088 - Elfentanz und Hexenfluch
befand mich nach wie vor im Hexendorf. Eigentlich war es wahnwitzig, das als Freiheit anzusehen.
Ich wandte mich von der schrecklichen Alten ab und eilte zum Hütteneingang. Vorsichtig schob ich die Decke zur Seite, die davor hing.
Ich nahm an, daß die Hütte bewacht wurde, doch das war nicht der Fall. Die anderen Hexen rechneten damit, daß ihre Schwester keinerlei Schwierigkeiten mit mir haben würde.
Mir fiel jetzt erst der dumpfe Singsang auf, den die Hexen angestimmt hatten. Sie saßen im Kreis auf dem Boden und schienen zu meditieren.
War das als Ersatz dafür gedacht, daß sie keinen Mann zur Verfügung hatten? Als ich mich etwas streckte, fiel mir das nackte Mädchen in der Mitte des Hexenkreises auf.
Denise Perkins!
Sie lag auf einem schwarzmagischen Symbol, war nicht gefesselt, versuchte aber dennoch nicht, zu fliehen. Ich nahm an, daß das Zeichen sie festhielt. So etwas hatte ich selbst schon erlebt.
Oder hatte sich Denise aufgegeben? War ihr letzter Hoffnungsfunke erloschen? Fand sie sich mit ihrem grausamen Schicksal ab?
Wenn ich in den Hexenkreis gesprungen wäre, wären sämtliche Weiber über mich hergefallen. Sie hätten mich überwältigt.
Um Denise befreien zu können, brauchte ich Unterstützung. Ich hoffte, sie von Al und Marty bekommen zu können.
Wenn beide den Zaubertrank getrunken hatten, konnte es unter Umständen schwierig sein, sie von den nackten Hexen loszureißen. Wie dachten Al und Marty jetzt?
Befanden sie sich auf der anderen Seite? Hatten sie die Fronten gewechselt? Waren sie nun meine Feinde?
Gleich werde ich es wissen, sagte ich mir und stahl mich aus der Hütte. Es fiel nicht auf. Die Hexen befanden sich in Trance. Vielleicht waren sie in diesem Moment mit Asmodis auf geistiger Ebene verbunden. Oder mit irgendeinem anderen Teufel.
In der Nachbarhütte befand sich Marty Kanter. Ich beschreibe die Situation lieber nicht, in der ich den Privatdetektiv und die Hexe antraf. Mit raschen, lautlosen Schritten näherte ich mich dem Lager, und im nächsten Moment traf der Dolch sein Ziel.
Als die Hexe ihr wahres Aussehen annahm, war Marty Kanter schlagartig ernüchtert. Er starrte mich entgeistert an. »Tony… Hab' ich's wirklich getan?«
Ich nickte.
»O mein Gott«, flüsterte Marty erschüttert.
Auf dem Tisch lag der Dolch, der für seine Ermordung gedacht gewesen war. Ich drückte ihm die Waffe in die Hand.
Marty blickte blaß auf die blinkende Klinge. Dann schaute er das häßliche tote Weib an, und ich sah, wie er fröstelte.
»Sind Sie okay, Marty?«
»Ich denke schon.«
»Ich möchte nicht, daß Sie mir - aus Versehen - den Dolch in den Rücken stoßen. Gehen Sie vor.«
»Ich bin nicht Ihr Feind, Tony.«
»Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste«, sagte ich und drängte ihn vor mir her.
Ich informierte ihn, wo Denise war und daß wir als nächstes Al Owen aus der Klemme helfen müßten.
»Wenn ich seine Hexe töte, sind Sie dann davon überzeugt, daß die Hexendroge keine Wirkung mehr auf mich hat?«
Ich nickte.
»Gut, dann lassen Sie es mich tun.«
»Einverstanden«, sagte ich, aber ich würde ihm dabei sehr genau auf die Finger sehen.
Unbemerkt verließen wir die Hütte. Der Sinnesrausch, von dem auch die Hexen befallen waren, machte es verhältnismäßig leicht, sie zu töten.
Sie waren geistig fast völlig weggetreten. Das kam uns sehr entgegen.
Wir huschten in die nächste Hütte.
Auch Al wußte nicht, was er tat. Es war sein Körper, der der Hexe zu Willen war. Sein Geist war ausgeschaltet und hatte davon keine Kenntnis.
Martys Gesicht verzerrte sich. Angewidert näherte er sich den beiden, den Dolch zum tödlichen Stoß erhoben.
Als er das Lager erreichte, zögerte er einen Augenblick, und damit hätte er beinahe alles verdorben.
Die Hexe bemerkte ihn. Wut und Haß loderten sofort in ihren Augen. Sie riß den Mund auf und wollte ihre Schwestern alarmieren.
»Um Himmels willen, machen Sie schnell, Marty!« entfuhr es mir.
Da stach er zu, und der Schrei, der uns allen zum Verhängnis geworden wäre, blieb aus.
Ich atmete erleichtert auf. »Sie trampeln ganz schön auf meinen Nerven herum«, sagte ich mit gespieltem Vorwurf.
Al kam zu sich, und es ekelte ihn vor sich selbst, als er begriff, daß der Hexentrank ihn zum triebhaften Tier gemacht hatte.
Ich gab ihm Patronen. Er lud meinen Colt Diamondback, und Marty Kanter lud seine Luger.
Was uns nun bevorstand, würde unvergleichlich schwieriger sein, aber wir mußten es
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