0893 - Der Rachegeist
bekommen habe.«
»Ja, ich auch.«
»Gut, dann hole meinen Mantel und schalte die Alarmanlage ein, darin können wir fahren.«
»Ist gut.« Die blonde Detektivin kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. Was sie in den letzten Minuten erfahren hatte, das war hart gewesen.
Sie starrte ins Leere, ließ sich das Gespräch noch einmal durch den Kopf gehen, schauderte dabei zusammen und schaute sich gleichzeitig scheu um, als könnte sie irgend etwas Fremdes oder einen Eindringling entdecken.
Da war nichts. Zudem fiel ihr ein, daß diese Macht ja unsichtbar war und urplötzlich angreifen konnte.
Sie wartete auf Sarah. Die Horror-Oma kehrte sehr bald zurück, den Mantel übergestreift, die Tasche in der rechten Hand. Jane Collins nahm sie ihr ab. »Was sollen wir denn darin mitnehmen?«
»Zwei Zahnbürsten und einiges, was man sonst noch braucht, wenn man woanders übernachtet.«
Jane lächelte. »Du bist lieb und denkst auch an alles.«
»Tja, manchmal sind wir Alten den Jungen eben überlegen. Das macht die Lebenserfahrung.«
»Durchaus möglich.«
Die Alarmanlage war eingestellt, als die beiden Frauen das Haus verließen. Jane dachte daran, daß diese Elektronik zwar gut und schön war, aber vor unsichtbaren Phänomenen nicht schützte.
Der kalte Wind brachte den Schneegeruch mit. Noch fielen keine Flocken vom Himmel, und Jane wünschte sich auch keinen Schnee in London, denn das würde zu einem gewaltigen Chaos führen.
Der Wagen parkte auf einer freien Fläche zwischen zwei Bäumen. Auf der Straße lief der normale Verkehr. Die Dämmerung zog herauf, und der Himmel zeigte eine blasse Farbe, wobei die grauen Schattierungen überwogen. Sie drängten die tagsüber herrschende Helligkeit immer weiter zurück.
Jane Collins dachte daran, daß sie keinen Schritt mehr normal gehen konnte. Das Gespräch mit John hatte sie innerlich aufgewühlt. Sie fühlte sich beobachtet, aus dem Unsichtbaren kontrolliert, und jeden stärkeren Windzug nahm sie intensiver wahr als normal, weil sie auch davon ausging, daß etwas Böses sie streifte.
Beide Frauen erreichten den Wagen, ohne daß sich etwas verändert hätte. Sarah Goldwyn warf der jüngeren Frau einen skeptischen und besorgten Blick zu. »Was hast du, Jane?«
Die Angesprochene lächelte gequält. »Im Prinzip nichts, aber mir wollen Johns Worte einfach nicht aus dem Sinn.«
»Mir auch nicht, aber du oder wir sollten uns nicht verrückt machen lassen.«
»Da hast du wahrscheinlich recht.« Sie stieg ein und öffnete Sarah die Beifahrertür von innen. Sarah legte die Tasche auf den Rücksitz, und nahm neben Jane Platz, wobei sie das Buch sichtbar auf ihre Knie gelegt hatte und mit beiden Händen festhielt. Sie kam auch darauf zu sprechen und hoffte, daß John Sinclair irgendeinen Hinweis fand, den sie übersehen hatten.
Jane sagte nichts dazu, denn viel Hoffnung hatte sie nicht. Sie wünschte sich nur, schon am Ziel zu sein und sagen zu können, daß auf der Fahrt nichts passiert war.
Dann startete sie…
***
ES war wieder unterwegs!
Und ES freute sich, denn ES war nicht zu sehen, aber ES sah so vieles und nahm auch die entsprechenden Informationen ein, wobei ES wieder daran dachte, wie dumm die Menschen doch waren, wenn sie von bösen Ahnungen oder von der Angst getrieben wurden. Unter der Angst litten auch ihre beiden Feinde, das hatte ES deutlich genug gehört.
Die Freude stieg. Immer mehr Personen kamen zusammen. Sie würden aufeinandertreffen, und sie glaubten, damit das Richtige getan zu haben.
Sie irrten sich.
ES würde ihnen beweisen, wie sehr sie sich irrten. Schon viele Menschen hatten sich im Laufe der Zeit geirrt. ES dachte an die Söhne des Höllenclubs, die ES noch in Reserve behielt. Noch brauchte es ihre Hilfe nicht, und ES hoffte darauf, daß dies auch weiterhin so bleiben würde.
Zudem war das Bewußtsein schlau. Es wußte genau, was es sich zutrauen konnte und was nicht.
Abwarten, die anderen in Sicherheit wiegen, aber sie nie außer Kontrolle lassen.
Und dann, urplötzlich, zuschlagen!
O ja, es würde ein phantastisches Leichenfest werden!
***
Jane und Lady Sarah rollten durch das immer dunkler werdende London, in dem die künstlichen Lichter ihren Schein verstrahlten und helle Figuren auf Straßen und Gehplätze zauberten, die hin und wieder von dunklen Gestalten durchbrochen wurden.
Der Abend näherte sich und die Dunkelheit würde bald über die Stadt hereinbrechen.
Jane fuhr konzentriert. Um diese Konzentration zu erreichen,
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