082 - Die Zeit der Zwerge
Japaner Hideyoshi Hojo, Professor Burkhard Kramer, der Däne Abraham Flindt, Colonel Bixby, die Restaurateurin Ira Marginter und Tirsos Hauslehrer Virgil Fenton hatten sich zusammen mit Coco Zamis und Dorian Hunter bereits an der großen Tafel versammelt. Der langgestreckte Holztisch war bis auf eine silberne Schüssel mit einem Deckel leer.
„Was hat die Geheimnistuerei zu bedeuten, Dorian?“ erkundigte sich Fernel mit leichtem Spott. „Wollen wir einen Kriegsrat abhalten?"
„So ähnlich", sagte Dorian kühl. „Wir wollen etwas klären."
„Warum hast du Phillip nicht hinzugezogen?" erkundigten sich Hideyoshi Hojo. „Seine orakelhaften Aussprüche sind für mich jedesmal wieder ein Leckerbissen."
„Phillip wird seinen Auftritt noch haben", sagte Dorian und beobachtete dabei Fernel unauffällig. Guillaume Fernel, der angebliche Großmeister aus Paris, über den sie bis jetzt so gut wie nichts gewußt hatten, wurde sichtlich nervös, als Phillips Erscheinen in Aussicht gestellt wurde.
„Wollen wir die Angelegenheit nicht schnell hinter uns bringen?" fragte er. „Ich habe in meinem Laboratorium noch zu tun."
„Woran arbeitest du denn gerade?" fragte Dorian.
„Ein wichtiges Experiment."
„Willst du uns nicht verraten, um welches Experiment es sich da handelt?"
Fernel machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Nichts von Bedeutung."
„Vielleicht doch", sagte Dorian. „Ich habe euch nämlich hier versammelt, um zu klären, wer von uns die Gnome angestiftet hat, Don Chapman zu entführen."
Erregtes Stimmengemurmel wurde laut.
Dorian hob eine Hand, um sich Gehör zu verschaffen.
„Es besteht kein Zweifel, daß der Schuldige unter uns zu suchen ist", fuhr er mit Nachdruck fort. „Und er ist auch der Schöpfer der Homunkuliden. Denn nichts anderes als Retortenwesen sind Chapmans Entführer:' Dorian deutete auf die Silberschüssel. „Hier drinnen ist ein Wesen, das den Schöpfer der Homunkuliden kennt."
„Ist Chapman zurückgekehrt?" fragte Ira Marginter. „Ist Don da drinnen?"
Dorian gab keine Antwort. Als er den Deckel von der silbernen Schüssel abhob, hielten alle den Atem an; nur Fernel begann, unruhig zu werden.
Aus der Schüssel kam Dula hervor. Sie blickte sich suchend um, dann blieb ihr Blick auf Fernel heften, und ihre Hand wies auf ihn.
„Das ist der Mann", sagte sie laut genug, daß alle sie verstehen konnten. „Ich habe ihn im Baztan- Tal gesehen, als er mit den Homunkuliden sprach. Er hat ihnen auch den Weg nach Andorra gewiesen. Er ist ihr Schöpfer."
Fernel leckte sich über die Lippen. „Was bedeutet das? Ich meine, wessen soll ich angeklagt werden?"
„Hast du die Homunkuliden erschaffen, Gui?" fragte der Dämonenkiller.
„Und wenn? Das ist doch kein Verbrechen." Er blickte sich herausfordernd um. „Ja, ich kenne das Geheimnis des Lebens. Ich kann Leben erschaffen." Er warf Dorian einen spöttischen Blick zu. „Du bist wohl neidisch, weil mir etwas gelungen ist, was du jahrhundertelang vergeblich versucht hast." „Also gibst du zu, daß es deine Homunkuliden sind, die Castillo Basajaun überfielen und Don Chapman entführten", sagte Dorian. „Du hast Sie dazu angestiftet und auch Tirso dazu gebracht, die Dämonenbanner Zu entfernen."
In diesem Moment ging eine Tür auf, und der Zyklopenjunge trat ein.
Er hatte alles mitgehört und sagte: „Gui bat mich, die Dämonenbanner zu entfernen, weil sie auf sein Experiment mit Don einen schädlichen Einfluß hätten. Er sagte mir, daß er Don zu seiner ursprünglichen Größe zurückverhelfen wollte. Deshalb unterstützte ich ihn."
„Das stimmt", gab Fernel zu. „Na und?"
Eine zweite Tür ging auf - und Don Chapman betrat den Rittersaal. Die Anwesenden, die Chapman zuletzt als fußgroßen Puppenmann gesehen hatten, konnten es nicht fassen, daß er ihnen jetzt als großer Mensch gegenübertrat.
„Dein Experiment ist gelungen, Gui", sagte Chapman. „Willst du uns jetzt verraten, welchen Zweck du damit verfolgtest?"
„Ich wollte dir helfen, Don", versicherte Fernel. Er lachte gekünstelt. „Wie du siehst, hatte ich Erfolg. Warum siehst du mich so böse an? Du solltest mir dankbar sein."
„Das eben wollen wir herausbekommen, ob Don dir dankbar sein oder dir den Hals umdrehen sollte."
„Was soll der Unsinn?" rief Fernel.
„Nun, Chapman hat ein Gespräch zwischen dir und dem Anführer der Homunkuliden belauscht", erklärte Dorian. „Du sagtest zu dem Ratten-Gnom, daß auf Don ein Fluch liegen würde. Was
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