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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Menschen, in einem Bereich ihres Lebens Gutes zu tun und gleichzeitig in einem anderen Bereich Unrecht zu begehen. Mörder lieben ihre Mütter; Vergewaltiger hegen und pflegen ihre Hunde; Terroristen sprengen Kaufhäuser in die Luft und gehen dann nach Hause, um ihre Kinder in den Schlaf zu singen. Querashi kann sich für die Befreiung der Menschen eingesetzt haben, die Muhannad versklavt hatte, und dennoch in einem anderen Bereich seines Lebens selbst gesündigt haben. Das trifft ja auch auf Muhannad zu, der auf der einen Seite Jum'a ins Leben rief und auf der anderen verbrecherische Geschäfte machte.«
    » Jum'a sollte nur den Schein wahren«, widersprach Emily. »Er mußte gerade wegen Jum 'a eine Untersuchung von Querashis Tod fordern. Hätte er es nicht getan, hätten sich alle darüber gewundert.«
    »Aber wenn Querashi Muhannads Geschäften ein Ende bereiten wollte«, sagte Barbara, »warum hat er sie dann nicht einfach aufgedeckt und Muhannad der Polizei ausgeliefert? Er hätte das durchaus anonym tun können. Es hätte den Zweck auf jeden Fall erfüllt.«
    »Aber es hätte auch zu Muhannads Vernichtung geführt. Er wäre ins Gefängnis gewandert. Er wäre von seiner Familie verstoßen worden. Und ich nehme an, das wollte Haytham nicht. Er suchte statt dessen nach einem Kompromiß, und Fahd Kumhar war das Druckmittel, mit dem er ihn erreichen wollte. Wenn Muhannad mit seinen Geschäften Schluß machte, würde man kein weiteres Wort darüber verlieren. Wenn nicht, würde Kumhar Anzeige erstatten und die ganze Organisation von Karachi über Hamburg bis Parkeston auffliegen lassen. Ich vermute, das war der Plan. Er kostete ihn das Leben.«
    Motiv, Mittel, Gelegenheit. Alles war da. Nur der Killer nicht.
    Azhar stand auf. Er würde jetzt ins Burnt House Hotel zurückfahren, sagte er. Hadiyyah habe friedlich geschlafen, als er gegangen sei, aber er wolle auf keinen Fall, daß sie ihn beim Erwachen nicht vorfinde.
    Er nickte ihnen beiden zu. Er ging zur Tür. Dort drehte er sich zögernd noch einmal um. »Ich habe ganz vergessen zu sagen, was mich eigentlich hergeführt hat«, erklärte er in entschuldigendem Ton. »Inspector« - dies zu Emily -, »eins möchte ich noch sagen.«
    Emily war gleich wieder argwöhnisch. »Ja?«
    »Ich möchte Ihnen danken. Sie hätten weiterfahren können. Sie hätten Muhannad fassen können. Ich danke Ihnen, daß Sie angehalten und meine Tochter gerettet haben.«
    Emily nickte steif. Sie sah ihn nicht an. Er ging aus dem Büro.
    Emily sah total fertig aus. Der Zwischenfall auf See hatte sie beide die letzten Kraftreserven gekostet, dachte Barbara. Und Azhars völlig unangebrachter Dank mußte die Last, die bereits auf ihrer Seele lag, noch drückender gemacht haben. Aber sie hatten an diesem Nachmittag beide etwas gelernt, und was sie gelernt hatten - über sich selbst, über die andere - war die Gewissenslast und die Erschöpfung wert.
    »Wir alle wachsen an dieser Arbeit, Sergeant«, hatte Inspector Lynley mehr als einmal zu ihr gesagt. »Und wenn wir es nicht tun, geben wir unseren Ausweis zurück und nehmen den Hut.«
    »Em«, sagte Barbara, um ihr die Last etwas leichter zu machen, »wir alle vermasseln mal was. Aber unsere Fehler -«
    »Was da draußen passiert ist, war kein Fehler«, sagte Emily ruhig.
    »Aber du wolltest sie doch gar nicht im Stich lassen. Du hast nur nicht nachgedacht. Und du hast uns gesagt, wir sollen die Schwimmwesten rauswerfen. Dir war nur nicht klar, daß sie sie nicht erreichen würde. Das ist passiert. Das ist alles, was passiert ist.«
    Emily sah Barbara mit kühlem Blick an. »Wer ist dein Vorgesetzter?«
    »Mein -? Was? Wer? Du, Emily.«
    »Nicht hier. Ich meine, in London. Wie heißt er?«
    »Inspector Lynley.«
    »Nicht Lynley. Über ihm. Wer ist da zuständig?«
    »Superintendent Webberly.«
    Emily ergriff einen Stift. »Buchstabier mir den Namen.«
    Barbara wurde kalt. Sie buchstabierte Webberlys Namen und sah zu, wie Emily Barlow ihn niederschrieb. »Em«, sagte sie, »worum geht's eigentlich?«
    »Es geht um Disziplin, Sergeant. Oder genauer gesagt, es geht darum, was passiert, wenn man einen Vorgesetzten mit einer Schußwaffe bedroht und die polizeilichen Ermittlungen behindert. Du bist dafür verantwortlich, daß ein Killer entkommen ist, und ich werde dafür sorgen, daß du dafür bezahlst.«
    Barbara war fassungslos. »Aber Emily, du hast gesagt ...« Sie sprach nicht weiter. Was genau hatte Emily gesagt? Du hast uns auf die Nordsee

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