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0841 - Der gläserne Tod

0841 - Der gläserne Tod

Titel: 0841 - Der gläserne Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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Gedanken! Sie hatte eine Aufgabe zu erfüllen. Ihr Ziel lag vor ihr, nicht hinter ihr.
    Ihr Atem ging flach, die lange Zunge ragte aus dem Mund und hing schlaff herab. Doch es gab bereits Linderung. Die Schuppen nahmen die Feuchtigkeit der Nacht auf.
    Erleichtert erkannte Shira, dass die Schuppen ihre alte Geschmeidigkeit zurückgewannen. Sie erfüllten wieder ihre Funktion, den Körper vor äußeren Einflüssen zu schützen. Augenblicklich ging es ihr besser. Hitze und Kälte glichen sich in ihr aus, eine angenehme Körpertemperatur entstand. Shiras Herzschlag normalisierte sich.
    Ebenso wenig wie für die Hitze des Tages war ihre Rasse für die frostigen Temperaturen der Nacht geeignet, die weit unterhalb des Punktes lagen, an dem das Wasser des Großen Sees erstarrte. Aber die Staublinge konnten mit der Kälte besser umgehen als mit der Wüstenhitze. Lieber kalt und feucht als heiß und trocken , lautete nicht umsonst das alte Sprichwort.
    Shira konzentrierte sich auf das Ziel ihrer Suche.
    Sie wusste nicht genau, wo die heiße Quelle lag, aus der seinerzeit der Held gekommen war und durch die er ihre Welt auch wieder verlassen hatte. Es hieß, sie läge »jenseits der Wüste«. Da seit langer Zeit kein Staubling mehr in die Wüste vorgedrungen war, war diese Angabe so gut wie wertlos. Kein Lebender konnte irgendetwas über die Zustände dort berichten.
    Viele bezweifelten sogar, dass es hinter der Wüste noch irgendetwas geben sollte als das Ende der Welt. Hinter vorgehaltener Hand wurden Geschichten von einem ewigen Abgrund oder von lodernder Tiefenglut erzählt.
    Shira vertraute darauf, dass sie die Quelle finden würde - weil sie dazu auserwählt war. Das glaubte sie mit unerschütterlicher Gewissheit. Es war kein Zufall, dass gerade heute die schreckliche Bedrohung ihres Volkes wieder wütete.
    Der gläserne Tod.
    Die alten Schriften wussten davon zu berichten, dass er schon einmal die Staublinge heimgesucht und Hunderte von ihnen gemeuchelt hatte. Bis der Held kam und sie rettete.
    Doch die Ignoranten in der Kolonie hatten Shira ausgelacht! Niemand hatte ihrem verwegenen Plan, die Quelle zu suchen und Kontakt mit Professor-zamorra aufzunehmen, Verständnis entgegengebracht. Keine einzige ihrer Schwestern hatte sie unterstützt. Niemand war bereit gewesen, mit ihr in die Wüste zu gehen.
    Umso fester glaubte Shira deshalb, dass sie dazu auserwählt war, die heiße Quelle zu finden. Denn wer eine höhere Mission zu erfüllen hatte, musste immer mit Widerstand rechnen. Sie würde ihre Welt durch die Quelle verlassen, um den Helden zu Hilfe zu rufen. Auf dass Professorzamorra den gläsernen Tod zum zweiten Mal in die Schranken wies und das Volk der Staublinge erneut befreite!
    Die Feuchtigkeit der Nacht hatte Shiras Schuppen inzwischen gesättigt.
    Jetzt gaben sie das so dringend benötigte Wasser ins Innere ihres Körpers weiter. Das brennende Durstgefühl in Mund und Kehle verschwand innerhalb weniger Augenblicke. Bis sie wieder feste Nahrung zu sich nehmen musste, konnten noch mehr als sechsmal sechs Sonnenumläufe vergehen.
    Shira beschloss, noch einige Zeit weiterzulaufen und sich dann in den Boden einzugraben, um etwas zu schlafen. Die Ruhe würde ihr gut tun und neue Kräfte in ihr wecken.
    Am Himmel glitzerten Sterne. Die beiden Monde spendeten fahles, geisterhaftes Licht. Shira konnte fast so gut sehen wie am Tag.
    Als ihre Kräfte aufgebraucht waren, scharrte sie mit allen sechs Pranken gleichzeitig. Es dauerte nicht lange, bis nur noch der Kopf aus der Erde ragte. Die Restwärme des Sandes sorgte für eine behagliche Umgebungstemperatur.
    Mit den Gedanken an ihre heilige Mission erfüllt, schlief Shira ein. »Hilf mir, die Quelle zu finden, Professorzamorra«, bat sie mit ihren letzten klaren Gedanken. »Hilf mir, dich zu finden, du Held meiner Mütter.«
    ***
    Gefahr!
    Shira schlug blitzartig die Augen auf und grub sich noch tiefer ein, sodass nur die Augen und ein winziger Teil des Kopfes sichtbar blieben.
    Hoffentlich war sie noch nicht entdeckt worden. Da die Augen weit außen am Schädel saßen, konnte Shira ohne jede Bewegung nahezu alles rundum in den Blick nehmen; es gab nur einen winzigen toten Winkel.
    Nichts… sie entdeckte nichts. Aber irgendetwas musste da sein! Irgendetwas hatte sie im Unterbewusstsein auf eine Gefahr aufmerksam gemacht, sodass sie aus dem Schlaf aufgeschreckt war. Sie verhielt sich still und wartete ab.
    Vibrationen im Sand! Jemand oder etwas näherte sich.
    Ganz

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