0872 - Die Urbanen
den Kamin, legte seinen Kopf beängstigend weit in den Nacken. Artimus befürchtete beinahe, der Schädel würde ihm dabei nach hinten abbrechen, doch das war natürlich barer Unfug.
Bebop konzentrierte sich lange, doch dann trat die seltsame und erstaunliche Fliege an seinem Hals erneut in Aktion. Es war ein gebündelter Druckstrahl, der unwiderstehlich in die Höhe schoss - und den Korken vom Flaschenhals katapultierte… so zumindest bezeichnete Artimus diesen Vorgang für sich. Plötzlich hatten sie freie Sicht auf Uskugens Himmel.
In Windeseile schoben sie mit vereinten Kräften den Pyet unter die Kaminöffnung. Laertes und Bebop bestiegen den Kleinraumer, van Zant folgte ihnen rasch, denn in genau diesem Moment flog das Hangartor aus seiner Befestigung.
Die Praetoren stürmten in die Halle!
Dalius Laertes' Finger tanzten über die Tasten und Hebel, als hätte er dies erst gestern noch getan. Dass einiges an diesem Schiff nicht mehr wirklich in Topform war, bemerkten seine Insassen in dem Augenblick, da der Pyet in die Höhe jagte. Der ungeheure Druck des Startvorgangs wurde nur zu einem Teil abgefangen.
Auf dem Hauptbildschirm der winzigen Zentrale flog die Welt unter ihnen fort… wurde kleiner und kleiner. Van Zant hing halb besinnungslos in dem breiten Sessel, der viel von dem Startdruck aufgefangen hatte.
Bebop, der sich neben Laertes in den Co-Pilotensitz gerettet hatte, war nicht so glimpflich davongekommen. Er hatte offensichtlich das Bewusstsein verloren. Einzig Laertes war voll einsatzfähig, was auch dringend notwendig war, denn der Kleinraumer schlingerte!
»Ich befürchte, unser kurzer Flug wird ein etwas unruhiges Ende finden.«
Van Zant wollte ihm eine Antwort geben, doch dann schwanden auch ihm kurzfristig die Sinne.
Sein letzter Gedanke war, was Dalius wohl unter unruhig verstand…
***
Ein Komet raste über den Himmel.
Die Figuren, die er dabei beschrieb, waren irrwitzig.
Näher und näher kam er… tauchte in die Atmosphäre der kleinen Welt ein. Unzählige Augen richteten sich nach oben, folgten seinem Tanz.
Er fiel schnell. Viel zu schnell. So mancher der Beobachter fürchtete, er würde direkt in bewohntes Gelände einschlagen, doch sie alle irrten sich. Zweimal, dreimal änderte er ruckartig seinen Kurs, als wäre da links und rechts von ihm ein Hindernis, an dem er abprallte.
Die Riesenbäume vom Lohenwald waren es, die ihm schließlich die Fahrt nahmen. Wie ein Gummiball tappte er über ihre weit ausladenden Kronen, verlor schließlich und endlich nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch an Höhe.
Knapp hinter dem Draamoor klatschte er auf die Oberfläche, die ihn ein Stück nach oben federte, wieder auffing… erneut von sich warf.
Dann schlitterte er viele hundert Fuß über das braune Moor, bis der Höllenritt endlich vorüber war.
Ruhig lag er da, doch sein Gewicht drückte ihn nach unten, hinein in die weiche Masse, die ihn schmatzend empfing.
Das Moor hatte immer Hunger.
***
Er hieß nicht Jean Dupont.
Sein wahrer Name lautete Avat ep-Sassor. Er war Krieger - Kämpfer für eine weiße Stadt, die so weit entfernt lag. Ja, daran erinnerte er sich nun wieder. Und auch an den Namen der Frau, die seine Geliebte in dieser Stadt gewesen war - Mojica, die Wächterin.
Nun war sie nicht mehr in dieser Stadt. Avat wusste das. Eine Begründung für dieses Wissen konnte er nicht finden, doch es war in ihm. Gab es denn auch einen Grund, warum er hier war? Auf dieser Welt, mit der ihn so überhaupt nichts verband?
Daran erinnerte sich Avat nicht.
Seine rechte Hand glitt rasend schnell über die kahle Stelle der Kellerwand. Der Rötelstift schien das Mauerwerk kaum zu berühren, und doch hinterließ er sichtbare Spuren.
Warum malte er den Palast erneut? In diesem Fall jedoch aus einer ganz anderen Perspektive - denn die Zeichnung stellte die Hinterfront des Triptychon-Bauwerks dar. Schmucklos, ohne Schnörkel - mitten darin ein großes Panoramafenster…
... und ein klaffendes Loch in der Wand.
Warum war er denn noch immer hier?
Er musste zurück, musste wieder Krieger der Stadt sein. Er war Avat… und nur er konnte seine Mojica beschützen.
Avat ep-Sassor brachte seinen Kopf ganz dicht an die Zeichnung. Dieses Loch - es hatte Unheil zu bedeuten, ganz gewiss sogar. Seine Augen berührten nun beinahe die Mauer. Ihm war, als könne er in den Palast hinein blicken.
Doch Mojica sah er nicht.
Die Wächterin hatte ihren Platz verlassen…
Avat warf den Rötelstift zu
Weitere Kostenlose Bücher