0893 - Der Rachegeist
Haut.«
»Kann sein. Dann können wir nur hoffen, daß es Tierhaut ist und nicht die eines Menschen.«
Ich lächelte kantig und schlug das Buch auf. Meine Finger zitterten ein wenig, als ich die erste Seite betrachtete, die nicht beschrieben, aber mit einem Symbol bedeckt war.
In einem zittrigen Kreis malte sich die Fratze eines Dämons ab, der dem Betrachter die Zunge herausstreckte. Ein Symbol, ein Zeichen, das auf den Höllenclub hinwies.
Ich riß meinen Blick von diesem Symbol und blätterte das Buch schnell durch. Ich wollte nur erkennen, ob die Seiten auch beschrieben waren, und das war der Fall.
Namen?
Ich schlug es in der Mitte auf.
Ja, dort stand ein Name. Ein Lebenslauf darunter. Ich las auch den Namen einer Stadt und entdeckte ein Geburtsdatum aus dem letzten Jahrhundert. Es war wohl ein Mitglied des Clubs, und ich spürte, daß die Hoffnung in mir hochschoß wie eine Flamme.
Ich stand auf. Noch in der Bewegung sprach ich Suko an. »Verflixt, das ist die Spur. Du hast das Buch gefunden, wir haben etwas in der Hand, wir…« Das weitere Wort endete in einem Schrei.
Urplötzlich war das Buch heiß geworden. Ich sah mich gezwungen, es so rasch wie möglich fallen zu lassen. Es landete auf dem Boden und hatte ihn kaum berührt, als eine Feuersäule aus dem Umschlag hervorschoß, mir entgegen, so daß ich zurückweichen mußte und nichts dagegen tun konnte, als unser Fund plötzlich in Flammen stand. Ich sprang zur Seite, denn es blieb nicht bei dieser Feuersäule. Sie breitete sich aus, sie war zu einer Tulpe geworden, die mit ihren Rändern nach mir greifen wollte.
Und aus dem brennenden Buch heraus hörten wir beide das schauerliche Lachen. Es klang wie das Knarren einer uralten Tür, es war schlimm, gänsehauterzeugend, während das Feuer nach allen Seiten um sich griff.
Suko stand bereits an der Tür. Ich eilte auf ihn zu. Es war besser, wenn der Fluchtweg in der Nähe war.
Suko betrat rückwärts den Gang, drehte sich um, und ich hörte seinen Fluch.
»Was ist?«
Eine Antwort brauchte er mir nicht zu geben, denn der Flur war uns als Fluchtweg versperrt.
Plötzlich bewegten sich die Wände. Wir hörten das Lachen, ein Stöhnen und Kichern, und wir dachten wohl beide daran, daß dieses Bewußtsein andere Gestalten annehmen konnte. Materie eben. Die Wände waren Materie, wie auch der Boden und die Treppe.
Beides bewegte sich.
Das Licht flackerte. Es ging aus, dann wieder an, und wir konnten erkennen, daß der Untergrund plötzlich Wellen warf, auf denen wir standen, aber nicht mehr normal und gerade, sondern mal nach vorn gedrückt, dann wieder nach hinten, so daß wir Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht hatten.
Um uns herum schmolzen die Wände. Sie brannten nicht, doch sie wurden weich wie Teig, und auch die Deck über unseren Köpfen löste sich allmählich auf.
Aus ihr entstand ebenfalls eine weiche Masse. Die dort hängenden Lampen zitterten und schaukelten hin und her, so daß nicht nur Licht über den welligen Boden huschte, sondern auch Schatten, die ein zuckendes Muster bildeten.
Es war grauenhaft. Die Hölle hatte ein Tor geöffnet, und sie wollte uns verschlingen.
Ich warf einen Blick in das Zimmer.
Dort wütete das Feuer. Die Flammen waren grausame Räuber. Sie waren wie lange Schlangen, aber ich konnte sie einfach nicht als normal ansehen, denn bei einem normalen Feuer hätte es eine dichte, atemraubende und stinkende Rauchentwicklung gegeben, die aber fehlte hier, obwohl das Feuer den Schreibtisch, die Sessel und auch die Regale bereits umhüllte und sich an den Buchrücken entlangfraß.
Löschen konnten wir nicht. Wir mußten weg, so rasch wie möglich das Haus verlassen, was Suko sicherlich ebensowenig paßte wie mir, denn vor einem Dämon zu fliehen, war nicht gerade nach unserem Geschmack.
Suko war bereits auf die Treppe zubalanciert. Tatsächlich sahen seine Bewegungen so aus, denn der Boden wellte sich entgegen seiner Laufrichtung.
Es wollte nicht aus meinem Kopf. Das Bewußtsein konnte die Materie übernehmen. Suko hatte es gehört, und wir hatten nun den endgültigen Beweis erhalten.
Die Treppe war wichtig. Durch sie kamen wir nach unten. Ich warf noch einen Blick zurück.
Flammen schossen zischend aus der Türöffnung in den Gang hinein. Sie tauchten dem Boden entgegen, der sich in die Höhe drückte und einen Buckel bildete.
Dann riß er auf.
Schlamm fegte hoch. Woher er kam, wußte ich nicht. Die Deckenlampen fielen nach unten. Ich mußte zur Seite
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