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0863 - Auf den Schwingen des Todes

0863 - Auf den Schwingen des Todes

Titel: 0863 - Auf den Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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dort das Kircheninnere zu verlassen.
    »Halt«, donnerte er.
    Die Gargoyles drehten sich langsam um. Sie bildeten einen Halbkreis um ihren Anführer Pilgrim.
    Pilgrim verzog sein menschliches Gesicht wie unter großen Schmerzen. »Was willst du von uns, Verräter?«, erwiderte der Gargoyle leise und mit dem ihm eigentümlichen Zischen, wenn er sprach.
    »Ich bin kein Verräter, und das wisst ihr genau.« Eisenpreis machte zwei kleine Schritte auf die Kreaturen der Finsternis zu. »Ich befehle euch, vorerst in der Kirche zu bleiben. Noch ist es zu früh, sie zu verlassen, noch hat sie sich nicht wieder richtig in der Welt manifestiert.«
    Pilgrim trat ebenfalls einen Schritt vor und stand Eisenpreis nun auf Schlagdistanz gegenüber. Hass loderte in seinen Augen, die Schwingen, die die doppelte Größe seines Körpers aufwiesen, zuckten aggressiv. Er starrte sein Gegenüber an und entblößte die Reißzähne.
    »Du hast uns nichts mehr zu befehlen, Meister.« Sein ganzer Hass konzentrierte sich in diesem einen Wort. »Ich höre nicht mehr auf deinen Befehl, der wie Fliegengesumm in meinen Ohren ist. Ich tue vielmehr, wonach es mich dürstet. Wir tun, wonach es uns dürstet. Wir gehen hinaus in die Welt, die wir so lange vermissen mussten. Hebe dich hinweg, du bist uns im Weg.«
    Pilgrim versuchte, mit einer überraschenden Attacke Eisenpreis' Kehle aufzuschlitzen. Sein Kopfstoß verebbte jedoch im Leeren. Der Mensch zog noch schneller sein Haupt zurück. Gleichzeitig riss er einen kleinen, pechschwarzen Stab hoch und richtete ihn gegen Pilgrim.
    Der Gargoyle stöhnte auf und zuckte zurück. Auch die anderen Kreaturen wichen ein wenig in den Hintergrund aus.
    »Noch bin ich stärker, ihr Höllengezücht«, erwiderte der Mann im hellgrünen Wams über der schwarzen Pluderhose, die wiederum in überdimensionierten braunen Stulpenstiefeln steckte.
    »Ja, noch«, gab Pilgrim zurück. »Doch du spürst es wie wir, dass deine Macht über uns allmählich schwindet, dass sie bald nicht mehr präsent sein wird. Auch wenn du uns mit der Kraft deines Stabes noch immer abzuwehren vermagst, sind wir doch nicht mehr gezwungen, deinen Befehlen zu gehorchen. Ich erwarte sehnsuchtsvoll den Augenblick, in dem wir dich ganz überwinden werden. Dann wehe dir.«
    Pilgrim drehte sich abrupt. »Folgt mir«, befahl er den anderen Gargoyles und verließ an deren Spitze unangefochten das Kirchenschiff.
    Alfred Eisenpreis fluchte inbrünstig zu allen Höllischen, derer er im Moment habhaft wurde. Er hätte die Gargoyles nur zu gerne in ihre Schranken gewiesen, aber Pilgrim hatte leider recht: Die Macht, die er einst über sie besaß, schwand schleichend. Er musste unbedingt aus der Nähe der Gargoyles verschwinden, wenn er es nicht darauf anlegen wollte, in allernächster Zeit ihr Opfer zu werden. Und das tat er ganz gewiss nicht.
    Eisenpreis steckte den Stab zurück in seinen rechten Stulpenstiefel und stieg über enge Holztreppen in den Turm. Auf halber Höhe schaute er hinaus in die nächtliche Welt, die sich ihm völlig fremdartig präsentierte. All die riesigen Häuser dort drüben in New York, die vielen Lichter, von denen sich sogar welche in der Luft bewegten, wirkten mehr als nur beängstigend auf ihn. In welche Zeit sah er hinein?
    Eisenpreis beobachtete, wie sich die Gargoyles vom Kirchendach erhoben und einen einsamen Spaziergänger umstellten. Ein Pfaffe etwa? Gleichzeitig spürte er, wie die Kirche sich wieder aus dieser Welt zu lösen begann.
    Narren!
    Der Mann drehte sich abrupt um und hastete hinunter in die Krypta. Dort versteckte er sich im Verbotenen Bereich und sicherte sich ab.
    ***
    Château Montagne, Frankreich:
    Nicole lenkte ihr weißes Cadillac-Cabrio in den Burghof, stieg aus, schnippte liebevoll ein Stäubchen von den roten Ledersitzen, nahm die Plastiktüte mit dem wertvollen Inhalt vom Rücksitz und ging freudestrahlend zum Eingangsportal hinüber. Dabei schwang sie besagte Plastiktüte und donnerte sie dem jungen Rhett Saris ap Llewellyn ins Gesicht, der aus der Eingangstür gerannt kam, eindeutig in dem Bemühen, sich des grünen, plumpen Ungeheuers zu entledigen, das wie eine flügellahme Ente hinter ihm herflatterte.
    »Aua«, schrie der Teenager und hielt sich das linke Auge zu. »Das war eindeutig ein Mordanschlag auf mich, Tante Nici.«
    »Es war keiner«, gab Nicole zurück, während sie das getroffene Auge untersuchte und gleich darauf Entwarnung gab. »Nun simulier' mal nicht hier herum, Lord Zwerg. Und

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