hatte bei Ausgrabungen auf dem Mars schon einmal so ein Amulett gesehen. Leider hatte man es gegen meine Proteste damals ins Kulturhistorische Museum von Terrania City gebracht, obwohl es eigentlich ins Museum von Marsport gehörte.
Bei meinem letzten Einsatz, der auf der verlassenen Erde stattgefunden hatte, war ich ebenfalls einem Molekülverformer begegnet. Ich hatte herausgefunden, daß diese Lebewesen keineswegs böse waren, obwohl sie für die Gegenseite, nämlich für CLERMAC, arbeiteten. Sie schienen nur nach anderen ethischen Maximen zu handeln als wir Menschen.
Ich stöhnte, als ein stechender Schmerz durch meinen Schädel fuhr. Gleich darauf glaubte ich ein
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