0818 - Sarkanas Erbe
werden, selbst für einen Vampir wie ihn. Natürlich hätte er ebenso gut planlos in diesem Irrgarten springen können, denn die Fähigkeit dazu besaß er. Doch wenn er finden wollte, was er suchte, dann musste er zumindest im Ansatz logisch vorgehen.
Sarkanas Refugium - erbaut von dem Vampirdämon, der sich zum Herrn über alle Vampire aufgeschwungen hatte. Von hier aus hatte er die Übernahme der Macht in den Schwefelklüften geplant. Die Vampire, das Nachtvolk - sie sollten den ersten Rang in der Höllenhierarchie übernehmen. Ihnen stand dieser Führungsanspruch zu. Nur ihnen! Sarkana formulierte diesen Anspruch laut.
Jeder konnte ihn hören, jeder sollte ihn hören!
Und dieses verwirrende Bauwerk, das in seinen Abmessungen jeder Logik widersprach, das sich ständig veränderte, ausdehnte und zusammenzog wie ein überdimensionaler Organismus, sollte Sarkanas Regierungszentrum werden.
Doch nun existierte der mächtige Dämon nicht mehr. Dalius Laertes war bei seinem Ende zugegen gewesen. Gerade noch rechtzeitig war er zu Zamorra und dessen Team gestoßen, um den entscheidenden Schlag gegen Sarkana mit durchführen zu können. Hier, in dem Refugium, hatte der Vampirdämon Laertes gefangen gehalten. Doch er hatte fliehen können.
Um welchen Preis…
Laertes blickte auf den Stumpf an seinem rechten Handgelenk. Er hatte sich selbst verstümmelt, als Sarkana ihn durch Magie an sein Gefängnis gefesselt hatte. Der Moment, in dem er mit seiner freien linken Hand den entscheidenden Schlag gegen sein eigenes Handgelenk geführt hatte, war für immer in sein Bewusstsein gemeißelt. Keine Sekunde war seither vergangen, in der sich Dalius Laertes von diesem Bild hatte trennen können.
Es nagte an ihm, fraß ihn langsam und stetig auf…
Das allein war der Grund für seine Rückkehr in Sarkanas Refugium. Nichts anderes hätte ihn dazu bewegen können, diesen Ort noch einmal zu betreten. Er suchte seine rechte Hand!
Um die Stille Kammer zu finden, in die Sarkana ihn eingekerkert hatte, benötigte Laertes einen Orientierungspunkt. Vom Thronsaal aus würde er sie finden. Daher hatte er sich mit einem Sprung in diesem Saal gebracht, in dem der Vampirdämon residiert hatte.
Gelandet war Dalius in einer vollkommen leeren Höhle. Der Thronsaal war verschwunden - oder er befand sich nicht mehr am alten Ort. Das ganze Labyrinth war im Wandel, denn nach der Vernichtung Sarkanas fehlte hier offenbar die Präsenz des Vampirdämons. Alles veränderte sich, erschuf sich ständig neu, um wieder zu zerfallen. Es war eine Art Ableger der Schwefelklüfte, der Hölle, die selbst ein sich unablässig veränderndes Gebilde war.
Laertes setzte seinen Weg fort. Der rechte Gang hatte ihn im Kreis geführt, also entschied er sich für den linken. Das Gefälle wurde mit jedem Schritt größer. Dalius hatte Mühe, einen einigermaßen normalen Schritt beizubehalten. Doch schon bald sah er vor sich ein Licht. Der Gang endete, kaum dass er richtig begonnen hatte. Mit der linken Hand an der Wandung bremste der hagere Vampir seinen Lauf, denn es ging hier nun wirklich steil abwärts. Dann hatte er den Ausgang erreicht.
Er stand im Thronsaal!
Und hier wurde ihm die Stille im Refugium richtig bewusst. Hier, wo ständig Sarkanas Diener und Sklaven, um ihren Herrn herumgekrochen waren, wirkte nun alles wie in einer uralten Gruft. Das Fehlen jeglicher Geräusche wirkte so unnatürlich. Laertes war versucht, laut zu schreien, nur um diese kranke Atmosphäre zu zerstören.
Er prägte sich den Raum und dessen momentane Lage intensiv ein. Vielleicht musste er ihn später durch einen Sprung erneut aufsuchen.
Langsam ging er auf den verwaisten Thron des Vampirdämons zu. Er kam ihm vor wie das Symbol einer gescheiterten Ideologie. Sarkanas Sinnen war auf Macht und Gewalt ausgerichtet gewesen. Laertes hatte stets dagegen gearbeitet. Er hatte sich nicht offen gegen den Dämon auflehnen können, also war er den Weg der kleinen Schritte gegangen. Es hatte sehr lange gedauert, bis der hagere Vampir eingesehen hatte, wie aussichtslos das war.
Erst dânn hatte er sich zum Kampf entschieden. Laertes Philosophie war das extreme Gegenteil von Sarkanas Ansätzen. Dalius träumte davon, dass sich die Vampire ihrer geistigen Fähigkeiten besannen. Es würde immer den Konflikt der Blutgier geben - Laertes machte sich da nichts vor. Doch irgendwo gab es auch immer den Ansatz zu einem Kompromiss, zu einer Art der Koexistenz. Laertes hatte sich geschworen, diesen Weg
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