084 - Stoßtrupp ins Niemandsland
habe sie ausgezogen und weggeworfen. Vrago sagt, wir brauchen sie nicht.«
»Is mir egal, was der Alte sagt. Wir wern diesen Ort jetzt verlassen.«
In einem Reflex zog Honeybutt die Hand zurück, die ihm das Fleisch hingestreckt hatte. Ihre Züge erstarrten.
»Nein«, sagte sie schlicht.
»Was?«
»Ich will nicht, dass wir fahren. Noch nicht.«
»Aber gestern hasde gesagt…«
»Gestern war gestern«, sagte Honeybutt wieder. »Heute ist ein neuer Tag. Wir werden noch ein wenig bleiben.«
»Wern wir nich«, hielt Pieroo dagegen und baute sich drohend vor der jungen Frau auf, die sich von ihm jedoch nicht einschüchtern ließ.
»Was ist hier los?« Aiko kam auf sie zu.
»Es ist Pieroo«, seufzte Honeybutt. »Er will nicht einsehen, dass wir noch länger bleiben müssen.«
»Nein«, sagte Pieroo störrisch. »Sag’s ihr, Aiko. Wir wern aufbrechen, nich wahr?«
»Nun ja…«
»Aiko!«
»Weißt du, Pieroo, eigentlich besteht kein Grund zur Eile. Ich meine, an diesem Ort sind wir sicher, oder nicht? Es gibt hier alles, was wir brauchen, und ein paar Tage Ruhe würden uns allen sicher gut tun. Auch dir, Pieroo.«
»Blödsinn. Was ich brauch, krieg ich nur innem Bunker.«
»Natürlich«, versicherte Honeybutt. »Mach dir keine Sorgen. Aber Aiko hat Recht. In ein paar Tagen sieht alles anders aus.«
»Ich will nich länger hier bleiben«, sagte Pieroo noch einmal.
»Dieser Ort is nich gut.«
»Du bist erschöpft«, hielt Honeybutt dagegen. »Du bist schwach und hast Fieber. Das kommt, weil du nichts isst. Du musst dich ausruhen, Pieroo.«
»Sie hat Recht«, pflichtete Aiko ihr bei. »Außerdem könnten wir ohnehin nicht aufbrechen. Der Motor des Dingi muss dringend gewartet werden und…«
Den Rest von dem, was der Cyborg sagte, hörte Pieroo schon nicht mehr. Schnaubend vor Wut und Enttäuschung hatte er sich abgewandt und stampfte zum Rand des Lagers, wo schon wieder gefangene Radzins in ihren Kisten rumpelten.
Er wusste nicht, was in seine Freunde gefahren war. Er wollte nicht an diesem Ort bleiben. Seine Instinkte, die das Leben in der freien Natur geschult hatte, warnten ihn davor.
Doch so, wie es aussah, würde ihm wohl nichts anderes übrig bleiben als zu warten.
Verärgert wandte er sich um, blickte Honeybutt und Aiko hinterher, die zurück zur Hütte gingen.
Und dabei fiel ihm auf, dass auch Aiko keine Schuhe mehr trug.
***
Der ARET machte gute Fahrt. Mit knapp sechzig Kilometern pro Stunde wälzte sich der Forschungspanzer durch die sanfte Hügellandschaft, immer gefolgt von der breiten Staubwolke am Horizont. Mr. Black am Steuer umfuhr weiträumig die dunklen Stellen im Gräsermeer, die auf besonders viel Feuchtigkeit hinwiesen.
Rulfan hatte sich auf eine der Mannschaftsliegen zurückgezogen. Die anderen hatten erst nicht glauben können, dass er bei dem ständigen Rütteln des Panzers in unebenem Gelände überhaupt ein Auge zumachen konnte, aber er schlief tatsächlich tief und fest.
Auch sein Lupa Wulf hatte es sich im hinteren Teil des ARET gemütlich gemacht und verdöste dort fast den ganzen Tag. Die beiden waren offensichtlich Schlimmeres gewöhnt.
Aruula war dagegen hellwach. Sie konnte die Präsenz der Mutanten fühlen. Es waren viele, sehr viele, und sie trachteten der Besatzung des ARET nach dem Leben.
Die Barbarin machte sich keine Illusionen darüber, dass sie alle sterben würden, wenn es den Mutanten gelang, zu ihnen aufzuschließen. Zwar kam der ARET gut voran, doch ihre Verfolger würden nicht aufgeben - getrieben vom Hass der Daa’muren. Und das nur, weil Maddrax zufällig eins ihrer Eier zertreten hatte.
Doch im Augenblick beunruhigte Aruula mehr das, was sie vor sich spürte. Die Vision, die sie gehabt, das Auge, das sie gesehen hatte…
Es war nur für einen kurzen Augenblick da gewesen, um gleich darauf wieder wie hinter einem nebligen Schleier zu verschwinden.
Was hatte es zu bedeuten?
Aruula wusste, dass viele Visionen, die sie in der Vergangenheit gehabt hatte, schon bald darauf zu sehr konkreten Bedrohungen geworden waren. Aber was mochte jenes Auge zu bedeuten haben, das sie für einen Moment angestarrt hatte, um dann sofort wieder zu verblassen?
Die Barbarin wusste sich keinen Reim darauf zu machen, aber sie beschloss, wachsam zu bleiben.
Irgend etwas war dort draußen, dessen war sie sich sicher.
Etwas Fremdes, Bedrohliches.
Und sie hoffte, dass Aiko, Honeybutt und Pieroo ihm nicht begegnet waren…
***
Den ganzen Tag über waren sie in der
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