0843 - Jagdgebiet Hölle
bist Exekutorin, Nici«, wagte Zamorra einen vorsichtigen Vorstoß. »Kannst du überhaupt an einem Seelenkommando-Einsatz teilnehmen?«
»Natürlich. Ich quittiere meinen Job als Exekutorin wieder. Ich habe ihn doch bloß aus lauter Kummer angenommen und weil ich mich an den verdammten Dämonen für deinen Tod rächen wollte, an jedem Einzelnen von ihnen.«
»Wie lieb von dir. Ich verstehe. Aber eines will mir nicht in den Kopf: Wie ist es möglich, dämonische Seelenenergie zu verarbeiten? Das muss ein hochkomplexer magischer Vorgang sein, oder?«
Nicole nickte und sah sich unwillkürlich um. »Wir wissen es nicht, das erledigt DIE MACHT für uns.«
»DIE MACHT? Wer ist das?«
»Niemand weiß es. Aber es ist nicht gut, über DIE MACHT zu sprechen. Es könnte gefährlich sein. Wechseln wir also das Thema. Bitte, Chéri.«
Zamorra gab nach. Er stellte das Thema DIE MACHT also vorerst zurück. Da war noch etwas anderes, das ihn interessierte. »Als wir uns wieder trafen, erwähntest du einen Film, der über meinen Tod existiert. In den Nachrichten war er ja leider nicht zu sehen. Könntest du ihn mir bitte vorführen? Ich bin schrecklich neugierig. Vielleicht verstehe ich ja danach besser, was mit mir passiert ist.«
Nicole zögerte. »Ich weiß nicht, ob das eine der sieben besten Ideen weltweit ist«, sagte sie. »Die Bilder sind so… grausam.«
»Ich werde schon nicht daran zerbrechen«, wischte Zamorra ihre Bedenken beiseite. »Oder bin ich als Sensibelchen verschrien?«
Nicole willigte schließlich ein. Sie erklommen den Nordturm und standen gleich darauf in Zamorras Arbeitszimmer. Dem Professor fiel auf, dass es das Zauberzimmer in dieser Welt anscheinend nicht gab. Statt einer Tür an der richtigen Stelle existierte nur Mauerwerk.
Der Professor machte es sich hinter dem Arbeitstisch an einem der drei Terminals bequem, während Nicole die entsprechende Videodatei suchte.
Eine Minute später flimmerten die ersten Filmsequenzen über den Bildschirm.
***
Zwei große, schwarze Körper flogen durch die Nacht. Sie orientierten sich am mäandernden Band der Loire, das im Licht des Dreiviertelmondes silbern schimmerte. Menschen, die die beiden direkt vor der fast vollen Mondscheibe fliegen sahen, wurden unwillkürlich an zwei riesige Fledermäuse erinnert.
Château Montagne kam in Sicht. Groß und düster thronte das Schloss auf einem Hügel, ein mächtiger, schwarzer Schattenriss, in dem die vier beleuchteten Fenster winzig und verloren wirkten.
Ein ganzes Stück vor dem Château drehten die beiden Schattengleichen ab und gingen in den Sinkflug über. Ihr Ziel war das kleine Dorf am Fuße des Schlosshügels. Dort, im Wirtshaus »Zum Teufel«, herrschte wie immer ziemlich viel Betrieb. Die Wächter des Châteaus nutzten jede Gelegenheit zur fröhlichen Zecherei. Wenn's sein musste, auch die ganze Nacht durch. Mostache, der Wirt, blieb keine Wahl. Ein einziges Mal hatte er sich erdreistet, sein Gasthaus vorzeitig zu schließen und dafür die Tracht Prügel seines Lebens kassiert. Mit seiner eigenen Bratpfanne! Seither war er auf Kurs. Denn auch sein beabsichtigtes Auswandern nach Australien konnten die Wächter erfolgreich unterbinden.
Die beiden Unheimlichen wussten all dies. Ungesehen landeten sie in den langen Schatten, die die Bäume hinter der Dorfschmiede warfen. Im Schutz eines dicken Stammes transformierten sie ihre Körper. Sie nahmen langsam menschliche Gestalt an, aus den Fledermausköpfen formten sich zwei kalkweiße, grausam wirkende und doch schöne Männergesichter. Die langen Fangzähne bildeten sich zurück, verschwanden schließlich ganz hinter den blutleeren Lippen.
Die beiden Vampire, nackt, wie der Teufel sie geschaffen hatte, sahen sich an. Lautlos huschten sie zum Gasthaus hinüber. Im Schutze des alten Schuppens warteten sie. Die erste Gruppe, die laut grölend aus der knarrenden Eingangstür trat, ließen sie ziehen, da es sich um drei Männer handelte. Auch die zweite durfte ungehindert in ein Auto steigen und wegfahren. Danach trat der Dorfgeistliche seinen Heimweg an. Er hieß Pater Ralph, aber ihn hätten die Blutsauger ohnehin nicht angegriffen. Sie wussten, wie wehrhaft er sein konnte.
Geduldig warteten die Kinder der Nacht, auch wenn ihnen die Zeit unter den Nägeln brannte. Schließlich schwankten zwei große Männer in Wächteruniform aus der Tür.
Blitzschnell standen die Vampire neben ihnen.
»Jean-Luc«, schnaufte der eine, »ich glaube, heute«, er stieß laut
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