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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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nicht entkommen konnte, wurde sie ruhelos wie das Wasser, sorgenvoll wie Bhapa. Ungeduldig wie Covenant. Als die Eisenhand, Mahrtiir und Stave endlich wieder in Reichweite ihrer Sinne kamen, sprang sie erleichtert auf und begann ihnen entgegenzugehen, bevor sie merkte, dass die drei nicht allein waren.
    Der Eifrige folgte ihnen dichtauf: immer wieder stolpernd, als wäre er zu schwach, um sich noch lange auf den Beinen halten zu können.
    Aus einleuchtenden Gründen waren Kaltgischt, Mahrtiir und Stave sehr erschöpft, auch wenn Staves Stoizismus seinen Zustand weitgehend tarnte. Die Eisenhand und der Mähnenhüter schlurften mit zitternden Knien dahin, waren unsicher auf den Beinen und ernstlich dehydriert. Im Gegensatz zu ihnen wirkte Stave nur träge, benommen und außerstande, sich zu konzentrieren. Er reagierte weder auf Bhapas Begrüßung noch die Zurufe der Riesinnen.
    Trotzdem befand der Insequente sich in noch schlechterer Verfassung. Die Bänder hingen an seinem Körper herab wie lange Hautfetzen: schmutzige Streifen aus Leid und Verlust. Die ehemals korpulente Gestalt in seinem Gewand war dahingeschmolzen, sodass er jetzt nicht nur hager, sondern wie ein Mann im letzten Stadium von Schwindsucht aussah. Auszehrung oder Verfall ließ Wangen, Augenhöhlen und sogar Lippen hohl erscheinen. Vom Unterkiefer hingen lose Hautlappen herab. Während er schwankend herankam, irrte sein Blick von einer Seite zur anderen, als besäße er nicht mehr die Kraft, ihn bewusst zu steuern.
    Er schien nicht wahrzunehmen, dass er wie nicht ganz gescheit kicherte. Diese Laute umgaben ihn wie Bruchstücke einer Melodie, wie aus den Fugen gegangene Vernunft.
    Die Eisenhand und Mahrtiir ignorierten ihn. Ohne mehr als ein Nicken für ihre Gefährten übrig zu haben, schlurften sie stumm weiter, bis sie den Bach erreichten und sich hineinfallen lassen konnten. Aber Stave machte in der Gesellschaft halt. Er verbeugte sich vor Linden und nickte Covenant vage zu. Mit heiserer Stimme, die so ausgetrocknet zu sein schien wie die Hügel, berichtete er: »Die Arbeit ist getan. Anele und Galt liegen unter einem Grabhügel. Der Eifrige ist aufgetaucht, als wir fertig waren.«
    Linden starrte ihn an, versuchte seinen Namen zu sagen. Aber sie konnte ihn nur angaffen.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, folgte Stave Kaltgischt und dem Mähnenhüter. Im Bach blieb er erst stehen, als das Wasser so tief war, dass er ganz untertauchen konnte.
    »Höllenfeuer«, knurrte Covenant, ohne jemanden anzusehen. »Hölle und Blut.«
    Linden trat instinktiv auf den Eifrigen zu; hielt dabei ihren Stab bereit. Aber sobald sie ihn aus der Nähe betrachtete, sah sie, dass ihm nicht mehr zu helfen war. Die Kräfte, die ihn zerstörten, waren unaufhaltsam, so grausam wie zu viel Zeit. Er brauchte die Art Barmherzigkeit, die Stave Esmer gewährt hatte. Alle sonstigen Mittel mussten in seinem Fall versagen.
    Graubrand und zwei weitere Schwertmainnir kamen näher, um die Jammergestalt des Eifrigen genauer zu betrachten. Dann schüttelten sie den Kopf. Mit Mitleid im Blick traten sie wieder zurück, überließen den Insequenten Covenant und Linden.
    »Ich bin missverstanden worden.« Auch Covenants Stimme klang mitleidig. »Als ich dir gesagt habe, dass sie eine Ausnahme machen sollen, habe ich nicht dies gemeint.« Sein Mitgefühl verdichtete sich zu Zorn. »Sie haben nicht zugehört, verdammt noch mal!«
    »Gesagt«, gluckste der Eifrige. »Zuhören. Erzählen.« Seine Stimme quiekste, dann sank sie wieder zu einem Bass herab. »Insequente lassen sich nichts sagen. Eine Beschränkung für alle. Eine Ausnahme zerstört alles. Alles Leben. Sie hören zu. Oh, sie hören zu. Manche trauern. Aber man befiehlt den Insequenten nicht, alles Leben zu vernichten.«
    »Was?«, protestierte Linden, die sich nicht mehr zurückhalten konnte. »Alles Leben? Soll das heißen, dass jeder Insequente stirbt, dass die ganze Rasse stirbt, wenn sie dich leben lassen?«
    »Zuhören«, wiederholte er. »Der Eifrige erzählt. Ihr hört nicht zu.« Bunte Bänder schlängelten sich um ihn. »Eine Beschränkung für alle. Eine Beschränkung für alle.«
    Auch sein erbärmlicher Zustand war eine Folge von Lindens Bedürfnis, ihren Sohn zu retten.
    Während Covenant kummervoll schwieg, murmelte Onyx Steinmangold betroffen: »Das ist ein Geas, nicht wahr? Von solchen Dingen hat er manchmal gesprochen. Der Wille der Insequenten beherrscht ihn weiter, obwohl er am äußersten Rand seines Lebens

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