0848 - Die letzte Bastion
Sie sich um mich und mein Seelenleben keine Sorge. Ich finde mich mit ärgeren Dingen ab als dem Mangel an Dankbarkeit."
*
Zwei Tage später war das Fahrzeug angeliefert worden - eine Space-Jet, die so aussah, als sei sie von zwei Dutzend Raumschlachten gebeutelt worden. Ihre Bewaffnung war dahin.
Sie taugte zu wenig mehr als zum Fliegen. Immerhin aber war sie linearflugtauglich.
Hotrenor-Taak hatte sich an Bord eingerichtet. Er unterzog das Fahrzeug einer eingehenden Prüfung.
Dann programmierte er einen der stationär eingebauten Meßroboter um, so daß er sich mit ihm unterhalten konnte, und nannte ihn Messerschmidt.
Er gestand sich ein, daß er den Robot deswegen herrichtete, weil er jemand brauchte, mit dem er Worte austauschen konnte, ohne aus dem Tonfall seines Gesprächspartners Widerwillen, Haß, Verachtung oder Abscheu heraushören zu müssen.
Schließlich war er von Simula aufgebrochen. Er durfte das Solsystem nicht direkt anfliegen. Denn in dem Augenblick, in dem er aus der letzten Linearetappe auftauchte, würde man von Titan aus meßtechnisch bestimmen können, aus welcher Richtung er gekommen war.
Der Kurs, den die Überschweren von der Stahlfestung aus ermittelten, mußte ein unverdächtiger sein.
Während des Fluges hatte er Zeit, über sich und seine Lage nachzudenken. Seine Frage an den Roboter, was die Gäaner über seine Beweggründe dachten, war nur zum Teil eitles Geschwätz gewesen.
Er war sicher, daß sie sich über ihn den Kopf zerbrachen. Zur gleichen Zeit aber fragte er sich selbst, was seine Motive seien.
Er hatte keine. Keines - außer diesem uralten Drang, der jede Kreatur bewegt: zu überleben.
Er wollte sich weder bei den Gäanern anbiedern, noch hatte er sich Ziele des eigenen Interesses gesteckt. Er wollte Zeit gewinnen.
Er wußte nicht, wie die Lage sich entwickeln würde. Solange er das nicht wußte, wollte er keine verbindliche Entscheidung treffen.
Er hatte sich angeboten, die Fahrt nach Titan zu unternehmen, weil er tätig werden wollte. Der Auftrag, den er übernommen hatte, war nicht frei von Risiken, aber er war ziemlich sicher, daß es ihm nicht ans Leben gehen werde.
Es sah an der Anzeige des Fahrtmessers, daß die letzte Linearetappe sich dem Ende näherte.
Er setzte sich zurecht und sah auf den großen Bildschirm, bis das konturlose Grau des Linearraums verschwand und dem stellaren Lichtermeer des Einstein-Kontinuums Raum machte.
Unmittelbar voraus entdeckte er einen leuchtstarken, gelblichen Lichtfleck: Sol, die Sonne der Terraner.
Währenddessen verarbeitete der Bordrechner selbsttätig die Anzeigen der Masseorter und bestimmte die Position der Planeten. Er ermittelte die beringte Welt Saturn, von deren Monden Titan einer war, in einem Abstand von vierzig Lichtminuten.
Hotrenor-Taak ging auf Kurs. Die Space-Jet drang für kurze Zeit in den Bereich relativistischer Geschwindigkeiten vor.
Als sie sich Saturn bis auf fünf Lichtminuten genähert hatten und die schmale Sichel des beringten Planeten deutlich im Meer der Sterne zu erkennen war, setzte der Lare den Hyperkom in Betrieb. Es handelte sich um ein kleines Gerät, das eine Reichweite von nicht mehr als ein paar Lichtstunden hatte.
Hotrenor-Taak meldete sich mit dem Alarmkode der larischen Invasionsflotte. Er erhielt sofort Antwort, allerdings ohne Bildbegleitung.
„Es wird Zeit, daß du dich meldest, mein Freund", knurrte eine bärbeißige Stimme auf Interkosmo.
„Noch ein paar Sekunden länger, und unsere Geschütze hätten eine Staubwolke aus dir gemacht."
„Schwatz nicht!" bellte der Lare. „Gib mir Mimikar!"
Der Überschwere am anderen Ende schien guter Laune.
„Oho, da hat's einer ganz besonders eilig!" lachte er. „Wer bist du denn, Wurm, daß du nur mit dem Kommandeur persönlich verhandeln willst?"
„Bevor ich dir antworte", sagte Hotrenor-Taak, „nenne mir erst deinen Namen!"
„Ich bin der Wachhabende Offizier", lautete die Antwort, aber die Stimme des Überschweren klang längst nicht mehr so selbstbewußt wie zuvor. „Man nennt mich Kartholan."
„Gut, Kartholan", gab der Lare bissig zurück. „Ich werde mit dir sprechen, wenn ich auf der Titan gelandet bin. „Jetzt gib mir deinen Kommandanten! Hier spricht Hotrenor-Taak, der Verkünder der Hetosonen!"
Im Empfänger war es einige Zeit ruhig. Es vergingen fast zwei Minuten, bis Mimikar sich meldete.
Hotrenor-Taak erkannte ihn sofort an seiner ungewöhnlich hohen Stimme.
„Bist du es wirklich, Herr?"
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