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086 - Und nachts kam der Vampir

086 - Und nachts kam der Vampir

Titel: 086 - Und nachts kam der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank deLorca
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er sich wieder auf.
    Mit den Leuten im Dorf unterhielt er sich nicht gerne, und die Leute im Dorf unterhielten sich nicht gerne mit ihm. Regelmäßig verstummten die Gespräche, wenn er nur an einer Gruppe vorbeiging.
    Doch sie hätten in dicken Trauben um ihn herumgestanden, wenn sie auch nur einen Schimmer davon geahnt hätten, was er wußte. Er berauschte sich an diesem Gefühl des Mehr-wissens. Sie würden ihn schon noch kennenlernen, diesen Herrman Kreger, den sie seit Jahren verschmähten.
    Der junge Mann mit den groben Gesichtszügen stieg ab, als der blaue Lastwagen anhielt. Er kannte den Fahrer. Er hieß Wolfgang und war knapp über vierzig. Normalerweise war er in der Frühe mürrisch-und schlecht aufgelegt. Sie verrichteten die wenigen Handgriffe einsilbig und ohne viele Worte. An diesem Morgen war es anders.
    Das Gesicht des Fahrers war gerötet. Er war aufgeregt. Die Sensation war auch nicht spurlos an ihm vorübergegangen.
    »Hallo, Herrman! Bei euch passieren ja Sachen! Alle Zeitungen sind voll davon.«
    Er kletterte aus dem Führerhaus und gab Herrman gegen seine Gewohnheit die Hand.
    »Willst du eine Zigarette?«
    Er hielt dem Jüngeren ein Päckchen hin, zog es jedoch wieder zurück, noch bevor Herrman zugreifen konnte.
    »Beinahe hätte ich’s vergessen«, sagte er. »Du bist ja der Heilige vom Dorf. Du rauchst nicht, trinkst keinen Alkohol, und von den Weibern willst du wohl auch nichts wissen. Wie du das nur aushältst?«
    Er steckte sich eine Zigarette an. Es sah nicht so aus, als ob er an diesem Morgen wie sonst bald wieder verschwinden wollte.
    »Nun erzähl schon!« begann er. »In den Zeitungen steht doch nur immer die Hälfte. Was ist bei euch da draußen passiert? Ist es wirklich wahr, daß die beiden Leichen bis zum letzten Tropfen Blut ausgesaugt waren?«
    »Es wird wohl stimmen«, gab Herrman lustlos zu. »Was schreiben die Zeitungen denn?«
    »Mensch, wie kannst du nur danach fragen? Ihr müßtet doch alles besser wissen. Schließlich sitzt ihr hier ja an der Quelle. Hast du die Leichen der beiden gesehen?«
    Um ein Haar hätte Herrman Kreger genickt. Er beherrschte sich erst im letzten Moment und schüttelte dann den Kopf.
    Hätte er zugeben sollen, daß er Zeuge der Schreckenstat war?
    »Nein«, sagte Herrman. »Gesehen habe ich sie nicht. Aber es wird wohl stimmen, was geredet wurde. In den beiden Leichen war kein Tropfen Blut mehr. Ihre Gesichter waren weiß wie Leichentücher.«
    »Und das mit der durchschnittenen Kehle stimmt auch?«
    »Nur bei der Elisabeth war die Kehle offen«, meinte Herrman. »Beim Studenten hat man nur zwei Wunden am Hals gefunden. Wie von Raubtierzähnen.«
    »Also kannst du mir doch was Neues sagen. Davon steht nämlich nichts in der Zeitung. Weiß man schon, wo all das Blut hingekommen ist? Wo die Leichen gefunden wurden, war ja kaum etwas. Und ein Mensch hat ja schließlich so um die sechs Liter. Die können doch nicht spurlos verschwunden sein.«
    »Im Dorf sagen sie, ein Vampir wär’s gewesen.«
    »In der Zeitung steht derselbe Unsinn. Aber das gibt’ es doch gar nicht.«
    »Natürlich gibt es das nicht«, meinte Herrman.
    »Das bleibt bestimmt eine unaufgeklärte Geschichte«, sagte der Fahrer wichtigtuerisch. »Die Polizei kann nur die einfachen Morde aufklären. Aber wenn man so etwas hört, dann läuft es einem schon kalt den Rücken hinunter.«
    »Für mich war es auch ein Erlebnis«, gab Herrman Kreger zu, doch der Milchfahrer erkannte den Doppelsinn seiner Worte nicht. »Laden wir jetzt um? Ich muß zurück meine Wiese mähen. Und das geht am frühen Morgen am besten.«
    »Ich muß auch weiter«, sagte Wolfgang und warf seine Zigarette weg. »Dann faß mal mit an!«
    Der Junge und der Ältere machten sich an die Arbeit. Herrman Kreger reichte die schweren Aluminiumkannen hinauf, und Wolfgang schüttete ihren Inhalt in den Tank. Nach fünf Minuten schweißtreibender Stemmerei waren sie fertig.
    »Ist dir sonst noch etwas eingefallen?« fragte Wolfgang, während er auf den Boden zurücksprang.
    »Nichts Besonderes«, zuckte Herr-man Kreger mit den Schultern. »Aber ich glaube, daß es nicht bei diesen beiden Morden bleiben wird.«
    Dem Lastwagenfahrer rann ein wohliger Schauer den Rücken hinunter.
    »Glaubst du wirklich?«
    »Du wirst es schon sehen. Es vergehen keine drei Tage, und dann wird man ein neues Opfer finden.«
    »Bist ein. komischer Heiliger, Herr-man. Wie kommst du darauf?«
    »Ich glaube ja auch nicht, daß es ein Vampir war.

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