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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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diese Erscheinungen war er jedoch vorbereitet. Das musste er sein. Weshalb hätte er sich sonst dazu gezwungen, Linden zu verlassen?
    Die Fläche um ihn herum war weitgehend hindernisfrei. Er konnte sich unbehindert bewegen.
    Das war dein Fehler, Joan. Nicht meiner. Jetzt komme ich, um dich zu erledigen.
    Covenant ließ die Fetzen von Aneles Gewand fallen und umklammerte den Krill mit beiden Händen. Seine Hitze kam von Joans Wut; aber er wusste jetzt, wie sie sich ertragen ließ.
    Durch Übelkeit, scharfes Brennen und sengenden Schmerz in allem verankert, was er liebte, rannte er geradewegs ins Herz der Zäsur.
    Clyme oder Branl riefen ihm vielleicht etwas nach, aber er hörte nichts mehr. Sobald der Wirbel ihn erfasste, wurde er aus der Gegenwart gerissen.

12
    Verkaufte Seelen
    C ovenant stolperte übergangslos auf eine gestaltlose Ebene hinaus: unendlich eintönig und so kalt, dass ihm das Blut in den Adern zu gefrieren drohte. Hätte es hier Zeit geben können, hätte ein einziger Versuch seines Herzens, stockend zu schlagen, ihn zerspringen lassen. Aber sein Herz schlug natürlich nicht, und es zersprang auch nicht, weil auf diesen frostigen Augenblick, der selbst kein wirkliches Zeitpartikel war, keine weiteren folgten. Covenant konnte stolpern und wieder ins Gleichgewicht kommen … konnte den Kopf oder den ganzen Körper drehen, um die majestätische Leere des Horizonts zu begutachten … konnte in jede Richtung gehen, die ihm beliebte, weil dieses winzige Fragment von Ursache und Wirkung das Universum geworden war. Es enthielt alles, was der Bogen der Zeit umschloss.
    Covenant hätte es freigestanden, sich seine Atmung mit weißen Atemwolken und frostig brennendem Einatmen vorzustellen, aber solche Dinge bedeuteten hier nichts und würden nie etwas bedeuten.
    Auf einer anderen Wahrnehmungsebene, in einer, die mit dem Flachland und der Kälte koexistent war, bohrten Millionen oder Myriaden von Hornissen ihre Stachel in sein Fleisch. Jeder einzelne Stich brachte Höllenqualen, als würde einem bei lebendigem Leib die Haut abgezogen. Jeder hätte seinen Tod bedeuten können; aber sein absoluter Schmerz blieb für immer in sich selbst gefangen. Hier gab es keinen Unterschied zwischen einem unerträglichen Schmerz und tausend einzelnen Schmerzen. Tausend Stiche und hunderttausend waren das Gleiche. Covenant ertrug sie alle aus demselben Grund, aus dem er einen ertrug: Wie sein Körper erhielt sein Verstand keine Gelegenheit, zu zerspringen.
    Die Chance dazu würde er nie bekommen. An diesem Ort gab es keine Chance.
    Auf einer wiederum anderen Wahrnehmungsebene stieß er jedoch auf Joan. Nun stand er, wo sie stand: Zwischen nassen Felsen und Klippen, die noch vor Kurzem den Boden des Meeres der Sonnengeburt gebildet hatten. Er schrie ihren Zorn und ihr Entsetzen in die unerbittliche Nacht hinaus. Er hämmerte mit kraftlosen Fäusten auf ihr missbrauchtes Fleisch und riss ihr das Haar in Büscheln aus, was aber nicht schmerzhaft genug war, um sie zu erlösen.
    Und er erinnerte sich.
    Er erinnerte sich an ihr Leben. Ihre Erinnerungen waren seine. Sie waren gebrochen und scharfkantig, schnitten wie Messer zum Abspecken von Walen und schlitzten ihn auf, bis der letzte Rest seines Verstands weggeschnitten war. Sie hatten Joan zum Wahnsinn getrieben. Jetzt taten sie ihm das Gleiche an.
    Und auf der wiederum nächsten Wahrnehmungsebene erkannte er Turiya, Herem, Sippenmörder. Der Riesen-Wüterich trug Joan und ihn wie Kleidungsstücke, die man nach Belieben an- und ablegen konnte. In seinen Händen jonglierte Turiya Erinnerungen und Realitäten wie bunte Bälle. Entdeckte er zwischendurch einzelne, die ihm missfielen, wurden sie zermalmt und weggeworfen. Die restlichen Bälle blieben in der Luft, sodass jede Möglichkeit und jede Erinnerung sich an ihr wie an einem Schleifstein rieb und noch schärfer wurde.
    Covenant konnte der Wüterich jedoch nichts anhaben. Diese immerwährende Übelkeit nahm er kaum wahr, dafür hatte er sie schon zu oft gespürt. Die Bösartigkeit von Lord Fouls Dienern war oft nur eine Art Krankheit. Man konnte sie ertragen. Man konnte sie ignorieren. Und Turiya war lediglich der Jongleur. Er war nur eine triumphierend lachende Verkörperung des Bösen. Seine Begierde, Schaden anzurichten, veränderte nichts. Er war keine auf ewig in Frost erstarrte Ebene. Er war nicht der Hornissenschwarm aus zerstörter Zeit. Er verkörperte weder Wahnsinn noch Erinnerungen.
    Er war nicht Joan.
    Und er würde

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