0843 - Jagdgebiet Hölle
Gedächtnisverlust? Das erscheint mir irgendwie seltsam. Und: Wie bitte hätte er mit besagtem Gedächtnisverlust zur Erde zurückfinden sollen? Schließlich muss er sich sein Ziel bildlich und sehr konkret vorstellen, um von den Blumen transportiert zu werden. Dazu kommt, dass er nicht in seinem Einsatzoverall zurückgekommen ist, sondern in diesem seltsamen, weißen Anzug. Schreckliches Ding übrigens. Aber woher hat er es? Nun ja, das sind exakt die Fragen, die wir zu klären haben. Es passt noch längst nicht alles zusammen. Aber du batest mich um ein vorstellbares Szenario und das habe ich dir geliefert. Eine Arbeitshypothese, wenn du so willst.«
»Danke. Und trotzdem halte ich von seinem Überleben weitaus weniger als von der Möglichkeit, dass uns die Ewigen hier einen Spion unterschieben wollen. Darauf deutet dieser angebliche Gedächtnisverlust hin. Ein Fremder kennt das Beziehungsgeflecht, in das Zamorra eingebunden war, nicht bis ins letzte Detail. Er muss es erst durch vorsichtiges Nachfragen erkunden.«
»Ja. Für einen Spion würde auch die Tatsache sprechen, dass Zamorra ausgerechnet zu einem Zeitpunkt wieder auftaucht, an dem wir unsere Wunderwaffe gegen das Sternenschiff der Dynastie entwickelt haben. Andererseits sind die Ewigen nach unserem Kenntnisstand noch weit davon entfernt, derart perfekte Klone schaffen zu können. Aber das sagte ich ja, glaube ich, bereits. Was sollen wir also tun? Ihn eliminieren und damit ein potenzielles Risiko von vorneherein ausschalten?«
»Untersteh dich, meine Liebe.« Fleming grinste schief. »Wenigstens vorerst. Wenn er tatsächlich ein Klon der Ewigen ist, müssen wir ihn auf frischer Tat ertappen, da unsere Messmethoden anscheinend versagen. Und dann müssen wir herausfinden, wie sie das bewerkstelligt haben. Nein, lassen wir den angeblichen Zamorra erstmal machen. Ich habe da so eine Idee…«
***
Zähneknirschend nahm es Zamorra hin, dass er die Regenbogenblumen im Moment nicht benutzen konnte. Er protestierte nicht, um die Wogen nicht noch weiter aufzuwühlen.
Der Professor ging ins Château hoch. Er begegnete einigen Wächtern und Exekutoren, die sich in den Gängen herumdrückten, aber keinem der Château-Bewohner, die er von der Erde her kannte.
Was war Château Montagne in dieser Welt?
Zamorra traf Nicole Duval im Kaminzimmer. Ein gemütliches Feuer knisterte im offenen Kamin und verbreitete angenehme Wärme. Nicole hatte ihre Uniform abgelegt und sich stattdessen einen Bademantel aus dunkelblauem Satin umgehängt. Eine Perücke aus dichtem, lockigem Blondhaar umschmeichelte ihr glühendes Gesicht. Verführerisch lächelnd trat sie dem Professor entgegen. Dem wurde der Hals ein wenig eng. Bei jedem Schritt klaffte Nicoles Mantel auf und gab atemberaubende Einblicke frei. Darunter trug sie nämlich - nichts.
»Chéri«, flüsterte sie und die goldenen Pünktchen in ihren Pupillen schienen noch intensiver zu leuchten als sonst. »Ich freue mich so unglaublich, dass du wieder hier bist. Ich würde dir gerne so viel sagen, aber momentan ist jedes Wort überflüssig. Lieb mich einfach, Chéri, lieb mich die ganze Nacht.«
Nicole trat dicht vor ihn hin. Sie duftete nach Badezusatz und einem fruchtigen Parfüm.
»Öhm«, entfuhr es dem Professor, der nicht die geringste Lust verspürte, diese Frau zu lieben. Und schon gar nicht die ganze Nacht. Sie war eben nicht seine Nici.
Er versteifte, als er ihre Lippen auf seinen spürte, als sie ihren festen Körper an ihn drängte und gleichzeitig den Morgenmantel über ihre Schultern gleiten ließ. Einen winzigen Moment lang ließ er sich dazu hinreißen, seine Hände auf ihren Hintern zu legen, dann nahm er sie weg, als hätte er sich daran verbrannt.
Fast rüde schob er sie von sich. Nicole starrte ihn schwer atmend an. »Chéri, was ist los mit dir?«, fragte sie leise. »Ist… ist es wegen Morano?«
»Ja«, nahm Zamorra blitzschnell den ihm zugespielten Ball auf. »Ich dachte, es würde mir nichts ausmachen. Aber… aber jetzt merke ich, dass dem nicht so ist. Es tut weh, auch wenn ich dich verstehe. Gib mir bitte noch ein kleines bisschen Zeit, Nici.« Er senkte schuldbewusst den Kopf.
Sie nickte, nahm den Morgenmantel vom Boden auf und zog ihn sich über. Tiefe Traurigkeit prägte ihre Züge. »Dein Wiederauftauchen ist für uns alle schwer, Chéri. Aber ich bin mir sicher, dass wir uns wieder aneinandergewöhnen werden. Ich verspreche dir, Morano nie mehr wieder privat zu sehen. Würde dir das
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