09 - Befehl von oben
Verbandskommandeur saß im Combat Information Center seines Kreuzers. Die drei großen Schautafeln (eigentlich RückprojektionsFernseher, verbunden mit dem Aegis-Radar-Computersystem) zeigten recht genau die Lage des indischen Kampfverbandes. Er wußte sogar, welche Spuren wahrscheinlich die Träger waren. Seine Aufgabe war kompliziert. Comedy war jetzt voll formiert. Die UnReps - Bevorratungsschiffe - Platte und Supply hatten aufgeschlossen mit ihren Eskorten Hawes und Carr, und während der kommenden Stunden würden die Geleitschiffe abwechselnd längsseits gehen, um ihre Treibstoffbunker zu füllen - für die Marinekommandeure war >zuviel Treibstoff< wie >zuviel Geld< haben: unmöglich. Danach sollten die UnRep-Schiffe Außenpositionen in Höhe der beiden mit Panzergerät beladenen, vorausfahrenden Frachtfähren einnehmen und die Fregatten in Höhe des nachfolgenden Paares. O'Bannon würde zur Fortführung ihrer ASW-Suche vorauseilen - die Inder hatten zwei Reaktor-U-Boote, deren Lage momentan keinem bekannt zu sein schien. Kidd und Anzio, beide SAM-Schiffe, würden sich zur Fliegerabwehr im Nahbereich in die Formation hinein zurückfallen lassen. Normalerweise würde der Aegis-Kreuzer weiter außenbordwärts laufen, jetzt aber nicht.
Der Grund hierfür war nicht seine Missionsorder, sondern das Fernsehen. Jedes Marinefahrzeug des Verbands hatte Satellitenempfänger an Bord; während die Crew in der Freizeit vor allem die Spielfilmkanäle bevorzugte, war der Verbandskommandeur dabei, sich eine CNN-Überdosis zu holen, denn wo seine Missionsorder oftmals mit Hintergrundinformation zu seinen Aufgaben geizte, war dies beim kommerziellen Fernsehen anders. Die Mannschaften waren angespannt. Nachrichten zu den Geschehnissen daheim konnte man in keinem Fall unterdrücken, und die Bilder von kranken und sterbenden Menschen, gesperrten Fernstraßen und verkehrsleeren Städten hatten sie anfangs schwer erschüttert, so daß sich Offiziere und Bootsmänner mit den Männern zur Lagebesprechung auf die Messedecks begaben. Dann kamen diese Befehle.
Im Persischen Golf geschah etwas. Zu Hause passierte etwas, und plötzlich liefen die MPS-Schiffe, mit ihrem Brigadesatz von Kampffahrzeugen, den saudischen Hafen Dhahran an ... und die Indische Marine stand ihnen im Weg. Die Crew war jetzt ruhiger, sah Captain Kemper der USS Anzio. Seine Chiefs berichteten, daß die Truppe nicht mehr in der Messe lachte oder herumalberte, und die anhaltenden Simulationsübungen am Aegis-Kampfsystem hatten in den letzten paar Tagen eine eigene Botschaft übermittelt. Comedy lief der Gefahr entgegen.
Jedes Geleitschiff hatte einen Hubschrauber an Bord. Diese wurden vom erstklassigen ASW-Team auf O'Bannon koordiniert, Tauferbin des >goldenen Schiffes< der Navy im zweiten Weltkrieg, ein Zerstörer der Fletcher-Klasse, der alle nennenswerten Gefechte auf dem Schauplatz Pazifik ohne Opfer oder Kratzer mitgemacht hatte. Das neue Schiff hatte sich ein goldenes >A< an den Aufbauten verpaßt, das Abzeichen eines UBoot-Killers von hohem Ansehen - zumindest in der Simulation. Die Ahnentafel der Kidd war weniger glücklich. Benannt nach Admiral Kidd, der an Bord der USS Arizona am Morgen des 7. Dezember 1941 gefallen war, kam sie aus der >Toter Admiral<-Klasse. Anzio verdankte ihren Namen, eine der seltsameren Traditionen der Navy, einer Landschlacht im Italien-Feldzug 1943, bei der sich eine gewagte Invasion zu einem verzweifelten Ringen entwickelt hatte. Kriegsschiffe wurden ja schließlich für jenes Geschäft gebaut, aber es war Sache ihrer Kommandeure, zu bewirken, daß deren verzweifelte Seite die anderen Typen betraf.
Bei einem echten Krieg wäre das leicht gewesen. Anzio hatte 15 CruiseMissiles vom Typ Tomahawk an Bord, jede mit Ein-Tonnen-Sprengkopf, fast in Reichweite zum indischen Kampfverband. Unter idealeren Bedingungen würde er sie bei etwas mehr als 300 Kilometern loslassen, gefüttert mit Zielinformation von den Orions - die könnte auch von seinen Hubschraubern kommen, aber die P-3C hatten eine deutlich höhere Lebenserwartung im Kampf.
»Captain!« Es war der Oberbootsmann an der ESM-Tafel. »Wir bekommen Fliegerradar herein. Orion bekommt Gesellschaft, sieht aus wie zwei Harrier, Entfernung unbekannt, Peilung konstant, Signalstärke nimmt zu.«
»Danke. Der Himmel ist frei, bis jemand was anderes sagt«, erinnerte Kemper jedermann.
Vielleicht war es eine Übung, aber der indische Kampfverband hatte seit dem Vortag keine 65 Kilometer
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