084 - Machetta, Sumpfhexe vom Mississippi
Blitzbesuch bei dem mysteriösen Mr. Wilkinson
vorgesehen, und um die Mittagszeit wollte er sich dann mit Maria-Rosa zu einem
wahren lukullischen Festschmaus im Karachi treffen, um dort indisch zu essen.
Der Höhepunkt des heutigen Tages würde dann der Besuch des Amusement-Theaters
sein, in dem Larrys Schwester, Miriam Brent, in einer My Fair Lady-Parodie
auftrat, die in der New Yorker Presse Schlagzeilen machte.
Kritiker
lobten die Leistung des Ensembles. Miriam Brent nahm dabei einen bevorzugten Platz
ein. Sie spielte die Rolle der Pygmalion, des armen Blumenmädchen Eliza
Doolittle, die zu Geld und Ansehen kam, weil sie nicht, wie im Original, einen
englischen Sprachprofessor kennenlernte, sondern einen reichen Zuhälter, der
ein Eros-Center eröffnete und nur Damen der ersten Gesellschaft für Kongresse,
Ministertagungen und dergleichen zur Unterhaltung anbot.
Larry Brent
fuhr in die Christopher Street. Im Haus Nummer 28 sollte Perry Wilkinson den
Angaben in seinem Ausweis entsprechend wohnen.
Doch diesen
Gefallen tat er Larry nicht.
Er lebte
nicht dort. Nicht mehr, wie Larry Brent von einer alten Bewohnerin des Hauses erfuhr,
die hier bereits ihre Kindheit verbracht hatte.
Mrs.
Wilkinson sei ausgezogen. Das sei schon acht Jahre her. Bis zu diesem Zeitpunkt
habe sie auf die Rückkehr ihres Mannes gewartet. Die alte Hausbewohnerin schien
über die Familienverhältnisse der Wilkinsons recht gut Bescheid zu wissen. Ihr
war bekannt, daß sich Perry Wilkinson ein Leben lang mit der Erforschung und
Praktizierung übernatürlicher Kräfte befaßt habe. Eines Tages sei er einfach
verschwunden gewesen. Auch seine Frau hätte nicht zu sagen gewußt, wohin er
gegangen war.
Noch volle
zwölf Jahre lebte sie hier, dann starb ihre Schwester. Eine kleine Erbschaft ermöglichte
es ihr daraufhin, diese unwohnliche, triste Gegend in Greenwich Village zu
verlassen und eine bessere Wohnung in einem neuen Hochhaus zu beziehen.
Die
Umzugsgeschichte interessierte X-RAY-3 überhaupt nicht. Da er jedoch ein
höflicher Mensch war, hörte er sie sich an.
»Und Sie
wissen nicht, ob und wann Mr. Wilkinson zurückgekommen ist?« fragte er schnell,
als die Alte endlich mal Luft schnappte und eine Pause einlegte.
»Keine
Ahnung, Mister.«
Larry ließ
sich vorsichtshalber die neue Adresse geben. Dabei stellte sich heraus, daß das
Hochhaus, in dem Mrs. Wilkinson jetzt wohnte, gar nicht so weit von der
hiesigen Stelle entfernt lag.
In einem
sanierten Altstadtgebiet waren vor Jahren unbewohnbare Gebäude in der
Vestry-Street abgerissen und neue Hochhausbauten errichtet worden.
Larry fuhr
dorthin. Es dauerte nicht mal fünf Minuten.
Er parkte
seinen Wagen vor dem Haus Nr. 61. In der obersten Etage lebte laut Namensschild
die Gesuchte.
Larry Brent
hätte es sich einfacher machen und den Ausweis im nächsten Polizeirevier
abliefern können. Das hätte ihm die ganze Lauferei erspart. Aber er sah dies
nicht als Einsatz an. Er wollte dem Mann gegenüberstehen, der den Zusammenprall
mit dem Auto schadlos überstanden und nicht mal ein Interesse gehabt hatte, den
Taxifahrer, der nicht aufmerksam genug gefahren war, zur Rede zu stellen.
Da war doch
irgend etwas faul!
Kein normaler
Mensch verhielt sich so.
Larry ging
auf die Haustür zu, als sich ein Mann von einem mausgrauen Pontiac löste, eine dicke
Vertretertasche in der Hand.
Er hatte ein
angenehmes Äußeres, ein Reklamelächeln, wie man es von Zahnpastaanzeigen auf
Riesenwerbeplakaten her kannte und roch nach einem Eau de Cologne, das in Jacks
illustrer Tanzbar, wo nur Männer verkehrten, kleine Freudenschreie ausgelöst
hätte.
Noch ehe
Larry an der Tür war, hatte der Vertreter bereits einen Klingelknopf gedrückt.
Eine zarte,
weibliche Stimme meldete sich aus dem Lautsprecher der Sprechanlage.
»Wer ist da?«
»Mr. Anders,
junge Frau«, sagte Poul Anders ebenso sanft. Und es fiel ihm nicht mal schwer.
Mit einer lässigen Bewegung fuhr er sich über sein dichtes, offenkundig
superblond gebleichtes Haar. »Sie hatten um meinen Besuch gebeten. Ich komme von Thurnton and Thurnton, Friends of Books and Records-Fans,
werte Dame.«
»Ah, ja
richtig. Einen Moment bitte.«
Der Türöffner
summte. Poul Anders drückte gegen das große Glasportal und trat ein. Larry schloß
sich an. Die beiden Männer warteten vor dem Lift.
Der Zufall
wollte es, daß sie in dasselbe, nämlich das elfte, Stockwerk fuhren.
Poul Anders
strahlte den Agenten mit seinem Reklamelächeln an. »Sie sind
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