0823 - Monster-Engel
Beschwörungen gesprochen, er hatte die Texte mit einer wahren Inbrunst vorgelesen und hoffte nun, dass sich sein Inneres, seine Seele dem anderen gegenüber öffnen würde, denn auch in seiner Seele steckte ein Teil des mächtigen Engels.
Er würde zu den Engeln gelangen, aber nicht zu denen, die er als Kind so verehrt hatte.
Der Geistliche war von ihm erschlagen worden, und es hatte ihm damals nicht einmal Leid getan. Im Nachhinein war es für ihn ein Beweis dafür, dass das Böse auch in ihm steckte, denn ein guter Mensch hätte nach der Tat eine gewisse Reue empfunden.
Er nicht.
Er wollte mehr.
Er wollte Luzifer!
Und er versank in dieser Nacht. Sie war besonders düster und auch stürmisch, genau nach seinen Wünschen. Er wollte seinen Geist beleben.
Die Meditation tat ihm gut. Er fühlte sich so wunderbar leicht. Es gab für ihn keinen Körper mehr. Er hatte den Eindruck, durch seine Gestalt in das Innere sehen zu können, als suchte er die eigene Seele.
Meldete sich der große dunkle Engel?
Plötzlich – Falco wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war – spürte er etwas. Der Mann schrak nicht zusammen, er hatte sich gut unter Kontrolle.
Er wusste nicht, wer oder was sich da gemeldet hatte. Es war vor allen Dingen keine Stimme, sondern ein Etwas. Einen Namen konnte er dafür nicht finden, dafür erwischte ihn ein Hauch, vielleicht eine andere Seele.
Genau das war es.
Die Seele!
Die Kälte, der Hauch aus einer Welt, für die er keinen Namen hatte, die er auch nicht begriff.
Luzifer eben!
Für Falco gab es keine andere Lösung. Er hatte den Kontakt zu ihm gefunden, denn die Kälte war nicht von außen in seinen Körper geströmt, sie war von innen gekommen und hatte sich dort entwickeln können, bis sie in seinen Kopf gestiegen war und das Bewusstsein erreicht hatte.
Genau dort formulierte sie die Botschaft. Sie war einfach wunderbar, obwohl er keine Worte hörte, er war nur froh, dass er sie hatte empfangen können.
Der berühmte Silberstreif am Horizont hatte ihn getroffen, und nun wusste er, dass es weitergehen würde und musste.
Auf einmal kippte er zur Seite. Die andere Kraft hatte ihn verlassen, sie wollte einfach nicht mehr, und er blieb inmitten seiner Bücher liegen.
Falco schlief ein…
Am nächsten Tag erwachte er ziemlich spät, und die Erinnerung war sofort wieder da.
Er verzichtete auf den Freigang, räumte nur in seiner Zelle auf und lauerte auf die folgende Nacht.
Aber Luzifer ließ ihn schmoren.
In den folgenden Nächten bekam Falco keinen Kontakt zu ihm, doch das würde sich ändern, davon war er überzeugt.
Er irrte sich.
Wieder vergingen Wochen, und die Verzweiflung in ihm nahm zu. Er stand kurz davor, die Bücher zu zerreißen, die man ihm gebracht hatte, und nur mühsam hielt er sich zurück.
Bis zu der dunklen Nacht im Dezember, als er wieder vor seinem Bett saß und einen erneuten Versuch unternahm.
Da kam Luzifer zu ihm.
Plötzlich war die Kälte wieder da. So stark wie nie zuvor. Sie schaffte es, sein Inneres einzufrieren, und er hatte das Gefühl, von der anderen Macht beherrscht zu werden.
Er ließ sich gern beherrschen.
Luzifer wollte ihn!
Und Luzifer bewies ihm, wie sehr er mit seinem neuen Diener einverstanden war. Er zeigte ihm, mit welchen Kräften er ihn ausgestattet hatte, denn plötzlich löste sich der Mensch Falco Leeland vom Boden und schwebte langsam in die Höhe.
Er konnte es nicht glauben, sein Mund und auch die Augen öffneten sich weit vor Staunen, aber es war kein Irrtum. Er glitt tatsächlich der Zimmerdecke entgegen.
Er blieb dort, und die Kälte in seinem Innern veränderte sich. Sie teilte sich in Bahnen auf, die wie dünne Schläuche durch den Körper in Richtung Kopf liefen, um sich dort festzusetzen, denn diese Energie hatte sich tatsächlich verwandelt.
Sie war zu einer für ihn verständlichen Botschaft geworden. Eine Stimme in seinem Hirn.
Das war ER, das war das Böse, und Leeland wusste nun, dass er fast akzeptiert worden war.
Wer die Engel liebt, muss sich entscheiden, welcher Seite er dienen will. Hast du dich entschieden?
»Ja, ja! Für dich!«
Du willst mir dienen?
»Immer!« keuchte Leeland.
Das ist gut. Denn ich habe viele Feinde, und ich brauche Freunde, die auf meiner Seite stehen. Ich brauche Menschen, die hassen können, und ich habe gespürt, dass dein Hass sehr tief sitzt. Nicht nur gegen die Menschen, auch gegen die, zu denen du dich einmal stark hingezogen gefühlt hast, mein Freund.
»Ich will sie
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