088 - Elfentanz und Hexenfluch
großen bunten Flügel bewegten sich unermüdlich auf und ab.
Sie hatte den Wald jetzt unter sich. Es gab kein Hindernis, auf das sie achten mußte. Ein schwacher Wind wehte - zum Glück in die Richtung, in die sie mußte.
Flatternd flog sie über den düsteren Wald hinweg. Sie dachte besorgt an Tony Ballard. Sie hatte ihm nicht das Leben gerettet, damit es ihm die Hexen nahmen.
Er gefiel ihr. Sie fühlte sich ihm in inniger Freundschaft verbunden. Er war zwar ein Mensch und sie eine Elfe, aber was machte das schon aus?
Viele Elfenmänner begehrten sie, wollten mit ihr gemeinsam durchs Leben gehen, doch sie hatte sich bisher für keinen entscheiden können.
Tony Ballard hingegen hatte neue, nie geahnte Empfindungen in ihr geweckt. Sie war zum erstenmal in ihrem jungen Leben verwirrt. Wenn Tony den Wunsch geäußert hätte, für immer bei ihr zu bleiben, hätte sie mit Freuden eingewilligt.
Aber es sollte seine freie Entscheidung sein. Sie wollte ihn keinesfalls beeinflussen. Falls er sich für sie entschied, würde er diesen Entschluß niemals bereuen, denn sie würde ihm ihre ganze Liebe schenken und ihm bis an ihr Lebensende treu sein.
Es war verrückt. Es gab so viele Elfenmänner, aber die kamen für Ruana alle nicht in Frage. Ein Mann von einer anderen Welt mußte kommen, damit sie erfuhr, wie schön es war, verliebt zu sein.
Ruanas makelloses Gesicht verfinsterte sich, als sie an die grausamen Hexen dachte. Die Zeit drängte. Sie mußte schneller fliegen, aber war die Aufgabe überhaupt noch zu bewältigen?
Ich muß es schaffen! sagte sich das schöne Elfenmädchen. Ich muß ! Tony Ballard darf nicht sterben!
Jarxis, ihr Bruder, zu dem sie unterwegs war, würde ärgerlich sein und sie ausschimpfen, wenn sie ihm erzählte, wo sie gewesen war.
Er hatte recht, sie hätte sich nicht so weit von zu Hause entfernen dürfen. Wenn sie es aber nicht getan hätte, wäre sie niemals Tony Ballard begegnet.
Jarxis sollte getrost schimpfen. Hinterher würde er helfen. Er würde seine Freunde zusammentrommeln und versuchen, die Menschen zu befreien.
Jarxis war ein guter Elfenmann. Vor allem seiner Schwester gegenüber hatte er ein sehr weiches Herz.
Schneller, Ruana! Schneller! trieb sich das Elfenmädchen selbst an. Müdigkeit überkam sie. Sie kämpfte verzweifelt dagegen an.
Der Kampf mit dem Käfermann hatte sie viel Kraft gekostet, und noch mehr hatte sie sich anstrengen müssen, um Tony Ballards Todessturz zu verhindern.
Nun flog sie schon eine ganze Weile, so schnell sie konnte. Irgendwann - der Zeitpunkt lag nicht mehr fern - würde ihr Kraftpotential restlos ausgeschöpft sein. Wenn sie bis dahin ihr Ziel nicht erreicht hatte, waren Tony Ballard und die anderen verloren.
Sie blickte nervös nach unten. Wie weit noch? Ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie erkannte, daß sie sich in Colocks Gebiet befand.
Er war ein Raubvogeldämon, ein gefährlicher Jäger und Allesfresser. Am liebsten verschlang er das zarte Fleisch junger Elfen!
Sie wäre nicht durch dieses Gebiet geflogen, wenn sie es nicht so furchtbar eilig gehabt hätte.
Sie riskierte ihr Leben für Tony Ballard, denn dies war der kürzeste Weg nach Hause. Ängstlich klammerte sich Ruana an die Hoffnung, daß Colocks Wachsamkeit im Moment schlummerte. Die Folgen waren nicht auszudenken, wenn Colock sie entdeckte.
Ruana mobilisierte ihre allerletzten Kraftreserven, um das Gebiet des Raubvogeldämons so rasch wie möglich hinter sich zu bringen.
Jarxis hatte ihr schon als Kind eingeschärft, stets dieses Gebiet zu meiden.
Viele Elfen, die zu sorglos gewesen waren, hatten hier schon auf grausamste Weise ihr Leben verloren.
Ruana hatte ihrem Bruder versprechen müssen, diesem Gebiet immer auszuweichen. Doch an dieses Versprechen durfte sie sich jetzt nicht gebunden fühlen.
Das Leben mehrerer Menschen stand auf dem Spiel. Vor allem auch das Leben Tony Ballards, für den sie so viel empfand, daß sie bereit war, jede Gefahr auf sich zu nehmen.
Wenn sie Glück hatte, schlief Colock, dieser gemeine Räuber der Lüfte. Er führte eine Schreckensherrschaft in seinem Revier. Niemand war vor ihm sicher.
Schnell und grausam schlug er zu, und dämonische Kräfte standen ihm dabei zur Verfügung.
Unruhig blickte sich das Schmetterlingsmädchen um. Glücklicherweise war Colocks Gebiet nicht allzu groß. Er hielt es überschaubar, damit die Jagd erfolgreich war.
Rasch zuckten die großen Flügel auf und ab. Ruana flog völlig lautlos, doch es
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