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0858 - Missgeburt

0858 - Missgeburt

Titel: 0858 - Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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forderte Zamorra. »Du musst uns retten. Uns alle!«
    »Zu… spät…«
    Hinter sich hörte Zamorra ein schreckliches Knacken. Es krachte, und der erste Flügel des Skeletts brach ab. Die Knochen zerbröselten noch in der Luft.
    Der zweite Flügel erlitt dasselbe Schicksal.
    Das gewaltige Maul brüllte, als die Beinknochen brachen. Der Leib stürzte, zerfetzte in schierer Gewalt die Außenwand der Halle.
    Metall schrie, Trümmer rasten durch den Raum.
    Dann brach die Wirbelsäule an einem Dutzend Stellen. Der Schädel explodierte.
    Als sich das Chaos legte, taumelte Nicole über die Knochenbruchstücke, die den Boden bedeckten. »Das war's«, brachte sie hervor, hob den Dhyarra auf und fiel in Ohnmacht.
    ***
    Zamorra eilte zu Nicole und stellte schnell fest, dass sie keinen ernsthaften Schaden erlitten hatte.
    An ihrer Stirn prangte eine gewaltige Beule; der Schlag auf den Kopf hatte letztendlich wohl auch zu der Ohnmacht geführt. Ihr Pulsschlag ging jedoch stark und regelmäßig.
    Der Meister des Übersinnlichen hob seine Geliebte auf die Arme und trug sie an die Stelle, an der den Zwitter sein grausiges Schicksal ereilt hatte. Dort legte er sie ab und wandte sich an den Sterbenden.
    In diesen Sekunden vergaß er alles, was der Zwitter ihm angetan hatte. Er sah wieder Andrew Millings vor sich.
    Seinen Freund Andrew, der in diesen Augenblicken endgültig starb.
    Und das hieß, dass er einem grausigen Schicksal in der Hölle der Unsterblichen entgegensah. Oder? War der Zwitter so sehr eine andere Person, dass Torre Gerret und Andrew Millings faktisch nicht mehr existierten? Waren sie nicht mehr die Aus erwählten, für die schon Käfige in den verkrüppelten Bäumen auf der unendlichen Ebene bereitstanden?
    »Ich bin nicht mehr Andrew Millings«, sagte der Zwitter.
    »Was…«
    Er kam nicht dazu, die Frage zu Ende zu stellen. Der Zwitter unterbrach ihn. »Ich danke dir, Zamorra. Du hast versucht, mich zu retten.«
    »Gibt es irgendetwas, das ich für dich tun kann?« Einen Augenblick lang kochte die alte Wut in ihm hoch. Wut auf das perfide Gesetz, das für die Auserwählten die Hölle der Unsterblichen vorsah.
    Ein Gesetz, dem letzten Endes offenbar niemand umgehen konnte. Oder doch? Hatte Zamorra selbst es umgangen, als er an der Quelle des Lebens die Hüterin ausgetrickst und keine Schuld auf sich geladen hatte, seinen Konkurrenten Torre Gerret nicht getötet hatte?
    Er wusste es nicht, und es gab wohl nur eine Möglichkeit, es zu erfahren. Eine äußerst makabre Möglichkeit, an die er gar nicht denken wollte. Nicht jetzt, wo Tod und Sterben ohnehin allgegenwärtig waren. Der Diana-Zombie. Johannes. Und nun auch noch der Zwitter.
    Dieser hob mühsam die rechte Hand. Von der Hüfte abwärts steckte er in dem Kokon aus wieder erhärtetem Metall, der ihn gnadenlos umschloss und ihm mörderische Verbrennungen zugefügt haben musste.
    Brust und Gesicht wiesen schreckliche Wunden auf; der Feuerblitz hatte ihn brutal verstümmelt. Es war ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte.
    Ein Wunder?
    Oder Ergebnis seiner Magie, die ihm nun das Leben um einige Minuten verlängerte? Einige entsetzliche Minuten, während derer mörderische Schmerzen durch seinen Körper jagen mussten.
    »Du hast getan, was du konntest«, sagte der Zwitter. Er verdrehte plötzlich die Augen und stöhnte markerschütternd.
    Zamorra legte ihm die Hand auf die Schulter. Offenbar war es nun so weit.
    »Nicht… ich sterbe«, presste der Zwitter heraus. »Nur ein Teil von mir… der schwächste Teil.«, »Torre Gerret?«, fragte der Dämonenjäger.
    Ein leichtes Nicken. »Ehe… es geschieht, will ich…« Er führte diesen Satz nie zu Ende. Sein Kopf fiel zurück, der Mund öffnete sich.
    Etwas quoll daraus hervor, eine diffuse, ektoplasmische Erscheinung. Grünes Wabern ohne Kontur.
    Unvermittelt dröhnte satanisches Lachen hinter Zamorra auf.
    Der Meister des Übersinnlichen wirbelte herum.
    Unwillkürlich ging er in Abwehrhaltung. Er erkannte einen seiner schlimmsten Feinde und ahnte, woher das riesige, mordende Skelett so plötzlich gekommen war, als die Situation ohnehin eskaliert war.
    »Ruhig, Zamorra!« Lucifuge Rof ocales Stimme klang wie entsetzliches Brausen.
    »In dieser Stunde meines Triumphes ist nicht die Zeit für einen Kampf. Er wird kommen, vielleicht schon bald… Aber nicht jetzt! Ich bin hier, weil ich begangenes Unrecht wiedergutmachen musste.«
    »Unrecht wiedergutmachen?«, spuckte Zamorra aus. »Du?«
    Der Erzdämon lachte.

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