Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Landy, Derek - Tanith Low - Die ruchlosen Sieben

Landy, Derek - Tanith Low - Die ruchlosen Sieben

Titel: Landy, Derek - Tanith Low - Die ruchlosen Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Landy
Vom Netzwerk:
 
EINS
     
     
    Sie hatte es für eine geniale Idee gehalten, sich in ihrer alten Wohnung in London zu verstecken. Nur ein Idiot würde zu einer bekannten Adresse zurückkehren, hatte sie überlegt. Und da sie kein Idiot war, konnte man logischerweise daraus folgern, dass es ihnen nie in den Sinn käme, dort nach ihr zu suchen. Die Tatsache, dass sie dennoch auf der Lauer gelegen hatten, empfand sie als massive Beleidigung.
    Tanith sprintete übers Dach, rannte durch eine Pfütze so groß wie ein See und stieß sich von der Dachkante ab. Die Gasse flog unter ihr vorbei, und die Nachtluft trieb ihr das Wasser in die Augen. Sie krachte gegen das Gebäude auf der anderen Straßenseite und hing dort erst einmal einen Moment lang. Dann stemmte sie die Füße gegen die Backsteinmauer und rannte an der Seitenwand weiter. Als eine Reihe Fenster im Weg war, übersprang sie eines nach dem anderen, flitzte noch um die Ecke und kauerte sich dort zum Atemholen hin.
    Sie hatte nicht gesehen, wie Sanguin entkommen war, aber wahrscheinlich war er einfach im Fußboden versunken und hatte sich davongegraben. Es war allerdings auch gut möglich, dass sie ihn geschnappt hatten, bevor er sich wegstehlen konnte. Dann war er jetzt tot. Jemanden wie Billy-Ray Sanguin sperrte man nicht ein, das war klar. Schließlich konnte er aus jeder Zelle fliehen und sich aus jeder Art von Fesselung befreien. So jemanden brachte man um, wenn sich einem die Gelegenheit bot. Tanith hoffte, dass er noch lebte. Sie hatte noch Verwendung für ihn.
    Sie kroch wieder ein Stück zurück und spähte um die Ecke. Auf den Dächern war niemand mehr zu sehen. Ihre Verfolger hatte sie abgehängt. Sie lockerte den Griff um ihr Schwert und spürte wieder das vertraute und beruhigende Gewicht der Klinge auf ihrem Rücken. Sie ging aus der Hocke und hing jetzt wieder waagerecht an der Wand. Das blonde Haar fiel ihr vor das Gesicht, als sie auf die unten vorbeifahrenden Autos schaute. Das Sicherste wäre, hinunterzugehen auf die Straße, ein Taxi anzuhalten oder die U-Bahn zu nehmen. Doch in beiden Fällen müsste sie ihr Schwert zurücklassen. Ihr Mantel lag immer noch in ihrem Apartment. Sie liebte diesen Mantel. Er verdeckte das Schwert. Sie liebte ihren Mantel, aber noch mehr liebte sie ihr Schwert. Und das konnte sie so wenig zurücklassen wie jede andere Frau ihren Arm.
    Also drehte sie sich um, ging an der Wand nach oben, vergewisserte sich, dass auf dem Dach niemand auf sie wartete, und kletterte hinauf. Falls der arme Billy-Ray tot war, musste sie sich nach einem Ersatz umsehen. Das würde nicht einfach werden. Er war ein voll funktionsfähiger Soziopath und somit für alle möglichen Spaße zu gebrauchen. Und sie hatte einen Plan. Um diesen Plan erfolgreich in die Tat umsetzen zu können, brauchte sie ihn. Der Plan war gut. Raffiniert. Sie war stolz darauf und freute sich auf die Umsetzung. Hoffentlich war Sanguin nicht tot.
    Tanith hielt inne. Auf dem Haus gegenüber stand ein Mann. Er war ganz in Grau gekleidet, trug einen Helm mit Visier und hielt eine Sense in den Händen. Noch hatte er sie nicht gesehen. Sie machte einen Schritt nach hinten, begann zu laufen und nahm aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr.
    Noch ein Sensenträger. Die Klinge seiner Sense war über dem Feuer geschwärzt worden, damit sie im Licht der Straßenlaternen nicht aufblitzte.
    Tanith warf sich nach hinten und spürte den Luftzug, als die Klinge an ihrem Hals vorbeizischte. Der Sensenträger landete und griff erneut an. Sie machte eine Rolle rückwärts, stand wieder auf und zog ihr Schwert. Den nächsten Hieb parierend trat sie nach ihm, doch er wich aus und drehte dabei die Sense um. Der lange Griff traf sie am Kopf. Tanith stolperte, fluchte und schwang wild ihr Schwert, um den Angreifer auf Abstand zu halten. Jetzt donnerte der Sensengriff auf ihr Knie, sie heulte auf und schaffte es gerade noch, den nächsten Hieb abzuwehren, der sonst ihren hübschen Kopf von ihrem hübschen Körper getrennt hätte.
    Der andere Sensenträger setzte mit angezogenen Beinen zum Sprung über die Lücke zwischen den Gebäuden an. In diesem Moment wäre Tanith gern eine Elementezauberin gewesen. Dann hätte sie ihn mit einem Windstoß zurücktreiben können, und er wäre in den Tod gestürzt. Aber sie war nun mal keine, und er landete, und prompt hatte sie es mit zwei Sensenträgern zu tun.
    Früher einmal hatten sie auf derselben Seite gekämpft, aber das war noch zu einer Zeit gewesen, als noch

Weitere Kostenlose Bücher