088 - Die Sumpfhexe
geschrieben.
Dean wollte schreien, weglaufen. Aber Samantha hielt ihn am Fußknöchel fest. Er stürzte zu Boden. Der schwarze Umhang flatterte, als der Vampir sich auf Dean stürzte. Mit ungeheurer Kraft rang er den jungen Mann nieder.
Eine eiskalte Hand preßte Dean die Luft ab und hinderte ihn am Schreien. Nur ein Röcheln kam aus seiner Kehle, während sich die spitzen Dolchzähne seiner Kehle näherten.
„Samantha!“ röchelte Dean. „Saman …“
Samantha sah zu, wie der Vampir seine Zähne in Deans Halsschlagader bohrte. Ein feuriger Schmerz schoß durch Deans Körper.
„Es muß sein“, sagte Samantha. „Nur wenn du einer der Unseren bist, können wir zusammengehören, mein Geliebter. Es gibt keine andere Möglichkeit.“
Dean spürte, wie Leben und Kraft aus seinem Körper gesogen wurden. Eiseskälte kroch ihm durch Mark und Bein. Dean fühlte sich seltsam losgelöst vom Geschehen, gleichsam als erlebe er auf der Leinwand einen Film mit, der ihn nicht sonderlich interessierte.
Dean wußte, daß er starb, aber es berührte ihn nicht mehr. Er sah, wie Samanthas schlanke Gestalt sich veränderte, wie auch sie zu einem Alligator wurde. Aber nicht einmal diese schreckliche Gewißheit machte
Dean mehr etwas aus.
Der Mond verlor seinen Glanz für ihn. Dean stürzte ins Dunkel.
Von den nächsten Stunden und Tagen hatte er nur eine unklare Vorstellung. Er wurde getragen und er geriet unter Wasser, aber das machte ihm nichts, weil er nicht mehr zu atmen brauchte. Sein Herz schlug nicht mehr, und seine Augen waren geschlossen, trotzdem nahm er seine Umgebung wahr: Er lag in einer dunklen, dumpfen Höhle, in einen hölzernen Sarg gebettet. Alligatoren und Kaimane krochen umher, wagten sich aber nicht in den hinteren Teil der Höhle, in dem Deans Sarg und ein weiterer standen.
Manchmal war Samantha da, und manchmal beugte sich der bleiche Mann mit den glühenden Augen über Dean. Er beriet mit Samantha, aber Dean verstand nicht, worum es ging.
Deans ganzer Körper begann gräßlich zu schmerzen. Die Qualen dauerten Ewigkeiten. Durch jede Nervenzelle, durch jede Fleischfaser ging ein Bohren und Ziehen. Er glaubte tausendfach zu sterben, und war dazu doch nicht fähig.
Er verfluchte den Tag seiner Geburt und schrie ohne Stimme um Erlösung.
Nach einer gewissen Zeitspanne, die Dean selbst nicht einmal abschätzen konnte, wichen die Qualen. Die Schmerzen vergingen. Dean setzte sich in dem Sarg auf, sah umher. Seine Augen konnten die völlige Finsternis durchdringen.
Er bemerkte den Vampir neben sich und Samantha.
Dean wußte, daß er nun nicht mehr zum Menschengeschlecht gehörte. Er war ein Geschöpf der Nacht geworden, erfüllt von dämonischem Leben.
Fünf Wochen waren vergangen, seit der Biß des Vampirs Dean getötet hatte. Fünf Wochen in einer Unterwasserhöhle, in der Deans Körper die Verwandlung zu einem ebensolchen Vampir wie dem durchmachte, dem er zum Opfer gefallen war. Norman Tait, der ebenfalls am Biß des Vampirs gestorben war, war nur ein Geschöpf seines Meisters gewesen, von diesem abhängig, aber Dean war selbst ein Meister geworden.
Auf der Insel der alten Doreen erklärten der Vampir und Samantha, die junge Sumpfhexe, Dean Tait die Zusammenhänge. Der Vampir war sein Mentor. Er führte ihn ins Reich der blutsaugenden Geschöpfe der Nacht ein.
Die Hütte der alten Doreen war niedergebrannt. Unweit der Brandstelle saßen Dean, Samantha und der Vampir bei der plätschernden Quelle im Gras.
„Mein Name ist Rodrigo de Cabez y Cayetana“, erzählte der Vampir. „Ich wurde im Jahre 1520 in Madrid geboren. Padre Domingo Fluona, mein Erzieher, machte mich zum Vampir. Der Padre fiel 1570 der Inquisition zum Opfer, und ich setzte mich nach Neuspanien ab. Dort konnte ich lange Jahre mein Unwesen treiben, bis ich 1723 in Vera Cruz von den Häschern des Vizekönigs ergriffen wurde. Sie legten mich in silberne Ketten. Silber ist das Metall, das allen Geschöpfen der Nacht gefährlich ist. Werwölfe und andere Wertiere vermag es zu töten. Bei einem Vampir bricht es die magischen, übernatürlichen Kräfte, so daß er sich nicht in eine Fledermaus zu verwandeln und zu entfliehen vermag. In einem finsteren Kellerverlies der Festung des Vizekönigs wurde ich gefangengehalten, gefoltert und immer wieder verhört, bis ich alles gestand. Der Hof des Vizekönigs ergötzte sich oft an meinem Anblick und an meinen Qualen. All die vornehmen Damen und Herren, die früher vor meinem Biß
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