0869 - Der Affengott
eigener leidvoller Erfahrung nur bestätigen.
»Sie können sich vorstellen, dass ich als Heranwachsende fasziniert von dem Gedanken war, einen Vater zu haben, der sich mit Schwarzer Magie beschäftigt. Übrigens starb meine Mutter, kurz nachdem ich wieder Kontakt zu meinem Vater aufgenommen hatte. Sie beging unter sehr mysteriösen Umständen Selbstmord, obwohl sie nie derartige Neigungen hatte.«
Valerie machte eine Pause und fuhr schließlich in gedämpftem Tonfall fort: »Ich wurde den Verdacht nicht los, dass mein Vater damit etwas zu tun hatte. Aber er hat das immer abgestritten. Jedenfalls ging ich auf Distanz zu ihm, studierte in London und Madrid… Dann erhielt ich die Nachricht von seinem Tod, und deshalb bin ich hier.«
»Wir sollten kooperieren«, schlug Zamorra vor. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass sie ihm noch etwas Wichtiges verschwieg. Der Meister des Übersinnlichen war sich nahezu sicher, dass Valerie noch sehr viel mehr über die Forschungen ihres Vaters wusste, als sie bislang preiszugeben bereit gewesen war.
***
Zamorra und Nicole folgten Valerie ins Freie. Sie nahmen dabei denselben Weg, auf dem sie auch gekommen waren, und verließen das graue Gemäuer durch die Hintertür.
»Auf Wiedersehen«, sagte Valerie und deutete auf die verwilderte Parklandschaft, die das Anwesen umgab. Jahrzehntelang hatte hier niemand etwas an den Gartenanlagen getan. Das Gras stand überall meistens kniehoch. Dazwischen wucherten wilde Dornbüsche und reckten die unterschiedlichsten Blumen ihre Blütenkelche in die Höhe.
In den völlig verwilderten Hecken nisteten Vögel, und so mancher der Obstbäume war längst morsch geworden und verströmte den modrigen Geruch feuchten Holzes.
»Sollen wir Sie irgendwohin mitnehmen?«, fragte Professor Zamorra.
Valerie schüttelte den Kopf.
»Nein, danke. Mein Wagen befindet sich auf der anderen Seite des Parks - wenn der Ausdruck für diesen Dschungel überhaupt passend sein sollte.«
»Wo können wir Sie erreichen, Valerie?«, wollte Nicole geistesgegenwärtig wissen.
»Leben Sie wohl«, war ihre nichts sagende Antwort. »Ich werde Sie beide übrigens nicht wegen des von Ihnen begangenen Hausfriedensbruchs anzeigen, weil ich dann erklären müsste, was ich hier zu suchen hatte - in einem abgesperrten Tatort.«
Sie ging davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Zamorra blickte ihr nachdenklich hinterher.
Nach ein paar Augenblicken war sie hinter einer der verwilderten Hecken verschwunden.
»Die wollte uns so schnell wie möglich loswerden«, stellte Nicole fest und verschränkte dabei die Arme unter der Brust.
Zamorra zuckte die Achseln.
»Was hätte ich tun sollen? Sie hypnotisieren?«
»Warum nicht, Chéri?«
»Ich nehme nicht an, dass uns das irgendwie weitergebracht hätte.«
Nicole lehnte sich gegen Zamorras Schulter.
»Und wo setzen wir jetzt an?«
»Bei den noch lebenden Mitarbeitern, die Pierre de Bressac auf seine letzen Expeditionen begleiteten«, schlug Zamorra vor.
»Was ist der Grund dafür, dass Heng Sons Lemuren anscheinend dabei sind, einen nach dem anderen von ihnen umzubringen?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, Nicole«, gestand Zamorra. »Aber rein instinktmäßig würde ich vermuten, dass de Bressac irgendetwas damit zu tun hat, wie Heng Son in unsere Welt zurückkehrte…«
»Ein willfähriger Helfer, der ihm lästig wurde?«
»Wäre doch eine Erklärung, oder?«
»Ich glaube ehrlich gesagt, dass da noch mehr dahintersteckt, Chéri!«
»Dein Wort in Merlins Ohr, Nicole!«
Sie gingen zurück in Richtung des BMW. Der wachhabende Polizist würde noch eine ganze Weile im hohen Gras vor sich hin schnarchen und sich hinterher an nichts erinnern.
Plötzlich blieb Zamorra stehen.
»Da ist etwas faul!«, stellte er fest.
»Wovon sprichst du jetzt?«, wunderte sich Nicole.
»Ich meine Valerie! Hast du einen Motor starten hören?«
»Nein.«
Schnellen Schrittes lief Zamorra zu jener Stelle zurück, an der sie sich von Valerie getrennt hatten.
Sein Instinkt sagt ihm einfach, dass er etwas sehr Wichtiges übersehen hatte.
Nicole folgte ihm.
Zamorra umrundete die Hecke, hinter der die junge Frau verschwunden war.
Es dauerte nicht lange und sie hatten einen Punkt erreicht, von dem aus man die gesamte Westseite jener Anhöhe überblicken konnte, auf der sich das Anwesen der Familie de Bressac befand.
Eine schmale Straße führte von dort aus in Richtung von Aiges-Mortes.
Aber es war weit und breit kein Wagen zu
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