0842 - Teufels-Schönheit
Finger- und Fußspitzen erreichte.
Ein wohliger Schauer durchflutete Della. Gleichzeitig bemerkte sie das leichte Brennen in ihrem Gesicht, denn genau daran hatte sie sich immer gestört. Es war ihr einfach zu häßlich gewesen, im Gegensatz zu ihrem Körper. Den hätte sie selbst als Kritikerin beinahe als perfekt angesehen, nur das Gesicht war eben der Schandfleck gewesen, und den wollte sie mit Romanows Hilfe tilgen.
Es würde ihr gelingen, es konnte nicht anders sein. Dieser Mensch war perfekt, er war wunderbar, und er würde das Wissen um diese Perfektion nicht für sich behalten.
Ich werde schön!
Dieser Gedanke schoß Della Streep als letzter durch den Kopf, bevor sie einfach wegtauchte…
***
Irgendwann erwachte sie!
Es war ein Erwachen, mit dem sie zunächst nicht zurechtkam. Sie bewegte zwar ihre Arme, und die Hände glitten über ein Tuch hinweg, aber sie spürte sofort, daß es nicht ihr Bett war, in dem sie lag, denn das ihrige war härter.
Man wußte sie woanders hingelegt haben. Auf eine Couch oder auf ein fremdes Bett.
Und sie lag wieder auf dem Rücken.
Sie konnte atmen, sie konnte sich bewegen. Jemand hatte sogar eine dicke Decke über sie gelegt, damit sie nicht fror. Das alles war okay, im Gegensatz zu der Dunkelheit, die Della wie ein dichter Schwamm umgab. Nichts war zu sehen, nicht mal die berühmte Hand vor ihren Augen, und allmählich kroch die Furcht in ihr hoch.
Es war für sie keine Furcht vor einem bestimmten Gegenstand, sondern die Furcht vor der Situation an sich. Della fühlte sich so schrecklich allein, niemand war bei ihr, sie lag in der Schwärze, ohne zu wissen, wohin man sie geschafft hatte.
Zum Glück funktionierte ihr Gehirn. Sie dachte nach, und sie schaffte es auch, die Ereignisse der letzten Vergangenheit noch einmal Revue passieren zu lassen.
Ihr fiel alles wieder ein, und zwei Dinge kristallisierten sich besonders stark hervor.
Einmal der Mann namens Romanow. Zum anderen der rote Tropfen, den er ihr zum Mund geführt hatte. Beide standen mit ihr in einem direkten Zusammenhang, und sie wußte auch, wo sie ihn einordnen konnte. Es ging um die Veränderung ihres Gesichts, um die klare Schönheit, die für Della so ungemein wichtig war.
Ein Zucken ihrer rechten Hand zeigte an, daß in ihr eine Idee aufgeflammt war, doch sie schaffte es noch nicht, diese Idee in die Tat umzusetzen. Etwas hemmte sie. Vielleicht wollte sie auch gewisse Dinge nicht wahrhaben, aber die Idee blieb.
Sie verstärkte sich.
Dann war es soweit.
Nach einem schweren Seufzer gelang es der Hand, die Hand und auch den Arm anzuheben. Im Dunkeln bewegte sie ihn auf ihren Kopf zu, denn sie mußte einfach nachfassen und tasten. Es gab für sie keine andere Möglichkeit. Wenn ein Erfolg da war, dann zeichnete er sich augenscheinlich in ihrem Gesicht ab.
Obwohl Della ihre Finger nicht sah, spürte sie deren Zittern. Die innere Spannung übertrug sich auch auf die Hand. Sie stellte sich ihr Gesicht vor, wie sie es kannte. Sie schaute dabei in einen imaginären Spiegel hinein, der Druck in ihrem Innern verstärkte sich, die Nervosität nahm zu, die Fingerspitzen befanden sich nur mehr eine Idee von ihrem Gesicht entfernt.
Dann faßte sie hin.
Es war der erste Kontakt, den sie hatte, und dieser ließ sie zusammenzucken. Della kannte ihre Haut, sie wußte, wie glatt oder wie wenig glatt sie war, doch beim ersten Tasten tat ihr Herz einen Sprung.
Es hatte sich etwas verändert!
Della lag starr. Sie überlegte. Sie wollte und konnte es nicht wahrhaben. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken, aber es gelang ihr nicht, sie zu ordnen.
Ihre Hand bewegte sich jetzt schneller. Die Finger tasteten das Gesicht ab. Fühlten sich die Wangen nicht viel straffer an? Sie waren nicht mehr so eingefallen, und auch die Falten auf der Stirn waren so gut wie verschwunden.
Zuletzt tastete sie nach ihrer Nase!
Es war ihr großes Problem gewesen. Die alte Form schwebte noch genau in ihrer Erinnerung. Viel zu lang und etwas nach unten gebogen. So durfte die Nase einer Frau nicht aussehen.
Sah sie noch so aus?
Della kam nicht mehr dazu, dies nachzuprüfen, denn plötzlich erhellte sich ein Teil des Raumes. Sie hatte zuvor nichts gesehen, da war aus ihrer Sicht heraus keine Tür geöffnet worden, und auch das Licht hatte sie überrascht.
Sie schaute nach vorn.
Soeben kriegte sie noch mit, wie eine Tür geschlossen wurde und eine Hand sich zurückzog.
Ihr Blick aber fiel nach rechts, wo ein großer Barockspiegel hing,
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