0858 - Missgeburt
Johannes gefangen und hatte ihm deutlich gemacht, dass er sterben musste, um seinem Entführer das Leben zu erhalten. Das war nicht mehr und nicht weniger als eine klare Todesdrohung; der Zwitter beabsichtigte zweifelsfrei, ihn eiskalt umzubringen.
Also handelte Johannes in Notwehr, wenn er sich mit Lucifuge Rofocale verbündete. Dass dabei ein nicht geringer Vorteil heraussprang, stand auf einem ganz anderen Blatt.
Der Herr der Hölle der Unsterblichen hatte versprochen, Johannes von seiner Liste zu streichen. Nach Johannes' Tod würde Lucifuge Rofocale ihn nicht abholen, um das vorbestimmte Schicksal zu erfüllen und ihn ewiger Pein entgegenzutragen.
Zumindest wenn er Wort hielt. Es hatte keine Möglichkeit gegeben, den Pakt durch verschiedene Rituale rechtskräftig zu besiegeln. Johannes konnte nur vertrauen… welche Ironie. Einem Erzdämon Vertrauen entgegenzubringen, war wahrlich ein von vornherein verlorenes Unterfangen.
Doch darum konnte er sich später kümmern.
Zunächst kam es nur darauf an, dieser Situation zu entkommen. Und dabei konnte der Dämon unschätzbare Hilfe leisten.
Johannes' Gedanken blieben bei dem Zwitter hängen. In der kurzen Zeit, die er bei Professor Zamorra in Château Montagne verbracht hatte, hatte er den Werdegang und die Entstehungsgeschichte dieses unfassbaren Wesens erfahren.
Mit Torre Gerret hatte Johannes keinerlei Mitleid - er hatte versagt und war gestorben; er darbte zurecht in der Unsterblichenhölle. Dass er daraus entkommen war, war Unrecht - und bewirkte nur Probleme.
Das Langka war Johannes fremd; er konnte es nicht einschätzen.
Nur mit Andrew Millings als einem Teil des Zwitters hatte Johannes Mitleid. Deshalb plante er, den Willen des Ministerpräsidenten Satans zwar zu erfüllen, ihn aber andererseits auch zu hintergehen.
Er musste an zwei Fronten kämpfen. Nicht nur den Zwitter austricksen, sondern auch den Erzdämon.
Kein einfaches Unterfangen, aber durchaus machbar, da war sich der Unsterbliche sicher.
Aber zunächst hieß es abwarten.
Bis der Zwitter ihn aus der Zelle holte und wohin auch immer brachte, um das Experiment durchzuführen, war er zur Untätigkeit verdammt.
Das Warten zehrte an seinen Nerven. Er saß auf dem Boden, lehnte mit dem Rücken gegen die triste Metallwand. Kälte drang durch seine Kleidung.
Er überlegte gerade, ob er wieder in eine irreale Gedankenwelt fliehen sollte, um seiner Seele Zuflucht zu verschaffen, als der Zwitter vor ihm auftauchte.
»Es ist so weit«, kam der Neuankömmling direkt zur Sache.
Johannes stand auf. Er zeigte keine Furcht. »Ich bin bereit. Alles ist besser, als hier zu sitzen und abzuwarten.«
Der Zwitter nickte. Äußerlich war er kein nennenswerter Gegner. Ausgemergelt und abgemagert, mehr noch als bei ihrer letzten Begegnung.
Er war hin und wieder in der Zelle aufgetaucht, um ihn mit grundlegenden Nahrungsmitteln und frischem Wasser zu versorgen. »Es wird dich freuen zu hören, dass ich nicht mehr gezwungen bin, dich zu töten.«
Johannes stutzte. »Was… was meinst du damit?«
»Ist es nicht eindeutig? Du wirst leben, Johannes.«
»Du schenkst mir die Freiheit?«
»So weit sind wir noch nicht. Ich benötige dich nach wie vor, aber nur für eine ungefährliche Vorstufe des Experiments. Das eigentliche Versuchsobjekt wird jemand anderes sein.«
»Jemand anderes? Du sagtest mir, es gäbe niemand anderes, der meine Funktion erfüllen könnte. Nur…«
»Richtig«, unterbrach der Zwitter, berührte Johannes und teleportierte mit ihm.
Am Ziel angekommen, erkannte Johannes sofort denjenigen, an den er gedacht hatte - Professor Zamorra, den Parapsychologen und Dämonenjäger.
Er sollte an Johannes' Stelle treten und sterben?
Das durfte er nicht zulassen! Zamorra hatte ihn aus der Gefangenschaft bei Kelvo gerettet. Johannes empfand dem Meister des Übersinnlichen gegenüber tiefe Dankbarkeit. Er schuldete ihm etwas. Das alles hieß nichts anderes, als dass Johannes' Plan gewaltig durcheinandergeraten war. Ebenso wie der Lucifuge Rofocales.
Zamorra stellte eine Größe dar, die keiner von ihnen mit einberechnet hatte. Die Karten waren neu gemischt - der Ausgang völlig offen…
***
Professor Zamorras Blick huschte zwischen Nicole, dem Zwitter und Johannes hin und her, ehe er an Letzterem hängen blieb.
»So sehen wir uns wieder«, sagte er. »AndereVorzeichen wären mir lieber gewesen. Glaub mir, Johannes, ich wusste nicht, dass der Zwitter vorhatte, dich aus Château Montagne zu
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