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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Mann gerade einen Bestseller geschrieben hatte und sie einen Sohn hatte und ihr Herz von Pferden umgeben höher schlug.
    Diese Erinnerungen schlachtete der Wüterich Turiya aus. Sie bildeten die Grundlage für alles, was später folgte. Ohne sie hätte Joan sich niemals so vollständig von Covenant verraten gefühlt.
    Joan hatte die Verstümmelung seiner Rechten von Anfang an gehasst. Sie entstellte ihn; in ihren Augen war er seither mit einem Makel behaftet. Trotzdem hätte sie vielleicht damit leben können, wenn es nur die Hand gewesen wäre. Aber sie konnte ihren Widerwillen gegen das, was hinter der Amputation steckte, nie überwinden.
    Lepra. Ihr Ehemann war leprakrank. Sein Menschsein war weggeschnitten worden. Seine Krankheit war eine Art Verrat, weil sie Joans Zufriedenheit zerstörte. Auch sie würde sich damit anstecken. Die Lepra würde ihren kostbaren, vollkommenen Sohn in ein menschliches Wrack, in eine Abscheulichkeit verwandeln. Jedermann würde die drei Covenants meiden. Sogar die Pferde würden vielleicht vor ihr scheuen.
    Und damit würden sie recht tun. Lepra war mehr als ein nur körperliches Leiden. Sie war ein Urteil. Eine Verurteilung. Gewogen und für zu leicht befunden. Ihr Mann, ihr Mann würde jeden anwidern, in dessen Nähe er kam.
    In ihren Erinnerungen, die durch Turiyas Bösartigkeit und die eigenen Ängste entstellt waren, war Covenants Roman eine Lüge. Seine enthusiastische Schreibwut war eine Lüge. Seine Liebe war Böswilligkeit; nichts als der Wunsch, sie mit seiner Krankheit zu infizieren. Hätte sie ihn damals ermordet, hätte sie ihren Sohn und sich vielleicht schon nicht mehr retten können.
    Aber Joan konnte nicht morden; nicht damals schon. Diese Art von Mut hatte ihr gefehlt. Stattdessen zeigte ihr der Schock über seine Krankheit, dass sie überhaupt keinen Mut besaß. Ihr Gefühl, verletzt worden zu sein, schien keinen Boden zu haben, es kannte kein Ende. Es bohrte sich in sie hinein, bohrte immer weiter, bis es die Zerbrechlichkeit im Kern ihres ruinierten Lebens freilegte. Joan tat ihr Äußerstes, als sie Covenant verließ. Als sie sich von ihm scheiden ließ. Als sie wieder zu ihren Eltern zog, um möglichst großen Abstand zwischen sich und ihre Feigheit zu legen.
    Trotzdem rettete die räumliche Entfernung sie nicht. Die unbeholfene Unzulänglichkeit ihrer Eltern erst recht nicht. Sie hatte nur einmal versucht, wieder Verbindung zu Covenant aufzunehmen. Er hatte sich geweigert, mit ihr zu reden. Aus seinem Schweigen hatte sie die Wahrheit herausgehört. Ihr Mann hatte sie verraten - und sie wusste nicht, wie sie ohne ihn leben sollte. Indem sie ihn verlassen hatte, hatte sie sich selbst verlassen; hatte Sonnenschein und Zufriedenheit und dem Glück mit Pferden den Rücken gekehrt. Alle diese Dinge hatte er verfälscht - oder ihre Ängste hatten sie dazu gebracht, sie zu verfälschen.
    Gepeinigt und sich ihres Tuns kaum bewusst, hatte sie bereits damit begonnen, ihre Seele zu verkaufen.
    Und sobald Joan es geschafft hatte, sich einzureden, sie suche Hilfe, tat sie den nächsten Schritt. Covenant, der an ihren Erinnerungen teilhatte, erlebte ihre unangebrachten Kämpfe wie eigene. Sein Verstand war willenlos; er konnte sich nicht dagegen wehren. Wie Joan, wenn auch auf andere Weise, war er zu tief gesunken, um irgendwo Widerstand zu spüren.
    Nackte Kälte, die so extrem war, dass sie seinen Verstand lähmte.
    Hornissen, die sich von allen Seiten in seinen sterblichen Leib bohrten.
    Und Joan.
    Sie alle verkörperte er jetzt.
    Ein Therapeut nach dem anderen versuchte zu beschwichtigen, erbot sich, bei der Rückkehr zu alter Stärke zu helfen. Manche schlugen eine Behandlung mit Medikamenten vor. Andere hielten nichts davon. Aber alle ihre Bemühungen blieben vergebens. Joan hatte nie Stärke besessen, zu der sie hätte zurückkehren können. Schwächen waren ihre einzigen Ressourcen. Passivität definierte sie. So mussten letztlich alle Therapien scheitern. Sie zwangen Joan zur Konfrontation mit ihrem weiter lebhaften Abscheu und trieben sie noch tiefer ins Elend.
    Und die Kirchen waren nicht besser. Eine Glaubensgemeinschaft nach der anderen versprach Erlösung; versprach Barmherzigkeit, vor der aller Horror verblassen würde. Sie verlangten keine Konfrontation. Stattdessen bestanden sie auf Reue. Auf einer weiteren Form der Selbstaufgabe: der Übergabe ihres Willens und ihres Abscheus an ihren barmherzigen Gott.
    Das hätte ihre Rettung sein können. Covenant, der

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