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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ewigen Herumprobieren in der Liebe?« stand oben groß darüber. »Können Sie sich vorstellen, daß sich der oder die Richtige eher mit dem Computer finden läßt als mit Glück?« Danach folgte der Fragebogen mit Fragen über Alter, Interessen, Beruf, Einkommen und Bildungsstand. Barbara dachte daran, ihn zum Spaß auszufüllen, aber als sie ihre Interessen Revue passieren ließ und sah, daß sie praktisch keine hatte, die der Erwähnung wert waren - wer wollte schon vom Computer mit einer Frau verbandelt werden, die sich mit der Lektüre von Der begierige Wilde in den Schlaf wiegte? -, knüllte sie den Fragebogen zusammen und schnippte ihn in den Mülleimer ihrer Miniküche. Dann wandte sie sich der restlichen Post zu: Telefonrechnung, eine Offerte für eine private Krankenversicherung, Reklame für eine Luxuswoche für zwei auf einem Schiff, das als schwimmendes Paradies für all jene angepriesen wurde, die sich einmal nach Herzenslust verwöhnen lassen und die sinnlichen Freuden des Lebens genießen wollten.
    Gar nicht übel, so eine Kreuzfahrt, dachte sie. Sie hätte nichts dagegen, sich eine Woche lang verwöhnen zu lassen, ob nun mit oder ohne Genuß sinnlicher Freuden. Doch ein Blick auf die Broschüre ernüchterte sie: gertenschlanke, knackig braune junge Dinger, die sich mit lackierten Fingernägeln und leuchtendroten Schmollmündern auf Barhockern oder in Liegestühlen am blauen Pool räkelten, während athletische junge Männer mit stolz behaarter Brust sie umschwirrten. Barbara stellte sich vor, wie sie feengleich durch diese Gesellschaft schwebte, und lachte vor sich hin. Sie hatte seit Jahren keinen Badeanzug mehr angehabt. Manche Dinge, fand sie, blieben besser unter viel Stoff verborgen und der Phantasie überlassen.
    Die Broschüre nahm den gleichen Weg wie der Fragebogen. Barbara drückte seufzend ihre Zigarette aus und sah sich auf der Suche nach weiterer Beschäftigung in ihrem Häuschen um. Nichts. Sie wechselte den Platz, ließ sich auf ihre Bettcouch fallen und griff nach der Fernbedienung des Fernsehapparats. Sie drückte den ersten Knopf. Ah, die königliche Prinzessin, nicht ganz so pferdegesichtig wie sonst, bei der Inspektion eines Krankenhauses für unterprivilegierte Kinder irgendwo in der Karibik. Stinklangweilig. Dann ein Dokumentarbericht über Nelson Mandela. Auch zum Einschlafen. Sie drückte schneller und zappte durch einen Orson-Welles-Film, eine Kindersendung, zwei Quasselsendungen und ein Golfturnier.
    Und dann wurde ihre Aufmerksamkeit vom Bild einer Phalanx von Polizisten gefesselt, die einer Menge dunkelhäutiger Demonstranten gegenüberstand. Gerade glaubte sie, einen halbwegs spannenden Krimi genießen zu können, als am unteren Bildschirmrand ein roter Balken mit dem Wort »Live« aufleuchtete. Eine aktuelle Nachrichtensendung also. Sie verfolgte sie neugierig.
    Ist ja auch nicht anders, sagte sie sich, als wenn ein Erzbischof einen aktuellen Bericht über die Kathedrale von Canterbury verfolgt. Sie war schließlich Polizistin. Dennoch zwickte sie das schlechte Gewissen - eigentlich war sie doch im Urlaub! -, als sie begierig in den Fernseher starrte.
    Sie sah plötzlich das Wort »Essex« auf dem Bildschirm. Ihr ging auf, daß die dunkelhäutigen Menschen unter den Transparenten Asiaten waren. Sofort drehte sie den Apparat lauter.
    »- Leiche heute morgen in einem alten Bunker am Strand gefunden wurde«, berichtete die junge Reporterin. Sie schien mit ihrer Aufgabe um einiges überfordert zu sein - während sie sprach, strich sie sich immer wieder besorgt über ihr gepflegtes blondes Haar und warf furchtsame Blicke auf die Menschenmenge hinter sich, als hätte sie Angst, sie würden sich ohne ihre Erlaubnis über ihre Frisur hermachen. Sie drückte eine Hand auf ihr Ohr, um den Lärm abzuhalten.
    »Jetzt! Jetzt!« schrien die Demonstranten. Ihre Transparente forderten »Gerechtigkeit!« und »Handeln!« und »Die Wahrheit!«.
    »Das, was als Stadtratssitzung über städtische Sanierungspläne begann«, leierte die Blondine in ihr Mikrofon, »wuchs sich zu dem Massenauflauf aus, den Sie jetzt hinter mir sehen. Es ist mir gelungen, mit dem Anführer der Demonstration Kontakt aufzunehmen, und -« Blondie wurde von einem stiernackigen Polizisten zur Seite gestoßen. Das Bild geriet in heftige Turbulenzen, als der Kameramann offenbar den Boden unter den Füßen verlor.
    Wütende Stimmen wurden laut. Eine Flasche flog in die Luft. Ein Brocken Beton folgte. Die Phalanx der

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