0871 - Zwischen den Wassern
Aber er fand keinen Unterschied. Allenfalls war sein früheres Ich jetzt etwas ausführlicher.
»Wo befindet sich Taranys jetzt?«, fragte Zamorra.
»Ich weiß es nicht. Seit er verschwunden ist, habe ich jede Verbindung zu ihm verloren.«
Fragend sah der Dämonenjäger Rhett an. Doch der zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß nur, dass er Nessie bedroht. Deshalb hat sie mich wohl im Traum gerufen, um ihr zu helfen. Aber solange ich nicht weiß, wo er sich befindet, kann ich nichts tun. Hat sie dir nichts gesagt?«, wandte er sich an Nicole.
Sie schüttelte nur den Kopf.
»Wenn er sie bedroht, befindet er sich wahrscheinlich auch zwischen den Wassern«, vermutete Coryn.
»Sicher nicht«, widersprach Nicole. »Sie brauchte sich nur ins untere Wasser zurückzuziehen und wäre vor ihm sicher. Er dagegen kann sich nicht zu ihr hinab wagen, weil er ertrinken müsste. Ich glaube eher, dass er sich auf dem festen Land befindet, um von dort aus seinen Vernichtungsschlag zu führen, möglicherweise mit Llewellyn-Magie. Er beherrscht sie doch, Sir Coryn?«
»Leider.«
Nicole entließ ihn aus dem Zwang der Amulett-Magie. Sie war sicher, dass er gesagt hatte, was er wusste. Und dass er auch weitere Fragen beantworten würde, weil ihm klar war, wie viel er bereits gesagt hatte.
»Besitzt er ein Sigill?«, fragte Zamorra.
Coryn und Rhett verneinten gleichzeitig. Coryn fügte hinzu: »Kein Llewellyn besaß jemals ein Sigill. Ihr hofftet, Ihr könntet ihn einem Höllenzwang unterwerfen?«
Zamorra nickte stumm.
»Vergesst es, Sir.«
»Aber wir müssen ihn finden«, sagte Zamorra. »Nur, wie?«
Darauf wusste keiner der anderen eine Antwort.
***
Coryn wandte sich Rhett zu. »Ich denke, es ist besser, wenn du in deine eigene Zeit zurückkehrst«, schlug er vor. »Du gehörst nicht hierher.«
Der jüngere Erbfolger senkte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie ich das machen soll. Hierher hast du mich geholt, aber…«
»Es ist ganz einfach«, murmelte der Ältere. Ehe Rhett begriff, wie ihm geschah, berührte Coryn ihn mit einer Hand an der Schulter und mit der anderen an der Stirn. Dann versetzte er dem Jungen einen kräftigen Stoß. Er taumelte rückwärts und strauchelte, stürzte. Als er sich wieder aufrichtete, sah er, dass er sich in der Gegenwart befand.
Eine leichte Benommenheit war da. Er schüttelte sie ab.
»Na, das finde ich aber gar nicht gut«, murmelte er. »Ich bin der Auslöser dieser ganzen Aktion, und dieser arrogante Kerl schmeißt mich einfach raus… stellt mich kalt…«
Und genau in diesem Moment wusste er, wie Taranys zu erreichen war.
Nur - nicht in dieser Zeit, sondern in der Vergangenheit!
Und die war für ihn unerreichbar geworden!
***
»Ich glaube, ich weiß jetzt, wie wir vorgehen müssen«, sagte Zamorra plötzlich. »Sir Coryn, Ihr wisst doch sicher, wie Taranys aussieht.«
»Natürlich. Er ist mein Zwillingsbruder. Deshalb sieht er so aus wie ich. Gut, er wird andere Kleidung tragen, und vielleicht hat er sich einen Bart stehen lassen oder trägt sein Haar länger oder kürzer… Worauf wollt Ihr hinaus?«
Zamorra lächelte. »Danke, Sir Coryn. Die Beschreibung wird reichen. Das Amulett«, er wies auf die Silberscheibe in Nicoles Hand, »wird ein Weltentor schaffen, das meine Gefährtin und mich zu Taranys bringt.«
»Nehmt mich mit«, verlangte der Erbfolger. »Ich werde ihm ein paar runterhauen und ihm nachdrücklich klarmachen, dass ein Llewellyn nichts Böses tut.«
»Es können nur zwei Personen das Weltentor durchschreiten«, sagte Zamorra.
»Das ist bedauerlich«, sagte Coryn. »Aber dann lasst die schöne Zauberin hier, und wir beide…«
»Vergesst es, Sir«, unterbrach ihn Zamorra. »Ihr könnt mit der Silberscheibe nicht umgehen. Also bleibt Ihr hier. Ende der Debatte.«
Nicole aktivierte das Amulett mit einem Gedankenbefehl. Sie wollte das Weltentor öffnen. Das war logisch. Jede dieser Aktionen kostete eine Menge Kraft. Und Zamorra würde seine Kraft noch benötigen. Daher sollte er sich jetzt schonen.
Sie verschob die Hieroglyphen in bekannter Reihenfolge. Zugleich konzentrierten sich beide auf Coryns Zwillingsbruder.
Das Weltentor entstand, und Nicole und Zamorra durchschritten es. Ein recht verdrossener Coryn Saris blieb zurück.
»Wenigstens war diesmal keine Zeitreise nötig«, seufzte Nicole etwas erleichtert. Derweil sahen die beiden sich nach Taranys um. Wo steckte der Bursche? Immerhin mussten sie sich doch in seiner Nähe befinden!
Sie sahen ein paar
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