0841 - Der gläserne Tod
Stern in ihrer Hand. Falls Zamorra auf diese Weise von Dämonen attackiert wurde, konnte sie mit Hilfe der Silberscheibe Gegenmaßnahmen einleiten. Noch wartete sie ab, was geschah. Von selbst wurde das Amulett nur in den seltensten Fällen tätig.
Wir müssen uns treffen! Sofort!
»Werbist du?« Zamorra versuchte die Worte nicht nur auszusprechen, sondern gleichzeitig intensiv zu denken. Gedankliche Kommunikation war für ihn nichts völlig Neues, aber doch ungewohnt. Er hätte die Botschaft nicht verbal formulieren müssen, aber so fiel ihm die Konzentration leichter. Er konnte nur hoffen, dass der Unbekannte, der sich auf derart brutale Weise meldete, ihn hören konnte. »Du bereitest mir Schmerzen.«
Schmerzen? Ich entschuldige mich.
Augenblicklich ließ die mentale Wucht nach, und kurz darauf verflüchtigten sich auch die hämmernden Kopfschmerzen.
»Wer bist du?«
Wir müssen uns treffen!
»Wo?«
Ich bin hier.
Zamorras Blick huschte unwillkürlich zur Tür des Hotelzimmers, in dem er mit Nicole eine ruhige Nacht hatte verbringen wollen. Sie hatten die Stadtbibliothek in Paris besucht, um dort in alten Manuskripten Nachforschungen anzustellen. Der Bestand an alten magisch-okkulten Schriften war größer, als der normale Besucher ahnte.
Genau hier , bestätigte die gedankliche Stimme. In der nächsten Sekunde klopfte es. Ich wollte meinen Besuch lediglich ankündigen, um dich nicht zu überraschen.
Dennoch war dein Auftritt nicht gerade dezent, wer immer du auch sein magst, dachte der Parapsychologe grimmig. Er schwang die Beine aus dem Bett, schlüpfte in seine Kleidung und bedeutete Nicole, sich ebenfalls anzuziehen. In erstaunlicher Geschwindigkeit waren sie zumindest notdürftig angekleidet.
»Was geht hier vor?«, flüsterte Nicole.
»Das werden wir bald wissen.«
»Dämonen?«
»Ich glaube nicht. Es wäre untypisch. Außerdem sind wir gewappnet.« Er deutete auf Merlins Stern, den Nicole nach wie vor in der rechten Hand hielt.
Wieder klopfte es.
Zamorra atmete tief durch und öffnete die Tür.
***
Die Beine des Wüstensprinters bewegten sich irrsinnig schnell.
Shira nahm nur noch einen huschenden Wirbel war - und die riesige Kreatur stand direkt vor ihr.
Gestank nach Fäulnis und-Verwesung ging von ihr aus. »Was bist du?« Die Stimme knarrte, als rieben alte, morsche Steine gegeneinander. Die beiden vorderen Extremitäten scharrten im Sand, der fette Leib wand sich, eine dicke Ader pulsierte unter dem Maul.
»Shira!«, antwortete sie. »Ich bin Shira!«
»Was ist Shira?«
»Ich bin ein Staubling!«
Die Beine des Wüstensprinters streckten sich, hoben den Zentralleib höher. Dann sprang die Kreatur in einem grotesken Satz nach hinten. »Sch-sch-stau-uubling?«, dehnte sie. »Staublinge existieren nicht.«
»Ich bin hier, oder etwa nicht?«, rief Shira mit wachsendem Selbstbewusstsein. »Du siehst mich, also existiere ich.« Sie rief sich in Erinnerung, wie ihre Kolonie über die Wüstensprinter dachte. Offenbar schien es umgekehrt ähnlich zu sein. »Unter Deinesgleichen heißt es, wir Staublinge seien nur eine Legende?«
»Früher, heißt es in alten Geschichten, haben wir Staublinge gefressen! Doch keiner glaubt mehr daran.« Die Kreatur senkte ihren schwarzen Leib herab. Bedrohlich kam sie auf Shira zu. »Es gibt keine wie dich.« Wieder mahlten die Knochenplatten in dem abstoßenden Maul.
Shiras Angst wich kalter Wut. So groß der Wüstensprinter war, so dumm schien er auch zu sein. »Dann glaube ruhig, dass ich nur ein Traum bin.«
»Traum? Was ist das, ein Traum?«
Shira streckte die vorderen Tatzen ihrem Gegenüber entgegen. »Vergiss es. Wo finde ich die heiße Quelle?« Sie erwartete nicht wirklich eine Auskunft und war deshalb umso überraschter, als der Wüstensprinter mit seiner knarrenden Reibeisenstimme antwortete.
»Ich führe dich!«
Shira atmete erleichtert auf. Sie hatte großes Glück gehabt.
Dachte sie…
***
»Du?«, stieß Professor Zamorra hervor.
»Hattest du jemand anderen erwartet?«
»Es blieb nicht genügend Zeit, mir Gedanken zu machen, wer auf diese nicht besonders zurückhaltende Art und Weise Kontakt suchen könnte.« Zamorra trat zurück und ließ den Gast ein. Dabei wandte er sich um und suchte Blickkontakt zu Nicole Duval.
Deren Augen weiteten sich, die Mundwinkel zuckten. »Es ist schön, dich zu sehen.«
Der Parapsychologe hörte ihr an, dass sie selbst nicht wirklich von dem überzeugt war, was sie sagte. Und tatsächlich: Waren
Weitere Kostenlose Bücher